Führungskräfteumfrage analysiert die wirtschaftliche Bedeutung der Unruhen in der arabischen Welt für deutsche Unternehmen

– Rund 43 Prozent der befragten Unternehmen sind in Nordafrika und Nahost tätig; 21,9% von ihnen beziehen Rohstoffe und Zulieferprodukte aus der Region, 18,8% produzieren vor Ort

– Über 70 Prozent der Umfrageteilnehmer sind von den Unruhen nicht direkt betroffen; 16,7 Prozent der Unternehmen haben dagegen ihre Wachstumspläne auf Eis gelegt

– Drei mögliche Szenarien zur wirtschaftlichen Entwicklung in der arabischen Welt: Über 53 Prozent der Führungskräfte gehen vom milden „Sandsturm“-Szenario aus

– Das von Roland Berger entworfene „3×3“-Konjunkturszenario für Deutschland gilt trotz der Unruhen in den arabischen Ländern unverändert Aus Anlass der politischen Umwälzungen in den arabischen Ländern hat Roland Berger Strategy Consultants eine Umfrage unter 100 Führungskräften in deutschen Unternehmen durchgeführt. Ziel war, die Auswirkungen der Unruhen in Nordafrika und Nahost auf die deutsche Wirtschaft und damit auf das erst vor wenigen Wochen von Roland Berger entworfene „3×3-Konjunkturszenario“ zu analysieren.

In diesem hatte die Strategieberatung für Deutschland nach 3,6 Prozent Wirtschaftswachstum 2010 auch für die Jahre 2011 und 2012 jeweils eine Drei vor dem Komma prognostiziert. Ergebnis der Umfrage: Rund 43 Prozent der befragten Unternehmen unterhalten starke geschäftliche Beziehungen mit den MENA-Ländern (Middle East and North Africa), vor allem mit Ägypten, den Emiraten, Saudi-Arabien und Bahrain. Die meisten der Befragten sehen sich aber von den Unruhen nicht direkt betroffen und erwarten weiter eine positive Entwicklung. Auch Roland Berger geht davon aus, dass die Auswirkungen auf die deutsche Konjunktur gering sein werden und bekräftigt daher das 3×3-Szenario.

Wie sich die MENA-Region langfristig entwickeln könnte, beschreiben die von Roland Berger erarbeiteten Szenarien „Oase“, „Sandsturm“ und „Wüste“.

„Die meisten Analysen der aktuellen Lage in der MENA-Region befassen sich mit den politischen Ereignissen vor Ort“, sagt Prof. Dr. Burkhard Schwenker, Chairman von Roland Berger Strategy Consultants. „Mit unserer Umfrage unter deutschen Führungskräften möchten wir den Blick auf die wirtschaftlichen Folgen dieser Krise ausweiten. Denn die arabischen Länder spielen sowohl als wichtige Öllieferanten als auch als Absatzmärkte für deutsche Waren und Dienstleistungen eine zunehmend wichtige Rolle für die Entwicklung unserer Wirtschaft.“

Rund 43 Prozent der von Roland Berger befragten Unternehmen sind in Nordafrika und Nahost tätig – vor allem in Ägypten, den Emiraten, Saudi Arabien und Bahrain. Noch wesentlich höher ist der Anteil jener deutschen Unternehmen (75 Prozent), die ihre Waren und Dienstleistungen in der MENA-Region verkaufen. So wundert es nicht, dass fast 27 Prozent der Umfrageteilnehmer den MENA-Staaten heute schon eine sehr hohe wirtschaftliche Bedeutung beimessen. Für die Zukunft erwartet sogar die Hälfte der Befragten, dass die arabischen Ländern für sie eine wichtige Rolle spielen werden.

Begrenzte Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft

Die Folgen der aktuellen politischen Umwälzungen in der MENA-Region halten sich für deutsche Unternehmen momentan in Grenzen: Über 70 Prozent der befragten Führungskräfte geben an, von den Unruhen nicht direkt betroffen zu sein. Allerdings ist der Geschäftsbetrieb in den arabischen Ländern für über 17 Prozent der Befragten in den letzten Wochen schwieriger geworden; rund zehn Prozent von ihnen mussten gar ihren Betrieb vor Ort unterbrechen. Und auch die Investitionspläne werden im Moment zurückgefahren: 16,7 Prozent der Umfrageteilnehmer geben an, dass sie ihre Wachstumsstrategie in der MENA-Region vorerst auf Eis gelegt haben.

