Mercer-Studie durchleuchtet Performance der Pensionskassen

Das schwache Kapitalmarktjahr 2008 hat in der österreichischen Pensionskassenlandschaft einige Turbulenzen gebracht. Das zeigen auch die diese Woche von der Österreichischen Kontrollbank veröffentlichten Performanceergebnisse der offenen VRGn (Veranlagungs- und Risikogemeinschaften) der überbetrieblichen Pensionskassen.

Die Experten von Mercer (Austria), einem auf betriebliche Vorsorgeberatung spezialisierten Consultingunternehmen, haben die Ursachen und Auswirkungen der Negativperformance analysiert.

Josef Papousek, Geschäftsführer von Mercer (Austria): „Die prekäre Situation ist nur zum Teil auf die Finanzkrise zurückzuführen. Gesetzliche Reformen sind dringend notwendig, um weiteren Performanceeinbußen im schwierigen Jahr 2009 vorzubeugen. Ein Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeigt, dass sich Pensionskassenkunden im Vorjahr lediglich in Deutschland über eine positive Performance freuen konnten, dies jedoch nur aufgrund lokaler Bewertungsvorschriften. Die von der Regierung eingesetzte Arbeitsgruppe wäre jetzt am Zug, um passende Rahmenbedingungen auszuarbeiten. Sicher ist auf alle Fälle, dass die Reformen rasch eingeführt werden müssen, um entsprechende Adaptierungen für das Jahr 2009 noch rechtzeitig vornehmen zu können“.

Das Performanceergebnis 2008 hat für vor allem für Leistungsbezieher mit hohem Rechnungszins Pensionskassenkürzungen mit sich gebracht. Mag. Michaela Plank, Pensionskassenexpertin von Mercer (Austria): „Wir gehen davon aus, dass aufgrund der hohen Komplexität das Problem der zu hohen Rechnungszinse kurz- bis mittelfristig nicht zu lösen sein wird. Die betroffenen Arbeitgeber und Anwartschaftsberechtigten müssen sich darauf einstellen, dass Ertragsversprechen aus Verträgen mit hohem Rechnungszins von den Pensionskassen langfristig nicht eingehalten werden können.“ Ein erster Handlungsbedarf zur Lösung des Rechnungszinsproblems ist aus Expertensicht, bei den bestehenden Verträgen einen Cut zu machen und die Neueintritte in bestehende Verträge mit einem niedrigeren (d.h. 3% bis 3,5%) Rechnungszins auszustatten.

Die herrschende Finanz- und Wirtschaftskrise legt die Systemschwächen des österreichischen Pensionskassensystems offen. Das schlechte wirtschaftliche Ergebnis der Pensionskassen 2008 hat die Diskussion angefacht, wie das derzeit gültige System reformiert werden kann. Die Experten des auf betriebliche Pensionskassenlösungen spezialisierten Consultingunternehmens haben die aktuellen, von der Österreichischen Kontrollbank (ÖKB) diese Woche veröffentlichten Performancezahlen je nach den gesetzlich definierten Veranlagungstypen genauer durchleuchtet und Schwachstellen im System ausgelotet.

Ausgewogener Veranlagungstyp

Bei Veranlagungs- und Risikogemeinschaften (VRG) mit „ausgewogener“ Anlagestrategie (Definition lt. ÖKB zwischen 24% und

Defensiver Veranlagungstyp

Jene Pensionskassen, die defensiv (
Konservativer Veranlagungstyp
Beim Ergebnis von Pensionskassen mit konservativer Asset Allocation gab es 2008 nur eine schmale Bandbreite zwischen -4,58 % und -5,65 %. Grund dafür ist die von Haus aus niedrige Aktienquote von durchschnittlich 11 % und die dadurch geringere Risikokomponente.

Aktiver Veranlagungstyp

Die Performance der aktiv veranlagten VRG (Aktienquote ab 32 % nach ÖKB-Definition – rund 26 % zum Stichtag) lag 2008 zwischen -12,82 % und -13,08 %. Hier ist klar ersichtlich, dass bei einer durch den Rechnungszins definierten risikoreichen Veranlagungsstrategie auch in schlechtem Kapitalmarktumfeld höheres Risiko beibehalten wurde. In diesen Strategien werden auch vermehrt die hohen Rechnungszinse (5 bis 6,5 %) abgedeckt. Eine aktive Marktsteuerung zur Abfederung des Risikos wäre hier wünschenswert gewesen.

Dynamischer Veranlagungstyp

Pensionskassen mit dynamischer Strategie (Aktienquote ab 40 % – zum Stichtag bei rund 33 %) schlossen 2008 mit -13,70 % bis -18,19 % ab. Der Durchschnitt lag bei -14,76%. Hier ist erkennbar, dass einige Pensionskasse das hohe Risiko besser im Griff hatten als andere.

