Grenzen setzen unterbricht Gewaltspirale

Kinder aus problematischem familiären Umfeld verarbeiten soziale Informationen anders als ihre Altersgenossen. Das besagt eine aktuelle Studie der Indiana University, die Ursachen für Gewaltanwendung untersucht. „Kinder gewalttätiger Eltern halten Gewalt viel eher für ein plausibles Mittel der Konfliktlösung“, sagt Studienautor John Bates vom Institut für Psychologie. In Folge greifen Kinder in späteren Beziehungskonflikten viel häufiger zu aggressiven und gewalttätigen Verhaltensweisen als ihre Altersgenossen.

Der Sozial- und Jugendforscher Klaus Hurrelmann von der Universität Bielefeld bestätigt gegenüber pressetext den engen Zusammenhang zwischen der Gewaltanwendung von Jugendlichen und ihren familiären Vorerfahrungen. „Nicht intakte Beziehungen der Eltern, Armut und wirtschaftliche Probleme durch Arbeitslosigkeit führen in Verbindung mit Regellosigkeit häufig zu häuslicher Gewalt.“ Kinder, die mit dieser täglichen Erfahrung aufwachsen, lernen, sich später auch selbst gewalttätig durchzuboxen. „Dieser Lernmechanismus, einen Konflikt mit körperlicher Aggression zu lösen, ist ganz fest eingeprägt“, so Hurrelmann. Störungen der Persönlichkeit gehen dabei mit körperlichen und psychischen Misshandlungen einher. „Paradoxerweise fällt ein Mensch mit diesen Vorerfahrungen bei fehlender Souveränität oder instabilen Situationen häufig selbst in bekannte negative Muster zurück.“

Die US-Forscher bemühten sich um eine Aufschlüsselung des Entwicklungsschrittes, der zwischen dem Erleben und dem Selbst-Anwenden von Gewalt steht. In der Praxis sei eine Unterbrechung dieses Teufelskreis am ehesten durch eine andere Erfahrung möglich, betont Hurrelmann. „Jugendliche brauchen in der Schule Erfahrungen, in der Verhalten, das Konflikte provoziert, auf klare und strenge Umgangsregeln trifft.“ Sofortige und klare Reaktionen in Form von angemessenen, gewaltfreien Strafen seien hier entscheidend für die Erfahrung „So geht es auch.“

Neben dem familiären Umfeld beeinflussen auch andere Faktoren die Gewaltbereitschaft, Hurrelmann nennt als Beispiele Mutproben in Gleichaltrigengruppen oder der häufige Konsum medialer Darstellungen von Gewalt. Aufgrund der technischen Möglichkeiten des Internets, Videoaufnahmen von Gewalthandlungen einer breiten Masse zu zeigen, hätten spektakuläre und extreme Formen der Gewalt in den letzten Jahren zugenommen. Das gelte jedoch nicht für die Gewalt unter Jugendlichen allgemein: In den Statistiken wie auch in der vermuteten Dunkelziffer sei die Gewalttätigkeit bei Jugendlichen im Abnehmen, so der Jugendforscher abschließend.

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Johannes Pernsteiner pressetext.austria

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