Kölner Studien zeigt: In „Krisensituationen“ investieren Organismen in geschlechtliche Fortpflanzung

Warum hat die Natur den Sex erfunden? Diese Frage stellen sich Evolutionsbiologen seit langem, denn Sex bringt einige Nachteile mit sich. Warum Sex sich trotzdem durchgesetzt hat, haben Biologen anhand von Rädertierchen erforscht.

In einer in Nature veröffentlichten Studie (Oktober 2010) konnten sie nachweisen, dass geschlechtliche Fortpflanzung von Vorteil ist, wenn Lebewesen in einer heterogenen Umwelt leben an die sie schlechter angepasst sind als wenn sie ein einer konstanten, homogenen Umwelt leben.

Nun konnten die Wissenschaftler eine weitere Hypothesen zur Evolution von Sex bestätigen: Sexuelle Fortpflanzung hat Vorteile, weil auf diese Weise genetisch variabler Nachwuchs erzeugt wird, der an neue Umweltbedingungen besonders gut angepasst sind.

So gut wie alle Organismen pflanzen sich geschlechtlich fort. Evolutionsbiologisch lässt sich das aber kaum erklären, denn die geschlechtliche Fortpflanzung bringt gegenüber ungeschlechtlicher Fortpflanzung wie Klonen oder Teilung scheinbar keine Vorteile.

Wissenschaftler der Universität zu Köln und der University of Toronto konnten nun mithilfe von Rädertierchen nachweisen, dass das unter bestimmten Bedingungen doch der Fall ist. Denn wenn sich Lebewesen an veränderte Umweltbedingungen anpassen müssen, erhöht sich die geschlechtliche Fortpflanzung, denn es werden so Nachkommen produziert, die an die veränderten Bedingungen besonders gut angepasst sind.

Rädertierchen haben eine Besonderheit: Sie sind in der Lage, zwischen geschlechtlicher und ungeschlechtlicher Fortpflanzung zu wechseln. Dies tun sie offenbar häufiger, wenn sich ihre Umweltbedingungen ändern. Anhand einer veränderten Futtergabe konnten die Wissenschaftler zeigen, dass eine Population unter veränderten Umweltbedingungen vermehrt in geschlechtliche Fortpflanzung investiert und durch das Mischen von Genen neue Genotypen produziert, die besonders gut an die Bedingungen angepasst sind. Unter gleichbleibenden Umweltbedingungen nimmt die Sexrate wieder ab und die ungeschlechtliche Fortpflanzung, bei der der Genpool der Mutter eins zu eins übertragen wird, nimmt wieder zu und produziert dann wieder die fittesten Nachkommen.

Damit ist eine der ältesten Hypothesen der Evolutionsbiologie bestätigt: Sex lohnt sich, weil auf diese Weise genetische Variationen erzeugt werden, die nötig sind, sobald sich Populationen an neue Umweltbedingungen anpassen müssen.

Studie „ The evolution of sex is favoured during adaption to new environments“ (PLoS Biology)

Bei Rückfragen: Dr. Lutz Becks,
Tel.: 04522 763 230,
E-Mail: lbecks(at)evolbio.mpg.de

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Anneliese Odenthal idw

Weitere Informationen:

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