Pilotstudie testet kognitive Methoden bei Gipsarm

Eine Patientin bewegt ihren gesunden Arm. Der Spiegel gaukelt dem Gehirn vor, dass sich der gebrochene Arm hinter dem Spiegel bewegt.<br>Universität Stuttgart<br>

Menschen, die sich das Handgelenk oder einen Arm brechen, müssen oft wochenlang eine Schiene oder Gips tragen. In dieser Zeit bildet sich die Muskulatur des unbewegten Arms zurück und Feinmotorik sowie Koordination verschlechtern sich.

Um die Beweglichkeit des Arms zu erhalten, testen Wissenschaftler am Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft der Universität Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem Robert-Bosch-Krankenhaus nun ein frühzeitiges Training im Kopf.

In der Zeit, in der das Handgelenk im Gips geschont wird, bildet sich die Muskelmasse um bis zu 40 Prozent zurück. Folglich nimmt auch die Muskelkraft ab. Auch im motorischen Areal des Gehirns passiert etwas: Durch die Ruhigstellung kommen keine Impulse aus dem ge-brochenen Handgelenk mehr im Gehirn an. Das motorische und sensorische Pendant des Handgelenks im Gehirn spricht nicht mehr im gleichen Maße an und das Gehirn kann die Bewegungen in dem betreffenden Körperteil nicht mehr so gut koordinieren.

Doch was wäre, wenn der Patient dem Gehirn nur vorgaukelt, den Arm im Gips zu bewegen? Studien haben gezeigt, dass Menschen diejenigen Gehirnregionen, die Nervenimpulse von bestimmten Körperregionen empfangen, bewusst aktivieren können – selbst wenn sie die betreffenden Muskeln nicht bewegen. Dazu müssen sie sich intensiv vorstellen, den betroffenen Arm zu bewegen. In der Spiegel-therapie bewegen die Patienten den gesunden Arm und betrachten ihn dabei in einem Spiegel, der senkrecht zur Körpermitte steht. Bei dieser Alternative wird das Gehirn getäuscht, indem es den gespiegelten Arm als den Gipsarm wahrnimmt. Durch diese Methoden kann die Abnahme in der Effektivität von Bewegungsmustern verhindert werden.
In der Stuttgarter Pilotstudie untersuchen die Forscher, ob frühzeitiges mentales oder Spiegeltraining den Patienten hilft, die Funktionsverluste durch die Ruhigstellung des gebrochenen Armes oder Handgelenks zu verringern. Dazu vergleichen die Wissenschaftler drei Gruppen miteinander. Teilnehmer der beiden Experimentalgruppen trainieren bereits wenige Tage nach der Operation jeweils entweder nur mental oder mit dem Spiegel, zusätzlich zur später einsetzenden, herkömmlichen Physiotherapie. Die Kontrollgruppe erhält nur die Physiotherapie. Anschließend werten die Forscher aus, wie sich das sechswöchige, täglich bis zu einer Stunde dauernde mentale oder Spiegeltraining auf die Beweglichkeit und Kraft von Arm und Handgelenk ausgewirkt hat. Zusätzlich ermitteln die Sportwissenschaftler wie sich das Training auf die subjektive Funktionalität, die Teilhabe am sozialen Leben und die Lebensqualität auswirkt. Die Ergebnisse wer-den Ende des Jahres vorliegen. Sie dienen als Vorbereitung für eine größere Studie, in der zusätzlich Magnetresonanztomografie-Aufnahmen des Gehirns zeigen sollen, wie das Training die motori-schen Areale aktiviert.

Das Forschungsvorhaben ist eines von fünf Teilprojekten des Pro-jekts „Prevention and Rehabilitation of Osteoporotic Fractures in dis-advantaged Populations“ (PROFindD). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt zunächst bis 2013 mit dem Ziel, osteoporotische Frakturen zu verhindern und die Rehabilitation zu beschleunigen.

Ansprechpartner: Prof. Nadja Schott, Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft, Tel. 0711/685-63042,

e-mail: nadja.schott@inspo.uni-stuttgart.de

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Andrea Mayer-Grenu idw

Weitere Informationen:

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