Raucht mein Kind mit? – Passivrauch ist nachweisbar

Im Rahmen der Familienstudie „Verringerung der Passivrauchbelastung bei Kleinkindern“ konnte bei mehr als der Hälfte der Kinder aus 922 Familien Rückstände des Nikotin-Abbauproduktes Kotinin im Urin nachgewiesen werden.

Ein Anteil von 43 Prozent der Urinproben war frei von Passivrauchbelastung, 34,3 Prozent zeigten eine geringere Belastung und 22,7 Prozent eine hohe Belastung von mehr als 40 Nanogramm Kotinin pro Milliliter Urin. Überraschend war, dass bei 231 Kindern, deren Eltern angegeben hatten, nie in den Wohnräumen zu rauchen, eine Passivrauchbelastung nachgewiesen werden konnte.

Seit drei Jahren untersucht das Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Greifswald unter Leitung von Dr. Sabina Ulbricht in einer großen Studie die Passivrauchbelastung bei Kleinkindern in Haushalten mit mindestens einem rauchenden Elternteil (http://idw-online.de/pages/de/news303760). Dazu wurden alle Familie ausgewählter Regionen in Ost- und Nordvorpommern (Greifswald/Stralsund/ Usedom/Grimmen) mit mindestens einem Kind unter vier Jahren angeschrieben. Insgesamt waren 2.660 Familien bereit, Auskunft zu gesundheitsbezogenen Themen und zum Rauchverhalten zu geben. In 48 Prozent der befragten Familien lebte mindestens ein Raucher im Haushalt.

Die Antwort auf die besorgte Frage vieler Eltern, ob bei ihrem Kind Tabakrauch ankommt, selbst wenn nur auf der Terrasse oder auf dem Balkon geraucht wird, kann teilweise bejaht werden. „Trotz dieser Vorsicht kann es zu nachweisbaren Rückständen bei den Kindern kommen“, so ein erstes Fazit der Studienleiterin, Dr. Sabina Ulbricht. „Am höchsten ist die Passivrauchkonzentration jedoch bei Kindern, deren Eltern direkt in den Wohnräumen rauchen.“

In zahlreichen persönlichen und telefonischen Gesprächen mit den Müttern und Vätern wurde während der Studie immer wieder informiert, dass allein das Lüften über Nacht nicht ausreicht, um Rückstände des Rauchens vom Vorabend zu beseitigen. Da sich Kleinkinder aufgrund der engen Bindung an die Eltern in den ersten Lebensjahren bevorzugt dort aufhalten, wo die Eltern sind, ist auch die Beschränkung beim Rauchen auf einen Raum in der Wohnung kein zuverlässiger Schutz für das Kind. Zu wenig beachtet wird in vielen Familien bislang die Schädlichkeit des Rauchens im Auto, auch wenn nur geringe Strecken wie beispielsweise zur Kindertagesstätte zurückgelegt werden.

Beeindruckend für die acht Studienmitarbeiter war es zu erfahren, wie viel Überzeugungsarbeit junge Eltern zum Teil bei Großeltern, Bekannten und Freunden leisten, um Tabakrauch in der Nähe des Kindes zu vermeiden.

Bis zum Ende des Jahres erhalten alle Familien, die im Rahmen dieser Studie Auskunft zu gesundheitsrelevanten Themen gegeben haben, eine kurze Zusammenfassung erster Ergebnisse.

Anfang nächsten Jahres werden die abschließenden Studienergebnisse erwartet, die Auskunft geben, ob die Passivrauchbelastung bei Kindern aus den teilnehmenden Familien durch ein Beratungs- und Informationsangebot tatsächlich gesenkt werden konnten. Nach jeweils einem Jahr wird eine zweite Urinprobe von den Kindern aus Familien mit Rauchern genommen. In zwei unterschiedlichen Gruppen, eine erhält eine intensive Beratung, die andere keine weiteren Hinweise, soll der Erfolg der Beratungsgespräche anhand der Kotininbelastung gemessen werden.

„Zentrales Anliegen der Studie ist es, effektive Mittel und Wege in der Informationsarbeit zu finden, um die Passivrauchbelastung für Kleinkinder deutlich zu reduzieren“, so die Greifswalder Wissenschaftlerin.

Universitätsklinikum Greifswald
Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin
Direktor: Prof. Dr. Ulrich John
Walther-Rathenau-Straße 48, 17475 Greifswald
Projektleiterin: Dr. Sabina Ulbricht
T +49 3834 86-77 32
E ulbricht@uni-greifswald.de

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Constanze Steinke idw

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