Wie lernen Vögel singen? Ruhr-Universität Bochum bekommt Bernstein-Gruppe

Im Rahmen der Förderinitiative „Bernstein Fokus: Neuronale Grundlagen des Lernens“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) entsteht unter der Koordination von Prof. Dr. Onur Güntürkün (Biopsychologie der Ruhr-Universität Bochum) ein neuer Forschungsverbund.

In Bochum wird neben dem Projekt aus der Biopsychologie auch ein Projekt von Prof. Dr. Martin Tegenthoff (Neurologie, Universitätsklinikum Bergmannsheil) und PD Dr. Hubert Dinse (Institut für Neuroinformatik) gefördert.

Über fünf Jahre werden die Bochumer Wissenschaftler gemeinsam mit Forschungsgruppen aus Oldenburg, Bremen und Berlin sich der Frage widmen, wie komplexe Aufgaben durch eine ständige, leichte Veränderung des Handlungsablaufs erlernt werden. Untersucht wird dazu die Gesangsbildung von Singvögeln, das Navigationsverhalten von Zugvögeln und das Erlernen verschiedener Bewegungsabläufe bei Vögeln und Menschen. Der neue Forschungsverbund ist Teil des „Bernstein Netzwerks Computational Neuroscience“, eines deutschlandweiten Forschungsnetzwerks des BMBF.

Viel üben und nachahmen

Singvögel lernen ihren Gesang, ähnlich wie Menschen das Sprechen, durch viel Üben und Nachahmen. Welche Verschaltungsstrukturen im Gehirn dem Gesanglernen zu Grunde liegen, ist zumindest teilweise schon bekannt: Bestimmte Hirnbereiche steuern die Motorik des Gesangs. Diese Hirnbereiche werden von anderen Hirnregionen gezielt beeinflusst, um den Gesang von Mal zu Mal leicht zu variieren. Entstehen dadurch Varianten, die dem Gesang des Vorbilds ähnlicher geworden sind, wird der Vogel in seinem Verhalten bestärkt und die zugrunde liegenden neuronalen Verschaltungen werden gefestigt.

'Besser' und 'schlechter' formen komplexes System

Was für Singvögel gilt, gilt wahrscheinlich auch für andere Lernvorgänge bei unterschiedlichen Tieren, inklusive Menschen. Vielen Verhaltensweisen liegt ein analoges neuronales System zugrunde, das Variabilität erzeugt, und ein Verstärkungssystem, das dann einsetzt um die beste der möglichen Varianten zu stärken. Die Wissenschaftler des Bernstein Fokus wollen die neuronalen Grundlagen solcher Systeme genauer verstehen. Vor allem zwei Erklärungslücken gilt es noch zu schließen: Wie kann ein einfaches Feedbacksystem, das nur zwischen „besser“ und „schlechter“ unterscheidet, ein neuronales System formen, das so komplexe Vorgänge hervorbringt wie zum Beispiel den Gesang des Vogels? Wie kann das Belohnungssystem auf eine Handlung wirken, die längst vorbei ist, wenn die Belohnung einsetzt? Um die Daten aus den Experimenten besser interpretieren und in technische Systeme wie Roboter übertragen zu können, besteht eine enge Kooperation zwischen Wissenschaftlern aus experimentell und theoretisch arbeitenden Gruppen.

Bernstein-Netzwerk

Computational Neuroscience ist ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, das Neurowissenschaften, Mathematik, Physik und Informatik verbindet, um die komplexen Funktionen des Gehirns besser zu verstehen. Das BMBF fördert dieses Forschungsgebiet seit 2004 gezielt mit dem „Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience“. Aufbauend auf anfänglich vier „Bernstein Zentren für Computational Neuroscience“ wurde das Netzwerk durch verschiedene Förderinitiativen im Laufe der Zeit weiter ausgebaut. Unter anderem wurden die Förderinitiativen „Bernstein Fokus Neurotechnologie“ (2008) und „Bernstein Fokus Neuronale Grundlagen des Lernens“ (2009) eingerichtet. Ziel dieser Maßnahmen ist es, Brücken aus der Forschung in die Anwendung zu schlagen.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Dr. h.c. Onur Güntürkün, AE Biopsychologie, Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität Bochum, Tel. 0234/32-28213,

E-Mail: onur.guentuerkuen@rub.de, Internet: http://www.bio.psy.rub.de/

Dr. Katrin Weigmann, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Nationales Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience, Tel.: 0551/5176-434,

E-Mail: weigmann@nld.de.mpg.de

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Dr. Josef König idw

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