Ausgewogener Veranlagungstyp

Vor allem im Segment „ausgewogen“ ist ein deutlicher Performanceunterschied zu sehen, der sich durch sehr unterschiedliche Risikozugänge ergibt. Für manche Kassen ist es nach wie vor probat, wenn die entsprechenden Parameter vorhanden sind, selbst in schlechten Finanzjahren einen gewissen Risikograd beizubehalten, da sie das Instrument der Pensionskasse über einen langfristigen Zeitraum sehen.

Aber es ist nicht nur die Bereitschaft das Risiko zu reduzieren, die den Unterschied der Performance ausmacht, sondern auch die richtige, und vor allem unabhängige Managerauswahl.

Dilemma hoher Rechnungszins

Das Performanceergebnis 2008 hat für vor allem für Leistungsbezieher mit hohem Rechnungszins Pensionskassenkürzungen mit sich gebracht. Diese hatten leider keine Reserven mehr in der Schwankungsrückstellung, die für das Jahr 2008 als Puffer herangezogen werden könnte. Das Dilemma der Pensionisten mit hohem Rechnungszins ergibt sich vor allem aus folgenden Faktoren:

* zu kurze Ansparphase bis zum Pensionsstart
* zu hohe Ertragsannahmen der Beteiligten vor allen im Auslagerungs- bzw. Einführungsprozess
* ein abgesunkenes Risikoniveau
* unterschiedliche Bewertungskriterien innerhalb der VRG
* Verbrauch der ohnehin geringen Reserven durch Pensionserhöhungen oder als Ausgleich in vorangegangenen schlechten Jahren

Dazu Mag. Michaela Plank, Pensionskassenexpertin von Mercer (Austria): „Wir gehen davon aus, dass aufgrund der hohen Komplexität das Problem der zu hohen Rechnungszinse kurz- bis mittelfristig nicht zu lösen sein wird. Die betroffenen Arbeitgeber und Anwartschaftsberechtigten müssen sich darauf einstellen, dass Ertragsversprechen aus Verträgen mit hohem Rechnungszins von den Pensionskassen langfristig nicht eingehalten werden können.“ Ein erster Handlungsbedarf zur Lösung des Rechnungszinsproblems ist aus Expertensicht, bei den bestehenden Verträgen einen Cut zu machen und die Neueintritte in bestehende Verträgen mit einem niedrigeren (d.h. 3% bis 3,5% ) Rechnungszins auszustatten

Weitere Lösungsvorschläge der Experten

1. Weiters ist zur Bereinigung innerhalb der VRG eine Teilung in Gruppen mit gleichen Veranlagungserwartungen dringend notwendig. Und auch für die Entscheidung für oder gegen den Mindestertrag sollte ein an die Gruppen angepasster Veranlagungszugang gewählt werden.

2. Notwendig ist auch, die Bandbreiten der Rechnungszinse so gering wie möglich zu halten, um für jeden Pensionskassenkunden die ideale Veranlagungsstrategie zu finden. Im Sinne der Pensionssicherung sollen die Pensionskassen einerseits ihre Veranlagungsstrategien unter der Annahme eines passenden Risikobudgets festlegen und vor allem ihr Hauptaugenmerk auf taktische Risikoentscheidungen richten.

3. Von den Experten zur Diskussion gestellt wird auch, ob die Entscheidung über die Höhe des Rechnungszinses und der Pension sinnvollerweise nicht erst zum Zeitpunkt des Pensionsantritts entschieden werden soll. Voraussetzung dafür ist, dass passende gesetzliche Regelungen getroffen werden.

Mehr Flexibilität ist gerade in der jetzigen Zeit zu überlegen. Es geht vor allem darum, die Veranlagungsthematik der Anwartschaftsberechtigten von jener der Leistungsberechtigten zu trennen. Diese Art der Flexibilität gibt es einerseits schon bei den diversen Lebensphasenmodellen, andererseits gibt es hier noch ausreichend Nachholbedarf z.B. hinsichtlich der Veranlagungsbestimmungen in den einzelnen VRG sowie der Thematik der Verantwortungsübernahme jedes einzelnen Anwartschafts- und Leistungsberechtigten.

Um die Flexibilität zur forcieren, sollte es auch möglich sein, die bestehende Deckungsrückstellung zu splitten und eine Basisdeckung in einer ausgewogenen oder konservativen Veranlagungsstrategie zu fahren und eine Zusatzdeckung im Rahmen der dynamischen Veranlagung zu haben, um hier von den verschiedenen Veranlagungsausrichtungen gleichzeitig und in diesem Sinne diversifiziert profitieren zu können.

