Häufige medizinische Fehler auf Intensivstationen

In der Intensivbetreuung in Krankenhäusern kommt es häufig zu Fehlern in der Verabreichung von Medikamenten. Das zeigt eine heute im British Medical Journal veröffentlichte Studie.

Die Europäischen Gesellschaft für Intensivmedizin rief dazu weltweit Krankenhäuser auf, medizinische Fehler bei injizierten Medikamenten innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums von 24 Stunden anonym zu dokumentieren.

„Die Bereitschaft zur Teilnahme war groß. Vielen war es ein Anliegen, über die Problematik zu berichten“, so Studienleiter Andreas Valentin vom Krankenhaus Rudolfstiftung Wien im pressetext-Interview. Schließlich lagen Angaben aus 113 Intensivstationen in 27 Ländern vor.

Die Ergebnisse der Studie sind alarmierend: Bei 441 von 1.300 untersuchten Patienten kam es zu medizinischen Fehlern im Bereich der injizierten Medikamentengabe. Fast die Hälfte der betroffenen Patienten erlitt mehr als einen Fehler während der 24-stündigen Beobachtungszeit. Sieben Patienten erlitten teilweise aus diesem Grund andauernde Schäden, fünf Patienten starben.

Die Fehler passierten bei der Verabreichung verschiedener Medikamente, unter anderem auch bei Insulin für Diabetiker, bei Beruhigungsmitteln sowie bei blutgerinnenden Mittel. Die häufigsten Fehler gingen auf den falschen Zeitpunkt der Verabreichung und falsche Dosierung zurück. 69 Prozent der Fehler passierten während Routineaufgaben, bei Notfallsituationen war die Fehlerquote wider Erwarten geringer.

„Die gefundenen Probleme betreffen alle untersuchten Gesundheitssysteme“, betont Studienleiter Andreas Valentin. Nur eine von fünf Intensivstationen habe während des 24-stündigen Beobachtungszeitraums über keine Missgeschicke berichtet. „Es ist ein ernstes Problem. Ein besonderer Schwachpunkt in der Sicherheit der Patienten stellt die Verabreichung von Injektionen dar“, so Valentin. Aufgrund der steigenden Komplexität der Behandlung könnte bessere Organisationsformen wie Systeme zur Fehlermeldung oder Routineuntersuchungen beim Schichtwechsel das Risiko von Fehlern verringern.

Per Fragebogen wurde das Personal auch darüber befragt, was zu diesen Fehlern geführt habe. „33 Prozent der Fehler geschahen laut Angaben aufgrund von Arbeitsüberlastung, Stress und Übermüdung. Das ist ein realistischer Wert“, so Valentin. Es sei verständlich, dass im Intensivbereich ein höherer Stresslevel herrsche als anderswo. „Doch dahinter stecken lange Arbeitszeiten der Ärzte sowie oft ungenügende Freizeiten auch beim Pflegepersonal“, erklärt Valentin. Durch bessere Arbeitsorganisation wäre der Faktor Übermüdung durchaus beeinflussbar. Andere Angaben betreffen vor kurzer Zeit geänderte Medikamentennamen, die schlechte Kommunikation zwischen dem medizinischen Personal sowie das Abweichen von Protokollen.

Valentin betont, die Studie solle niemandem die Schuld an medizinischen Fehlern zuschieben, sondern Aufmerksamkeit für die Brisanz des Themas erreichen. „Man muss die Realität des komplexen Systems der Intensivbetreuung anerkennen. Dennoch braucht es stärkere präventive Maßnahmen und einen geschärften Blick auf die Probleme. Wird ein Fehlerberichtssystem etabliert, verringert sich das Risiko um 30 Prozent.“ Auch die bessere Überprüfung von Infusionsgeräten besonders zu Beginn der Dienstschicht bringe auf einfache Weise eine Verbesserung der Situation. „Das ist der positive Aspekt der Studie“, so der Wiener Intensivmediziner abschließend zu pressetext.

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Johannes Pernsteiner pressetext.austria

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