Pilotstudie zeigt Zusammenhang von Mundgesundheit und Nahrungsangebot bei Altenheim-Bewohnern

Zahnärzte, Pflegewissenschaftler und Mediziner der Universität Witten/Herdecke sehen nach einer ersten Pilotstudie in drei Wittener Altenheimen einen Zusammenhang: Wenn Bewohner von Altenheimen Probleme mit Zähnen und Zahnfleisch haben, dann haben sie auch eher Probleme mit der Ernährung.

Diesen Ansatz hat die interdisziplinäre Forschergruppe „Gesund altern in Witten“ unter Leitung der Pflegewissenschaftlerin Prof. Dr. Sabine Bartholomeyczik, des Zahnmediziners Prof. Dr. Dietmar Gesch und des Mediziners Dr. Stefan Wilm zum ersten Mal empirisch für Deutschland untersucht und am 20. Oktober in Witten der Öffentlichkeit vorgestellt.

So war die Mundgesundheit bei den Teilnehmern der Studie, die in irgendeiner Form passierte Kost (passiertes Fleisch, passiertes Mittagessen, passierte Kost bei allen Mahlzeiten, angedickte Flüssigkeiten) erhielten, viel häufiger insuffizient als bei den Bewohnern der Einrichtungen, die normale Kost zu sich nahmen. Tatsächlich erhielt kein Bewohner, dessen Zähne und Zahnfleisch in gutem Zustand waren, passierte Kost. Ob allerdings jeweils die fehlende Kaufähigkeit – oder auch andere Faktoren – für den Erhalt der passierten Kost verantwortlich war, wird Gegenstand weiterer Forschung sein. Die Folgefrage, ob eine Veränderung der Kostform jeweils als Indiz für mangelnde Zahngesundheit und die Notwendigkeit eines Zahnarztbesuchs oder besserer Mundhygiene aufzufassen sei, soll zudem in anschließenden Studien nachgewiesen werden.

Weiterhin zeigt die Pilotstudie, dass das Pflegepersonal den Gesundheitszustand der Altenheim-Bewohner wesentlich höher und die Notwendigkeit einer zahnmedizinischen Versorgung wesentlich niedriger einschätzte, als sie tatsächlich nach zahnärztlicher Beurteilung waren. Aufgrund dieser zu positiven Einschätzung wurde nicht bedarfsgerecht zahnärztliche Hilfe in Anspruch genommen. Besondere Mundhygienemängel traten zum Erstaunen der Forscherinnen und Forscher im vorderen Mundbereich an Schneide- und Eckzähnen auf. Allerdings führte eine Schulung des Pflegepersonals zur Mundgesundheit durch eine Pflegewissenschaftlerin und eine Zahnärztin auch noch nach mehreren Wochen zu einem deutlich verbesserten Pflegezustand im Mundbereich. Die Zahnbeläge, die vorher nur unzureichend erkannt und beseitigt wurden, waren erheblich reduziert. Vom geschulten Personal wurden auch die Prothesen der Bewohner deutlich besser gepflegt als vom Personal aus der nicht geschulten Vergleichsgruppe.

Insgesamt bewirkte das Projekt zudem eine bessere Kooperation, Koordination und Kommunikation mit den Zahnärztinnen und Zahnärzten. Allerdings stehen einer besseren zahnmedizinischen Versorgung, da waren sich die Projektbeteiligten inklusive der Verantwortlichen aus den Altenpflegeeinrichtungen einig, immer noch wirtschaftliche Gründe im Wege.

Die Sensibilisierung der Pflegenden im Bezug auf Nebenwirkungen von Medikamenten im Mund- und Rachenbereich bewirkte ebenfalls eine Verbesserung der Mundgesundheit der Teilnehmer. Gerade durch Mundtrockenheit, eine unerwünschte Nebenwirkung einiger Medikamente, können sich Zahnfleisch und Schleimhäute entzünden, was die Nahrungsaufnahme zusätzlich erschwert.

Die Schulungen des Pflegepersonals haben für die Teilnehmer – zumindest im kleinen Rahmen dieser ersten Pilotstudie, in der insgesamt 53 Bewohnerinnen und Bewohner untersucht wurden – auf jeden Fall positive Effekte bewirkt. „Auch wenn es erst bei deutlich größerer Fallzahl in weiteren Studien wissenschaftlich fundierte Aussagen geben wird“, sagt Dietmar Gesch, „so können wir anhand unserer bisherigen Ergebnisse doch vermuten, dass die Schulung der Pflegenden sich positiv auf die Zahngesundheit und den zahnmedizinischen Versorgungsgrad der Bewohner von Altenpflegeeinrichtungen auswirkt und sich damit auch der Ernährungszustand verbessern wird.“

Media Contact

Kay Gropp idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-wh.de

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