Der Forderung der Einführung eines Garantieproduktes, um das Pensionskassenwesen wieder zu regenerieren, stehen die Mercer-Experten nach vor skeptisch gegenüber, da es dies bereits am Vorsorgemarkt im Rahmen der betrieblichen Kollektivversicherung gibt. Es sollte aber eine freie Wahl zwischen den beiden Instrumenten geben. Dazu bedarf es noch einiger gesetzlicher Änderungen vor allem auch hinsichtlich der Mitnahme des Kapitals.

„Es gibt aus Expertensicht mehrere Lösungsansätze. Die von der Regierung eingesetzte Arbeitsgruppe wäre jetzt am Zug, um passende Rahmenbedingungen auszuarbeiten. Sicher ist auf alle Fälle, dass die Reformen rasch eingeführt werden müssen, um entsprechende Adaptierungen für das Jahr 2009 noch rechtzeitig vornehmen zu können“, so Josef Papousek.

Risikobereitschaft im europäischen Vergleich

Der Blick über die Grenzen zeigt, dass auch hier nicht nur die Aktienquote als wesentlicher Indikator für die Performance genommen werden darf, sondern ebenso die Auswahl der Manager.

Belgien und Irland haben mit einem noch immer sehr hohen Aktienanteil (bis zu 68 %) eine beträchtlich negative Performance in der Höhe von -25,5 % sowie -34 % eingefahren. Im Gegenzug dazu haben Länder wie UK und Spanien, die mit ebenfalls hohe Aktienquoten von 50 % bzw. 35 % vorweisen, eine wesentlich bessere Performance (nämlich – 9,8 % bzw. -8,5 %) erwirtschaftet, als die österreichischen Kassen mit einer wesentlich geringeren Aktienquote.

Die Schweizer Eidgenossen sowie die Niederländer liegen mit einem Aktienanteil von ca. 25 % bis 27 % und einem Ergebnis von -9,6% und -12% in etwa im österreichischen Durchschnitt.

Positive Performance 2008 nur in Deutschland – rein aus bewertungstechnischer Sicht

Einzig unser Nachbarland Deutschland kann auch im Jahr 2008 eine positive Performance aufweisen. Dies hängt jedoch nicht an mehr Know-how sondern vielmehr an der Tatsache, dass deutsche Pensionskassen nach deutschem Handelsgesetzbuch bilanzieren und zusätzlich zu rund 70 % bis 80 % in Schuldscheindarlehen, Namensschuldpapiere, etc. veranlagen. Das sind Papiere, die bilanziell gesehen meist nicht einer Marktwertschwankung unterliegen und im Direktbestand von der Pensionskasse gehalten werden. Diese Papiere generieren Erträge über fixe Kuponzahlungen und wirken sich stabilisierend auf die Gesamterträge der Pensionskassen aus.

Mag. Michaela Plank zu dieser Strategie: „Diese Vorgehensweise könnte ein Lösungsansatz auch für den österreichischen Markt sein. Die Umstellung der Bewertungsvorschriften kann aber nur dann eine geeignete Lösung sein, wenn Veranlagungsinstrumente eingesetzt werden, die einer Bewertung nach lokalem Recht standhalten können. Diese Strategie kann jedoch sinnvoll nur für VRG mit besonders hohen Sicherheitskriterien, zum Beispiel im Rahmen einer Pensionisten-VRG eingesetzt werden. Wermutstropfen dabei ist, dass es bei einem Umstieg in eine so genannte Sicherheits-VRG einmalig zu einer weiteren Pensionskürzung kommt, da von einem viel geringeren Zinsniveau ausgegangen werden muss.“

Informationen zu Mercer

Mercer, eine der weltweit größten Beratungsfirmen, hilft Unternehmen messbare Geschäftsergebnisse durch ihre Mitarbeiter zu erzielen. Mit mehr als 18.000 Mitarbeitern in 180 Städten und 40 Ländern verbindet Mercer lokales Wissen mit globaler Präsenz, um Human Resource Lösungen zu entwickeln und zu implementieren.

Die Tätigkeitsschwerpunkte von Mercer (Austria) GmbH liegen in den Bereichen Retirement Consulting (betriebliche Vorsorge), Investment Consulting (Optimierung von Pensionskassenverträgen und deren Veranlagungen) sowie Information Products Solutions (Vergütungsberatung). Mercer betreut mit 18 MitarbeiterInnen in Österreich rund 800 Kunden – darunter eine Vielzahl der Top-100-Unternehmen des Landes.

Kontakt Mercer (Austria):
Mag. Michaela Plank
Tel. 01/5339766-0
michaela.plank@mercer.com
Pressekontakt:
Agentur comm*in
Mag. Andrea Pfennigbauer
Tel. 01/3194101-15
a.pfennigbauer@commin.at

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Weitere Informationen:

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