Schichtarbeit unter Krebsverdacht

Die Frage, ob ständige Schichtarbeit das Krebsrisiko erhöht, ist noch nicht geklärt. Dennoch wäre es sinnvoll, Dienstpläne im Schichtbetrieb gesünder zu gestalten. Das berichtet eine deutsch-amerikanische Forschergruppe im Deutschen Ärzteblatt.

Die Forscher beleuchten darin den bisherigen Wissensstand zum Thema, das für die Wirtschaft von hoher Bedeutung sein könnte: Erst 2008 erhielten 38 dänische Frauen mit Brustkrebs, die in Nachtschicht arbeiteten, die Anerkennung für die berufliche Ursache ihres Leidens – und in Folge auch Entschädigungszahlungen.

Ratten: Tumor nach Jetlag

Fest steht, dass ein ständig unterbrochener Bio-Rhythmus bei Ratten Krebs auslösen kann. Nachdem man Tieren karzinogene Stoffe verabreichte, entwickelten sie schneller Tumore, wenn sie unter Jetlag-ähnlichen Bedingungen lebten. Die Internationale Agentur für Krebsforschung http://www.iarc.fr erkennt daraus einen klaren Zusammenhang bei Tieren. „Erscheint es hier auch plausibel, kann man die Ergebnisse nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragen,“ betont Peter Morfeld, Leiter des Instituts für Epidemiologie und Risikobewertung in der Arbeitswelt der Evonik Industries http://corporate.evonik.de , im pressetext-Interview.

Was es bisher diesbezüglich beim Menschen gibt, sind Hinweise bei bestimmten Berufen wie Piloten, Stewardessen und Krankenschwestern. „In diesen Gruppen war bei Frauen Brustkrebs, bei Männern der Prostatakrebs häufiger. Ins Bild passt, dass beide Erkrankungen auf Hormonstörungen zurückgehen. Dennoch ist der Zusammenhang noch nicht hinreichend bewiesen“, so Morfeld. Zu unterschiedlich seien die Ergebnisse, zudem gelte es Störvariablen zu berücksichtigen wie etwa die geringere Kinderzahl von Stewardessen, die somit schlechter vor Brustkrebs geschützt sind.

Prävention vermeidet hohe Kosten

„Die relative Erhöhung des Risikos, die nach bisherigen Schätzungen rund 50 Prozent betragen dürfte, ist kaum das Problem“, betont der Experte. Rauchen erhöht das Risiko für Lungenkrebs ungleich stärker, und zwar um 1000 bis 2000 Prozent. Auf Ebene der Gesellschaft wären die Auswirkungen jedoch enorm. „Brust- und Prostatakrebs zählen zu den häufigsten Krebsarten. Schon eine geringe Erhöhung des Risikos bei einer großen Gruppe würde enorme Kosten nach sich ziehen.“

Auch noch ohne Klärung der Risikofrage drängen die Forscher darauf, Schichtdienstpläne an neue arbeitsmedizinische und chronobiologische Erkenntnisse anzupassen. „Die Schichteinteilung ist meist Verhandlungssache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei stehen jedoch finanzielle Aspekte im Vordergrund, während man die Gesundheit kaum berücksichtigt.“ Erwiesen ist bisher, dass rückwärts rotierende Systeme und Dauer-Nachtschichten dem Körper schlecht bekommen. „Es gibt durchaus Schichtmodelle, die weniger belasten als andere“, so Morfeld.

Originalartikel unter http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=78410

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Johannes Pernsteiner pressetext.deutschland

Weitere Informationen:

http://www.iarc.fr

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