Neue Studie "Wettbewerbsfaktor Fachkräfte": Wie Unternehmen qualifizierte Mitarbeiter halten und gewinnen können

Der demografische Wandel wird den Wettbewerb um Fachkräfte in Deutschland spürbar verschärfen. Bis 2025 fehlen bis zu 6,5 Millionen Arbeitskräfte, darunter rund 2,4 Millionen Akademiker. Daher sollten Unternehmen bereits heute ihre Personalplanung langfristiger ausrichten und eine klare, mit Zielkennzahlen hinterlegte Fachkräftestrategie verfolgen – nur so können sie die Engpässe von morgen vermeiden.

Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Ursula von der Leyen:
„Uns geht nicht die Arbeit aus, sondern die Arbeitskräfte. Die Herausforderung des Fachkräftemangels ist gewaltig, aber Deutschland kann es schaffen, wenn Staat und Unternehmen in ihren Bereichen jetzt die richtigen Weichen stellen. Wir müssen systematisch an die bisher brachliegenden Millionenpotenziale für unseren Arbeitsmarkt rangehen.

Zentrale Gruppen für das Schließen der Fachkräftelücke sind Frauen, Ältere und junge Menschen mit schlechten Startchancen. Qualifizierte Zuwanderung kann zusätzlich helfen, die Lücken zu schließen.“

Auch wenn Politik und Wirtschaft den Fachkräftemangel nur gemeinsam lösen können, bieten sich Unternehmen individuelle Ansätze:

„Die Politik kann bessere Rahmenbedingungen schaffen, aber jedes Unternehmen muss seine eigenen Chancen genau analysieren und konsequent nutzen“, sagte der Deutschlandchef von McKinsey & Company, Frank Mattern, als er am Donnerstag in Berlin in einem gemeinsamen Pressegespräch mit Bundesministerin von der Leyen die neue McKinsey-Studie „Wettbewerbsfaktor Fachkräfte – Strategien für Deutschlands Unternehmen“ vorstellte.

Der Studie zufolge kümmern sich die Unternehmen in Deutschland bereits heute um die Sicherung ihres Fachkräftebedarfs. Oft bleibe dabei aber unklar, ob die Unternehmen das Richtige tun. Denn nur in Einzelfällen analysieren sie ihren konkreten Bedarf an Fachkräften und die mittel- bis langfristige Zusammensetzung der eigenen Belegschaft in den kommenden 10 bis 15 Jahren systematisch nach Standorten und Anforderungsprofil. Mattern: „Dies ist aber Voraussetzung für eine zielgerichtete Personalplanung.“

McKinsey-Studie nennt Strategien zur Fachkräftesicherung

Die Maßnahmen für Unternehmen, um den eigenen Bedarf an Fachkräften zu sichern, lassen sich in drei Handlungsfelder

aufteilen:

1. Die Lücke verkleinern, indem Unternehmen systematisch ihr vorhandenes Fachkräftepotenzial ausschöpfen. Dadurch ließen sich bis zum Jahr 2025 bis zu 3,2 Millionen Fachkräfte (2 Millionen durch Frauen, 1,2 Millionen durch Ältere) gewinnen. Durch Zuwanderung ließe sich die Lücke im besten Fall um weitere 800.000 Fachkräfte verkleinern – vollständig schließen ließe sie sich dadurch aber nicht. Mattern: „Die Rettung beim Thema Fachkräfte kommt nicht aus dem Ausland.“

2. Die eigene Wettbewerbsposition als Arbeitgebermarke verbessern und Personalstandorte stärken.

3. Der Lücke ausweichen, indem Unternehmen und die öffentliche Hand ihren Fachkräftebedarf in nicht abdeckbaren Bereichen senken.

Katrin Suder, Leiterin des Beratungsbereichs Öffentlicher Sektor bei McKinsey, erläuterte konkrete Maßnahmen zu diesen drei

Handlungsfeldern:

1. Die Lücke verkleinern durch Nutzen der vorhandenen Potenziale:

Großunternehmen, Mittelstand und öffentliche Arbeitgeber gleichermaßen sollten ihre internen Reserven ausschöpfen. Die beiden wichtigsten Ansatzpunkte hierbei sind Frauen und ältere Fachkräfte.
Suder: „Mitarbeiterinnen besser zu fördern und ihre Chancengleichheit sicherzustellen, ist ebenso Bestandteil einer erfolgreichen Fachkräftestrategie wie die Vermeidung von Frühverrentung.“ Nach Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit können allein durch die Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeitkräften – überwiegend Frauen – bis zu 1,2 Millionen zusätzliche Fachkräfte gewonnen werden. Gelänge es, mehr Frauen Vollzeitarbeit zu ermöglichen und zusätzlich die Erwerbsbeteiligung von Frauen insgesamt zu erhöhen, könnte sogar ein Potenzial von bis zu 2 Millionen Fachkräften aktiviert werden.

