Inventur im Dschungel

Der Yasuní-Nationalpark im Osten Ecuadors ist eines der Gebiete mit der größten Artenvielfalt weltweit. Eine Gruppe internationaler Wissenschaftler hat nun erstmals die Daten über die Biodiversität im Yasuní-Nationalpark zusammengetragen und analysiert.

Im Boden unter dieser unberührten Wildnis liegen allerdings große Erdölvorkommen. Die Wissenschaftler rufen als Ergebnis ihrer Studie die Politiker dazu auf, diese Erdölfelder nicht zu erschließen, um die einzigartige Artenvielfalt nicht zu gefährden, die viele weltweit bedrohte Arten umfasst.

Ein generelles Problem bei dem Bemühen um den Schutz der Artenvielfalt ist die Unübersichtlichkeit des Themas. Einzelne Tier- und Pflanzenarten sind oft sehr gut erforscht, aber einen Überblick über das große Ganze mit seinen komplexen Zusammenhängen haben die Wissenschaftler noch lange nicht. Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität können aber nur dann getroffen werden, wenn man weiß, was zu schützen ist.

Die internationale Studie, an der der Fledermausexperte Dr. Christian Voigt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) beteiligt war, hat gezeigt, dass die Region besonders viele Arten aus den Gruppen Amphibien, Vögel, Säugetiere und Pflanzen beherbergt. Weltweit gibt es nur wenige Orte mit einer vergleichbaren Artenvielfalt.

Im Yasuní-Nationalpark sind viele weltweit bedrohte Arten zu Hause, darunter Säugetiere wie der Weißstirnklammeraffe oder der Riesenotter. Das westliche Amazonasgebiet beherbergt darüber hinaus überproportional viele Arten, die ausschließlich dort vorkommen, sogenannte endemische Arten. Das einzige bekannte Exemplar der Fledermaus-Art Lophostoma yasuni wurde im Yasuní-Nationalpark gefunden.

Die Wissenschaftler rätseln immer noch, warum der Yasuní-Nationalpark eine solch große Biodiversität aufweist. Ursachen für den Reichtum an Pflanzenarten sind wahrscheinlich der viele Regen und die gleichmäßig warmen Temperaturen während des ganzen Jahres. Dadurch stehen ununterbrochen Früchte und Blüten zur Verfügung, auf deren Grundlage eine Vielzahl von Vogel- und Säugetierarten existieren können. Umgekehrt spielen viele Tierarten als Samenverteiler eine wichtige Rolle für die Ausbreitung von Pflanzen. Es wird auch vermutet, dass eine mögliche klimatische Stabilität über evolutionäre Zeitskalen zu der Entwicklung extrem vieler Arten beigetragen haben könnte.

Bedroht wird dieses außerordentliche Ökosystem durch Pläne, hier Erdöl zu fördern. Der ecuadorianische Präsident Rafael Correda entschied 2007 sehr fortschrittlich, diese Pläne auszusetzen. Die dem Staat entgehenden Einkünfte sollten zur Hälfte durch den Verkauf von Zertifikaten erzielt werden, die garantieren das Öl in der Erde zu belassen und so den Yasuní-Nationalpark zu schützen. Anerkannte Ökonomen haben festgestellt, dass intakte Regenwälder darüber hinaus direkten finanziellen Nutzen einbringen, zum Beispiel durch Binden von Kohlendioxid und andere Ökosystem-Dienstleistungen.

Der Erhalt von absolut geschützten Gebieten dient nicht nur dem Schutz von Pflanzen und Tieren, im Yasuní-Nationalpark leben auch die letzten einheimischen Völker in freiwilliger Isolation.

Die Studie der internationalen Forschergruppe konnte eine Übersicht über die Artenvielfalt und ihre Zusammenhänge geben. Die Ergebnisse sind im Online-Magazin PloS One erschienen und haben dort im Januar 2010 sogar den monatlichen Blog-Wettbewerb gewonnen – auch das deutet auf die politische Brisanz des Themas hin.

doi 10.1371/journal.pone.0008767
www.plosone.org
Weitere Informationen und Fotos:
Dr. Christian Voigt, 030 5168 517, voigt@izw-berlin.de
Steven Seet, 030 5168 108, seet@izw-berlin.de
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im
Forschungsverbund Berlin e.V.
Alfred-Kowalke-Str. 17, 10315 Berlin

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Christine Vollgraf idw

Weitere Informationen:

http://www.izw-berlin.de

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