„Eine gewisse Unsicherheit über die künftige Entwicklung in den Krisenländern macht sich derzeit unter deutschen Unternehmen breit“, sagt Schwenker. „Selbst wenn die aktuellen geschäftlichen Beziehungen unproblematisch laufen, zeigen sich Unternehmen eher vorsichtig, wenn es darum geht, ihr Geschäft vor Ort auszubauen. Die weitere Entwicklung der Lage in den arabischen Ländern und insbesondere die Frage, was in Saudi-Arabien, dem rohstoffreichen Schlüsselland der Region, passiert, wird die Wachstumsstrategien deutscher Unternehmen für diese Region entscheidend beeinflussen.“

Kurzfristig erwarten die befragten Führungskräfte keine Stabilisierung der Lage in der MENA-Region. Über 86 Prozent von ihnen gehen eher davor aus, dass sich die Proteste auf weitere Länder ausweiten werden; 49,3 Prozent fürchten sogar eine Ausweitung der Unruhen außerhalb der MENA-Region. Knapp 55 Prozent gehen davon aus, dass auch Saudi-Arabien bald von den Protesten betroffen sein könnte. Kurzfristig negative Auswirkungen auf das deutsche Wirtschaftswachstum erwarten 70,3 Prozent der befragten deutschen Führungskräfte.

Drei Szenarien für die Wirtschaftsentwicklung in MENA

Auf Basis umfangreicher Analysen hat Roland Berger Strategy Consultants drei mögliche Szenarien für die Wirtschaftsentwicklung der MENA-Region in den kommenden Jahren entworfen:

Szenario 1 – „Oase“

Das „Oase“-Szenario geht von einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung aus. Neue demokratische Strukturen etablieren sich in vielen Teilen der MENA-Region als Folge der aktuellen Unruhen; ein neuer kaufkräftiger Mittelstand entsteht, das Bildungsniveau steigt und die Arbeitslosigkeit geht zurück. Dies sorgt für eine positive Wachstumsdynamik in den arabischen Ländern und eröffnet neue Chancen für deutsche Unternehmen, die vor Ort tätig sind.

Szenario 2 – „Sandsturm“

Das „Sandsturm“-Szenario beschreibt eine Entwicklung, die wie ein Sandsturm vieles aufwirbelt, aber letztlich nicht zu grundlegenden Veränderungen führt. Weder ändern sich die Machtstrukturen, noch führen die Unruhen zu einer nachhaltigen Lösung der regionalen Probleme – aber auch nicht zu einer Verschärfung. Für deutsche Unternehmen bedeutet das, dass sie nach den Unruhen relativ schnell wieder zum Business as usual zurückkehren und weiterhin am Wachstum der MENA-Region teilhaben können.

Szenario 3 – „Wüste“

Das „Wüste“-Szenario prognostiziert dagegen eine deutlich negative Entwicklung – sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Die Proteste greifen auf die gesamte MENA-Region über, soziale Spannungen verschärfen sich, auf autoritär geführte Regierungen folgen Chaos und eine zunehmende Islamisierung. Perspektivlosigkeit macht sich insbesondere unter der jungen Bevölkerung breit, viele verlassen als Flüchtlinge die Region gen Europa. Als Folge der dramatischen Lage wenden sich deutsche Unternehmen zunehmend von der MENA-Region ab.

Mehrheit erwartet positive Entwicklung

Die Ergebnisse der Umfrage von Roland Berger zeigen, dass die deutschen Führungskräfte eher von einer positiven Entwicklung in der MENA-Region ausgehen. So halten 31 Prozent der Befragten das optimistische „Oase“-Szenario für am wahrscheinlichsten. 53,6 Prozent erwarten eine Entwicklung, wie sie im „Sandsturm“-Szenario beschrieben wird – was für deutsche Unternehmen nichts anderes bedeutet als weiterhin jährliche Wachstumsraten von 4,5 Prozent und mehr pro Jahr.

„Der Optimismus deutscher Führungskräfte bestärkt uns in unserer Überzeugung, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden Jahren weiter wachsen wird“, sagt Schwenker. „Die Entwicklung in den arabischen Staaten müssen wir im Auge behalten, aber das geringe deutsche Handelsvolumen mit der MENA-Region und die wohl durchdachten Krisenreaktionen deutscher Unternehmen stimmen mich positiv. Unser 3×3-Wachstumsszenario für Deutschland gilt weiterhin: Deutschland wird nach 3,6 Prozent Wachstum im vergangenen Jahr auch 2011 und 2012 mit über 3 Prozent wachsen.“

Das Szenario-Update 2011 ist in der Reihe „think:act CONTENT“ erschienen. Sie können es kostenfrei herunterladen unter: http://www.rolandberger.com/pressreleases

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Roland Berger Strategy Consultants, 1967 gegründet, ist eine der weltweit führenden Strategieberatungen. Mit rund 2000 Mitarbeitern und 39 Büros in 27 Ländern ist das Unternehmen erfolgreich auf dem Weltmarkt aktiv. Die Strategieberatung ist eine unabhängige Partnerschaft im ausschließlichen Eigentum von rund 200 Partnern.

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Susanne Horstmann presseportal

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