Große Stadt-Land-Unterschiede bei Unternehmensgründungen – Ostdeutschland holt auf

In den vergangenen zwölf Jahren haben in urbanen Ballungsräumen rund fünf Prozent der Erwachsenen ein Unternehmen gegründet oder waren zum Zeitpunkt der Befragung gerade dabei, es zu tun. Unter den Menschen in ländlichen Räumen waren es nur 3,6 Prozent.

Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie des Instituts für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Im Mittelpunkt des diesjährigen Länderberichts Deutschland zum Global Entrepreneurship Monitor (GEM) stehen „Gründungen in deutschen Regionen“, also der Vergleich zwischen Regionen und Regionstypen innerhalb Deutschlands. Zusätzlich haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aber auch, wie in den Vorgängerstudien des GEM-Länderberichts 2011, das Gründungsverhalten in Deutschland im Allgemeinen und im Vergleich zu anderen Ländern untersucht.

In vielen großstädtischen Regionen ist – trotz schärferen Wettbewerbs – die lokale Nachfrage nach den Produkten von Gründerinnen und Gründern größer als auf dem Land. Zudem ist der Zugang zu Arbeitskräften, Kapital und Wissen – den entscheidenden Produktionsfaktoren – im urbanen Umfeld häufig leichter. Auch das Gründungsklima ist in urbanen Zentren meist besser. Allerdings gilt dies nicht für alle Großstadtregionen, wie einige Ruhrgebietsstädte (zum Beispiel Duisburg/Essen, Bochum/Hagen) zeigen, deren Gründungsquoten beträchtlich unter jenen etwa von München, Hamburg oder Köln liegen.

Die viele Jahre sehr großen Ungleichgewichte zwischen West- und Ostdeutschland sind mittlerweise bei den Gründungsaktivitäten verschwunden: In beiden Teilen Deutschlands wurde 2011 fast gleich häufig gegründet. Mehrere Variablen der Gründungseinstellung der Bevölkerung weisen allerdings weiterhin Differenzen zuungunsten Ostdeutschlands auf: Beispielsweise meinen 27 Prozent der Westdeutschen, aber nur 17 Prozent der Ostdeutschen, dass sich in den nächsten sechs Monaten in der Region, in der sie leben, gute Gründungschancen ergeben werden, erläutern die Gründungsforscher der Leibniz Universität Hannover. Positiv ist hervorzuheben, dass im Westen sowie im Osten die Gründungsquote unter den 18- bis 64-Jährigen gegenüber dem Vorjahr um 1,4 Prozentpunkte und damit deutlich auf 5,6% angestiegen ist.

Die Daten der Studie zeigen, dass die Unterschiede zwischen den Bundesländern zwar vorhanden, aber geringer sind als zwischen Stadt und Land. Die Bevölkerung in städtisch geprägten Bundesländern wie Hamburg und Berlin (nicht aber Bremen) ist gründungsfreudiger und hat günstigere Gründungseinstellungen als in Flächenländern. Niedersachsen liegt im Mittelfeld der 16 Bundesländer –sowohl, was die Gründungsaktivitäten als auch die Gründungseinstellungen betrifft. In Niedersachsen sehen die 18- bis 64-Jährigen beispielsweise im langjährigen Mittel deutlich bessere Gründungschancen als in jedem der fünf Bundesländer Ostdeutschlands (ohne Berlin), aber erheblich schlechtere als etwa in Bayern und Nordrhein-Westfalen.

Die Ergebnisse der Studie legen nahe: Gründungsförderung von Bund, Ländern und Kommunen muss sich stärker als bisher an den regionalen Umfeldbedingungen orientieren – die sich etwa zwischen Stadt und Land, aber auch zwischen Großstadtregionen stark unterscheiden können.

Deutschland insgesamt liegt beim Anteil der Unternehmensgründungen unter den 18- bis 64-Jährigen im Mittelfeld der vergleichbaren 23 Industrieländer. Hinsichtlich der Gründungschancen sind Deutsche pessimistischer als Bürgerinnen und Bürger anderer Länder und eher risikoscheu. Die Angst vor dem Scheitern hält sie offenbar relativ häufig davon ab zu gründen. Zu den wichtigsten Gründungshemmnissen in Deutschland zählen die befragten Expertinnen und Experten die schulische und außerschulische Gründungsausbildung, die gesellschaftlichen Werte und Normen, die Regulierungen und Steuern sowie die Finanzierungsbedingungen. Dafür schneidet Deutschland bei der physischen Infrastruktur, den öffentlichen Förderprogrammen und dem Schutz geistigen Eigentums, der Wertschätzung neuer Produkte/Dienstleistungen durch Unternehmer und Konsumenten sowie die Verfügbarkeit und Qualität von Beratern und Zulieferern für neue Unternehmen vergleichsweise gut ab.

Die Studie beruht auf den Daten des Global Entrepreneurship Monitors (GEM), einem Forschungskonsortium, das jährlich und weltweit vergleichbare Daten zu unternehmerischen Aktivitäten erhebt. Prof. Rolf Sternberg leitet das GEM-Team an der Leibniz Universität. Die Studie im Internet: http://www.wigeo.uni-hannover.de/gem2011.html.

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