Russland: Mars 500-Isolationsstudie startet Ende März

Gleichzeitig werden wertvolle Erkenntnisse im Bereich der Humanmedizin und der Psychologie erwartet. Unter den Teilnehmern ist neben vier Russen und einem Franzosen auch der Deutsche Oliver Knickel, ein 28-jähriger Bundeswehr-Offizier aus Eschweiler bei Aachen.

Gemeinsam mit dem IBMP und der Europäischen Weltraumorganisation ESA ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) durch eigene Experimente und finanzielle Förderung federführend an dem Projekt „Mars500“ beteiligt.

Insgesamt zwölf ausgewählte Personen, die in der Vorbereitung alle psychologischen, medizinischen und sprachlichen Tests mit Bestnoten bestanden haben, befinden sich seit dem 26. Januar zu letzten medizinischer Checks und einem Outdoor-Überlebenstraining in Moskau. Dabei handelt es sich um eine sechsköpfige Container-Crew, mit dem gebürtigen Düsseldorfer Oliver Knickel, sowie um eine Ersatzmannschaft in gleicher Stärke, die als Bodencrew zum Einsatz kommt. Parallel werden derzeit die technischen Systeme der Isolationskammer, die als Raumschiff-Simulator dient, geprüft. Insgesamt hatten sich 5.600 Kandidaten auf eine europaweite Ausschreibung beworben. Gesucht waren Personen zwischen 25 und 50 Jahren, Absolventen eines ingenieurwissenschaftlichen oder medizinischen Studiums, mit niedrigem Aggressionspotenzial, hoher Motivation und guter Fremdsprachen-Kompetenz.

Isolationsstudie bietet einmalige Testumgebung

Die bei „Mars500“ vorherrschenden Rahmenbedingungen bilden eine einzigartige Testumgebung, gerade auch zur Untersuchung des Stoffwechsels beim Menschen. Während des Experimentes wird die Zufuhr von Nahrungsmitteln sowie der Stoffwechsel der Versuchspersonen vollständig überwacht und dokumentiert. Wissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg führen eine Langzeituntersuchung zum Salz- und zum Flüssigkeitshaushalt des menschlichen Körpers durch. Diese sind, anders als lange Zeit angenommen, nicht streng aneinander gekoppelt. Weitere Experimente mit deutscher Beteiligung beschäftigen sich, darauf aufbauend, unter anderem mit dem Einfluss der Salzzufuhr auf den Blutdruck in Abhängigkeit von Stress und Arbeitsplan – ein Thema, das für Millionen Menschen allein in Deutschland von großem Interesse ist. Der erwartbare Erkenntnisgewinn in der Weltraummedizin käme somit auch Patienten auf der Erde zugute. Wissenschaftler des DLR aus Köln und Hamburg sowie der Deutschen Sporthochschule Köln sind an diesem Versuch ebenso beteiligt wie an Untersuchungen des Knochenstoffwechsels unter eingeschränkter Aktivität und der psychophysiologischen Leistungsfähigkeit unter Extrembedingungen. Den Auswirkungen von Stress auf das Immunsystems gehen Mediziner der Universität München auf den Grund.

Im Mittelpunkt der in europäischer Kooperation durchgeführten Isolationsstudie steht die Frage: Wie kann die physische und psychische Leistungsfähigkeit eines Menschen unter den extremen, teils lebensfeindlichen Bedingungen, zum Beispiel einem Flug zum Mars und zurück, erhalten werden? Die Entfernung zwischen beiden Planeten schwankt zwischen 56 und rund 400 Millionen Kilometern. Selbst bei einer günstigen Konstellation müsste eine Hin- und Rückreisezeit von insgesamt knapp 500 Tagen einkalkuliert werden, ein einmonatiger Forschungsaufenthalt auf dem Roten Planeten nicht mitgerechnet. Eine solche bemannte Mission, die in circa zwanzig bis dreißig Jahren Realität werden könnte, stellt höchste Anforderungen an die Crew: Abgesehen von langen Schwerelosigkeits- und kurzen Hyperschwerkraftphasen sowie dem Einfluss kosmischer Strahlung, die im Rahmen von Mars500 nicht untersucht werden, müsste der Verlust der visuellen Bindung an die Erde kompensiert, lebenswichtige Entscheidungen wegen des verzögerten Funkkontakts zum Boden autonom getroffen werden. Zudem müssten die Astronauten in der Lage sein, die technischen Systeme ihres Raumschiffes ohne Lieferung zusätzlicher Ausrüstung selbst zu warten. Stressresistenz und Multitasking-Fähigkeiten sind also in extremem Maße gefragt.

Bei dem Container, der am 31. März bezogen werden soll, handelt es sich um ein röhrenförmiges Modul mit einer Wohn- und Arbeitsfläche von 180 Quadratmetern. Hinzu kommen Kühl- und Gefrierzellen für die gesamte Nahrungsmittelversorgung. Es herrscht normaler Luftdruck, das Gravitationsfeld ist unbeeinflusst. An Privatsphäre stehen jedem Probanden drei Quadratmeter einschließlich eines schmalen Bettes zur Verfügung. Ein direkter Kontakt zur Außenwelt ist nicht möglich, der Funkverkehr zum „Bodenkontrollteam“ erfolgt realitätsnah mit insgesamt bis zu 40-minütiger Verzögerung. Darüber hinaus ist es den Teilnehmern gestattet, eMails und Videobotschaften zu versenden. Voraussichtlich im Dezember 2009 soll mit anderen Kandidaten das Experiment mit einer realen Flug- und Aufenthaltsdauer auf dem Mars von 520 Tagen in die zweite Runde gehen.

Ab Ende März in der Isolationskammer:

Oliver Knickel, Deutschland
Cyrille Fournier, Frankreich
Sergey Ryazanskiy, Russland
Aleksey Baranov, Russland
Aleksey Shpakov, Russland
Oleg Artemiev, Russland.
Zusätzlich fungieren von europäischer Seite die Franzosen Cedric Mabilotte und Arc´hanmael Gaillard als Ersatz bzw. als Teil der Bodencrew.

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