Internationale Benchmark-Studie zur Finanzkommunikation im Social Web

Die anhaltende Krise im Euro-Raum und die Anzeichen eines erneuten wirtschaftlichen Abschwungs verunsichern Anleger und Politik.

Das Internet und insbesondere Social-Media-Plattformen wirken als Multiplikator für Informationen und Gerüchte, die Reputation und Vertrauen im Sekundentakt zerstören und wieder aufbauen. Die Auswirkungen auf Aktienkurse und Unternehmenswerte sind erheblich.

Börsennotierte Unternehmen stehen vor der Herausforderung, einem veränderten Kommunikationsstil und höheren Informations- und Transparenzanforderungen im sozialen Netz zu begegnen und neue Plattformen in die Kommunikation mit Anlegern, Analysten und Finanzjournalisten einzubeziehen.

Das Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig hat in einer internationalen Benchmark-Studie die Social-Media-Aktivitäten der Finanzkommunikatoren und Investor-Relations-Verantwortlichen von 190 börsennotierten Unternehmen aus Deutschland, den USA, Großbritannien, Frankreich und Japan untersucht.

Die Ergebnisse wurden erstmals im Rahmen der Jahreskonferenz des National Investor Relations Institute (NIRI) vor Teilnehmern aus mehr als 30 Ländern in Seattle (USA) vorgestellt.

Der vollständige Ergebnisbericht steht unter www.slideshare.net/communicationmanagement im Internet zur Verfügung.

Die inhaltsanalytische Untersuchung von Unternehmens-Websites und der Social-Media-Plattformen Twitter, StockTwits, Facebook, Google+, YouTube, Flickr, SlideShare, Scribd, LinkedIn, Xing und Retail Investor Conferences in der Finanzkommunikation umfasst die 150 größten börsennotierten Unternehmen aus den Aktienindizes DJIA (Dow Jones Industrial Average, USA), FTSE (Financial Times London Stock Exchange Index, UK), CAC (Cotation Assistée en Continu quarante, Frankreich), DAX (Deutscher Aktien-Index, Deutschland), NIKKEI (Nihon Keizai Shimbun Index, Japan) sowie die jeweils Top-10 hinsichtlich Marktkapitalisierung und Top-10 hinsichtlich Kursperformance gerankten Unternehmen aus den US-amerikanischen Mid- und Small-Cap-Indizes Russell Midcap und Russell 2000. Aktuelle Entwicklungen im Bereich Investor Relations und Web 2.0 wie ein stärkeres Engagement im Social Web, die Bereitschaft zum Online-Dialog und Nutzung mobiler Anwendungen werden durch den Vergleich mit Vorjahresstudien ebenso erfasst wie indexspezifische Besonderheiten in der Social-Media-Adaption der Unternehmen, die auf länderspezifische Unterschiede in der Aktionärskultur und der Social-Media-Nutzung zurückgeführt werden können.

Die internationale Studie zeigt, dass Social-Media-Anwendungen auf der Investor-Relations-Website inzwischen standardmäßig implementiert sind. Externe Social-Media-Plattformen sind weniger in die Online-Finanzkommunikation integriert. RSS Feeds und Webcasts gehören zu den am stärksten genutzten Anwendungen auf der Website, Twitter und LinkedIn erfreuen sich als externe Plattformen der größten Beliebtheit. Im Mehrjahresvergleich der Börsenindizes haben deutsche Unternehmen deutlich aufgeholt und liegen hinsichtlich der Social-Media-Aktivitäten gleichauf mit ihren US-amerikanischen Wettbewerbern. Mobile Anwendungen werden sogar stärker seitens deutscher Blue Chips angeboten. Die im Dow Jones Industrial Average in den USA notierten Aktiengesellschaften nehmen international eine Vorreiterrolle bei dialogischen Anwendungen ein. Börsennotierte Unternehmen aus Großbritannien und Frankreich haben ihr Engagement seit dem letzten Jahr ebenfalls intensiviert, liegen jedoch hinter ihren US-amerikanischen und deutschen Wettbewerbern. Unternehmen des japanischen NIKKEI sind im sozialen Netz deutlich zurückhaltender als ihre internationalen Peers. Mobile Anwendungen werden insgesamt noch unzureichend seitens der Investor Relations zur Verfügung gestellt.

Die Analyse der Entwicklungsdynamik zeigt, dass dialogische Plattformen (beispielsweise Blogs, IR-Chats oder Anwendungen mit Feedbackmöglichkeit), die eine neue Qualität der Kommunikation ermöglichen, zwar verstärkt zum Einsatz kommen, jedoch immer noch unterrepräsentiert sind. Ansgar Zerfaß, Professor für Kommunikationsmanagement an der Universität Leipzig, betont die Herausforderungen, die dialogische Kommunikation im Internet mit sich bringt: „Für Online-Dialoge benötigen Unternehmen nicht nur technische Plattformen, sondern vor allem personelle Ressourcen, interne Strukturen, eine klare Online-Strategie sowie die Fähigkeit und Bereitschaft, in einen kommunikativen Austausch auf Augenhöhe mit ihren Stakeholdern im Netz zu treten.“ Kristin Köhler, Projektleiterin der IR-2.0-Studie, ergänzt: „Der Kommunikationsstil ist ebenso von Bedeutung. Beziehungen können nur durch einen argumentativen Stil aufgebaut werden. Investor Relations als stark verrechtlichter und sensibler Bereich ist relativ langsam und konservativ in der Adaption neuer Kommunikationsformen. Der persönliche Austausch mit Investoren und Analysten bei One-on-Ones oder Roadshows ist jedoch bereits etablierte Praxis. Diese Offline-Erfahrungen können in die Online-Finanzkommunikation eingebracht werden“, so die Wissenschaftlerin.

Das Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig, einer der führenden Forschungsstandorte für strategische Kommunikation in Europa, spezialisiert sich in Ausbildung und Lehre unter anderem auf die Bereiche Unternehmenskommunikation, Online-Kommunikation und Finanzkommunikation. Im Themenfeld Investor Relations werden regelmäßig empirische Studien auf nationaler und internationaler Ebene durchgeführt, beispielsweise zu den Themen Institutionalisierung der Finanzkommunikation, Berufsfeld und Professionalisierung, der Bedeutung von Internet und Social Media und Anforderungen spezifischer Shareholder.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Ansgar Zerfaß
Telefon: +49 341 97-35040
E-Mail: zerfass@uni-leipzig.de
www.cmgt.uni-leipzig.de

Kristin Köhler M.A.
Telefon: +49 341 97-35064
E-Mail: kristin.koehler@uni-leipzig.de

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Dr. Manuela Rutsatz Universität Leipzig

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