Deshalb empfiehlt die McKinsey-Studie Unternehmen, flexiblere Modelle für Frauen weiterzuentwickeln, beispielsweise das Instrument der Lebensarbeitszeit, und gezielte Lösungen für Teilzeitbeschäftigte aufzusetzen, um ihnen höhere Wochenstundenzahlen zu ermöglichen.

Ein Potenzial von bis zu 1,2 Millionen Fachkräften könnte zudem durch eine stärkere Einbindung von Mitarbeitern im Alter von über 55 Jahren aktiviert werden. Am Beispiel eines mittelständischen Unternehmens erläuterte Suder, dass sich betriebliches Gesundheitsmanagement unabhängig von der Gewinnung zusätzlicher Fachkräfte auch direkt auszahlen kann: Pro Jahr können dort mit einem Aufwand von 235 EUR durch reduzierte Fehltage, verringerte Arbeitsunfälle und niedrigere Fluktuation ca. 1.000 EUR pro Mitarbeiter eingespart werden.

2. Die eigene Wettbewerbsposition als Arbeitgebermarke verbessern und Personalstandorte stärken.

Die Mitarbeiterbindung beispielsweise durch Weiterbildung zu erhöhen, gehört ebenso in dieses Maßnahmenfeld wie Kooperationen und Partnerschaften mit branchenübergreifenden Netzwerken zwischen Unternehmen. Mit der Unterstützung staatlich geförderter Programme durch Unternehmen und deren aktivem Eintreten für bessere Rahmenbedingungen lassen sich weniger attraktive Standorte aufwerten.
„Dies sind vor allem Optionen für Mittelständler, die im Alleingang nicht immer über die kritische Größe oder einen bekannten Markennamen für nachhaltige Veränderungen verfügen“, sagte Suder. Gemeinsam mit den Landkreisen und Kammern könnten Unternehmen beispielsweise strategische Initiativen zur Regionalentwicklung auf den Weg bringen.

Als Erfolgsbeispiel nannte Suder das „dortmund-project“, eine Initiative zur Regionalentwicklung, bei der in Kooperation zwischen der Stadt Dortmund und großen Arbeitgebern der Strukturwandel in Dortmund bewältigt und so in den vergangenen Jahren Zehntausende von Arbeitsplätzen geschaffen bzw. gesichert werden konnten.

3. Der Lücke ausweichen: Unternehmen müssen je nach individueller Situation auch darüber nachdenken, in kritischen Bereichen ihren Fachkräftebedarf zu senken.

Als Ausweg nannte Suder in diesem Handlungsfeld u.a. Outsourcing und Dienstleistungszentren, so genannte Shared Services. Wenn es beispielsweise einem Unternehmen in einer strukturschwachen Region nicht gelingt, wichtige Stellen im IT-Bereich zu besetzen, könne eine Verlagerung dieser Funktion helfen, den Standort und damit die Arbeitsplätze der übrigen Beschäftigten zu sichern. Gerade für die öffentliche Verwaltung spiele die Bündelung von Aufgaben in Dienstleistungszentren eine besondere Rolle, weil sie im Wettbewerb um Fachkräfte weniger Flexibilität hätten, z.B. bei der Vergütung oder der Standortwahl.

Als Beispiel nannte Suder den Einkauf von Gütern und
Dienstleistungen: „Hier operiert jede Kommune, jedes Bundesressort und häufig auch jedes Landesressort für sich; das führt zu deutlich mehr als 12.000 Beschaffungsstellen, die alle den komplexen, teils durch EU-Recht geprägten Vergabeprozess beherrschen müssen.“ Die größte darunter im zivilen Bereich, das Beschaffungsamt des Bundes, setzte im Jahr 2009 gerade einmal 10% dessen um, was im Bundeshaushalt an laufenden Beschaffungen vorgesehen war.

Insgesamt ist das Fazit der McKinsey-Studie positiv: Das Thema Fachkräftesicherung wird zwar zu einer zentralen Herausforderung für die deutsche Wirtschaft. Unternehmen haben jedoch unterschiedlichste Möglichkeiten, dieser Entwicklung gegenzusteuern; Voraussetzung ist, rechtzeitig, das heißt jetzt, zu handeln.

Hintergrund:

Für die Studie „Wettbewerbsfaktor Fachkräfte“ analysierte McKinsey u.a. externe Forschungsergebnisse sowie weltweite Erfahrungen eigener Experten. Außerdem wurden zahlreiche Gespräche und Interviews geführt mit Personalchefs aus Unternehmen, darunter sowohl DAX-Konzerne als auch Mittelständler, und aus der öffentlichen Verwaltung.

Die Studie finden Sie zum Download auf der Website www.mckinsey.de

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Kirsten Best, Telefon: 0211 136-4688,
E-Mail: Kirsten_Best@mckinsey.com
Oder an die
Pressestelle des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales:
Telefon: 030 18 527-2188/2190,
E-Mail: presse@bmas.bund.de

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