Qualität in der dualen Berufsausbildung: Was Fachleute und Auszubildende meinen

Berufsbildungsexperten und -expertinnen erachten es als sehr wichtig, dass die duale Berufsausbildung sehr anspruchsvoll durchgeführt wird. Die Auszubildenden sollen nach Auffassung der Fachleute nicht nur einzelne Arbeitsschritte durchführen, sondern in größere Projekte mit einbezogen werden, die einen echten Beitrag zu den Geschäftsprozessen der Betriebe leisten. Den Auszubildenden sollte dabei nicht jeder Arbeitsschritt vorgegeben werden, vielmehr sollten sie Arbeitsabläufe eigenverantwortlich planen, durchführen und kontrollieren.

Dies sind zentrale Ergebnisse einer Online-Befragung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) im Rahmen des „Expertenmonitors Berufliche Bildung“. Dabei wurden 355 Fachleute aus der beruflichen Bildung zu vorgegebenen Qualitätskriterien für eine gute duale Ausbildung befragt.

Erfüllbar sind diese Anforderungen einer anspruchsvollen Ausbildung aus Sicht der Fachleute aber nur, wenn vor allem eine fachlich und didaktisch kompetente Betreuung der Auszubildenden durch Ausbilder/-innen und Berufsschullehrer/-innen gewährleistet ist. Im betrieblichen Ausbildungsverlauf kommt es dabei besonders darauf an, dass das Ausbildungspersonal dauerhaft präsent ist, klare Arbeitsanweisungen gibt, die Arbeitsergebnisse mit den Jugendlichen bespricht und auch regelmäßig eine Rückmeldung zum Ausbildungsverlauf von den Auszubildenden selbst eingeholt wird. Zudem sei es sehr wichtig, so die Fachleute, dass im Betrieb eine gewisse Toleranz gegenüber Fehlern herrsche, die den Auszubildenden bei der hier geforderten selbstständigen Arbeitsweise nahezu zwangsläufig unterlaufen.

Der „Expertenmonitor Berufliche Bildung“ des BIBB umfasst einen feststehenden Kreis von Experten und Expertinnen unterschiedlicher institutioneller Herkunft, der in unregelmäßigen Abständen zu jeweils aktuellen Themen der beruflichen Aus- und Weiterbildung befragt wird.

Ergebnisse einer Befragung von Auszubildenden im Bremer Handwerk

Auch die Ergebnisse einer Regionalstudie der Universität Bremen – veröffentlicht in Kooperation mit dem BIBB – zeigen, dass die Gestaltung des Lernprozesses einen zentralen Einfluss auf die Qualität der Ausbildung hat. Rund 400 Jugendliche des 3. Ausbildungsjahres aus Bremer Berufsschulklassen wurden zur Qualität der Ausbildung im Handwerk aus der Perspektive der Auszubildenden befragt.

Zwei von drei Auszubildenden des Bremer Handwerks geben an, fachlich gut angeleitet zu werden, Aufgaben selbstständig lösen und hierbei auch Fehler machen zu dürfen. Ebenso viele sagen, dass die Aufgaben gemeinsam mit ihnen besprochen werden. Die Auszubildenden zeigten sich mit dem kommunikativen Austausch in ihrer Ausbildung überwiegend zufrieden.

Allerdings gibt es auch deutliche Hinweise auf Schwierigkeiten in der Ausbildung: So geben 43 % der Auszubildenden im Handwerk am Ende ihrer Ausbildung an, dass sie häufig ausbildungsfremde Tätigkeiten ausüben. Fast jeder Zweite erlebt während seiner Ausbildung ständigen Termin- und Zeitdruck. Jeder Dritte gibt an, dass er „Ärger bekomme, wenn er die Aufgaben nicht lösen könne“. Darüber hinaus bedrückt etwa jeden vierten Auszubildenden die unpünktliche Zahlung seiner Ausbildungsvergütung.

Obwohl sich die Regionalstudie der Universität Bremen auf Handwerksberufe in diesem Bundesland konzentriert, stellt sie einen wichtigen Beitrag dar, um Fragen zur Qualität dualer Berufsausbildung aus der Perspektive der Auszubildenden stärker in den Blick zu nehmen.

Um repräsentative, regional übergreifende Daten hierüber zu erheben, läuft im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) zurzeit das Forschungsprojekt „Ausbildung aus Sicht der Auszubildenden“. Befragt werden rund 6.000 Auszubildende aus 15 dualen Berufen in West- und Ostdeutschland. Die Auszubildenden geben einerseits an, inwiefern aus ihrer Perspektive in den Betrieben und Berufsschulen bestimmte Qualitätskriterien erfüllt werden. Andererseits werden sie auch gefragt, wie wichtig für sie selber die vorgegebenen Qualitätskriterien sind. Erste Ergebnisse der BIBB-Umfrage werden im 1. Halbjahr des kommenden Jahres veröffentlicht.

Weitere Informationen:

o Expertenmonitor-Umfrage zum Thema „Merkmale guter Ausbildungspraxis“
http://www.expertenmonitor.de
Ansprechpartner im BIBB: Andreas Krewerth, Tel.: 0228 / 107-1110;
E-Mail: krewerth@bibb.de
o Regionale Studie zur Ausbildungsqualität in Bremen
Quante-Brandt, Eva; Grabow, Theda: „Die Sicht von Auszubildenden auf die Qualität ihrer Ausbildungsbedingungen. Regionale Studie zur Qualität und Zufriedenheit im Ausbildungsprozess.“ Berichte zur beruflichen Bildung. Bielefeld 2008. Die Veröffentlichung des BIBB kann zum Preis von 27,90 Euro beim W. Bertelsmann Verlag bestellt werden (Tel.: 0521 / 9 11 01 11; Fax: 0521 / 9 11 01 19;
E-Mail: service@wbv.de).
Ansprechpartnerin im BIBB: Dr. Mona Granato, Tel.: 0228 / 107-1227;
E-Mail: granato@bibb.de

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Andreas Pieper idw

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