Forschungsschwerpunkt Medienkonvergenz untersucht Rolle des Internets für Entwicklung Jugendlicher

Wohl kein Medium prägt Kinder und Jugendliche in der heutigen Zeit stärker als das Internet. Videoblogger und YouTuber sind die neuen Stars in den Kinderzimmern und verdrängen das Fernsehen in seiner Rolle als unangefochtenes Unterhaltungsmedium Nummer eins.

Facebook, Twitter und WhatsApp stellen zunehmend die soziale Kommandozentrale des Alltagslebens dar und haben sich für viele Jugendliche zu einer festen Konstante in der Kommunikation mit der Peergruppe entwickelt.

Diese neuen Möglichkeiten der interaktiven Online-Kommunikation haben das Leben und die Erfahrungswelt von Kindern und Jugendlichen auf vielfältige Weise verändert und bereichert: Nie war es für Heranwachsende einfacher, ihren Wissenshunger zu stillen oder sich auch die entlegensten Teile der Welt über das Internet zu erschließen.

Das Netz eröffnet bisher ungekannte Möglichkeiten der Pflege von Freundschaften und des Austauschs mit Gleichaltrigen. Die Selbstdarstellung im Internet leistet einen wichtigen Beitrag zur Identitätsarbeit und Aushandlung der eigenen Einstellungen und Weltsicht. Die Nutzung des Internets und sozialer Medien ist somit eine wichtige Quelle der Befriedigung zentraler psychologischer Bedürfnisse junger Nutzerinnen und Nutzer.

Diesem positiven Potenzial des Internets stehen allerdings zahlreiche Gefahren und Risiken entgegen, etwa die Konfrontation mit Pornografie und Gewalt oder Cybermobbing und Aggression im Netz. Statt freier Identitätsentfaltung drohen durch verzerrte Vorbilder im Internet möglicherweise negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Jugendlichen, etwa in Form von übersteigerten Körperidealen oder unkritischem Umgang mit Drogen und Alkohol. Verlieren Jugendliche die Kontrolle über die eigene Internetnutzung, drohen Abhängigkeit, Isolation und der Einbruch schulischer Leistung.

Wie Kinder und Jugendliche diese Gratwanderung aus Chancen und Risiken der
„Always-On“-Gesellschaft bewältigen und welche Wirkungen das Internet auf ihre Persönlichkeitsentwicklung, ihre psychologische Gesundheit und ihr Wohlbefinden hat, ist in vielen Punkten noch völlig unklar. Diesen Fragen widmet sich ein aktuelles Forschungsprojekt des Forschungsschwerpunkts Medienkonvergenz an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU).

In einer repräsentativen Studie mit mehr als 3.000 Schülerinnen und Schülern der 5. und 10. Klassen an rund 30 Schulen in Rheinland-Pfalz werden die Effekte der Internetnutzung im Längsschnitt untersucht und die Teilnehmer über einen Zeitraum von 24 Monaten insgesamt dreimal befragt. Beteiligt an der Durchführung der Studie sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Publizistik, der Arbeitsgemeinschaft Medienpädagogik und der Ambulanz für Spielsucht der Klinik für Psychosomatische Medizin an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Damit bündelt das Projekt die umfassende – in Mainz einzigartig vertretene – Expertise zu diesem hochaktuellen Thema.

„Die Studie bietet uns die faszinierende Chance, eine Kohorte von Jugendlichen über zwei Jahre zu begleiten und den Stellenwert des Internets in der spannenden Phase der Adoleszenz zu erforschen“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Birgit Stark, Sprecherin des Forschungsschwerpunkts Medienkonvergenz. „Wir erhoffen uns durch die Daten einen bisher einmaligen Einblick in das Zusammenspiel der Internetnutzung und der psychologischen und persönlichen Entwicklung von Jugendlichen.“

Schon die Ergebnisse einer früheren Repräsentativbefragung des Forschungsschwerpunkts aus dem Frühjahr 2014 verdeutlichen die zentrale Rolle des Internets im Leben der Deutschen. Damals wurden 2.572 Personen im Alter zwischen 14 und 95 Jahren zu ihren Erfahrungen mit dem Internet befragt.

„Die Ergebnisse unserer repräsentativen Vorstudie zeigen deutlich, dass viele Nutzerinnen und Nutzer das Internet insgesamt als Bereicherung des Lebens wahrnehmen, gleichzeitig aber Themen wie digitaler Stress und der wachsende Zwang zur ständigen Verfügbarkeit für einen zunehmenden Teil der Bevölkerung eine Belastung darstellen. Unsere nun laufende Längsschnittstudie wird interessante Antworten auf die Frage liefern, wie junge Nutzer, die ganz selbstverständlich mit dem Internet aufwachsen, mit diesen Herausforderungen umgehen“, so Prof. Stark. Die erste Welle der Datenerhebung läuft derzeit, mit detaillierten Ergebnissen ist im Herbst 2015 zu rechnen.

Die Längsschnittstudie wird vom Forschungsschwerpunkt Medienkonvergenz der Johannes Gutenberg-Universität Mainz gefördert. Ziel des interdisziplinären Forschungsschwerpunkts ist es, die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der aktuellen Medienevolution, ihre kulturellen Potenziale und kreativen Möglichkeiten kritisch zu erfassen und wissenschaftlich aufzuarbeiten.

Die durch die Medienkonvergenz induzierten Veränderungsprozesse können nur im interdisziplinären Verbund adäquat erforscht werden. Entsprechend kooperieren im Forschungsschwerpunkt die geistes- und die sozialwissenschaftlich orientierten Medienfächer der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Buchwissenschaft, Journalistik, Publizistik, Film- und Theaterwissenschaft, Neurolinguistik) mit Medienrecht, Medienpädagogik, Medienkunst sowie Medienökonomie und Suchtmedizin.

Weitere Informationen zur Studie im Internet:
https://www.medienkonvergenz.uni-mainz.de/forschung/schuelerbefragung-always-on/

Kontakt:
Juniorprof. Dr. Leonard Reinecke
Institut für Publizistik
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel. 06131 39-28319
Fax 06131 39-24239
E-Mail: leonard.reinecke@uni-mainz.de
http://www.ifp.uni-mainz.de/

Dipl.-Psych. Kai W. Müller
Sabine M. Grüsser-Sinopoli-Ambulanz für Spielsucht
Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55131 Mainz
Tel. 06131 17-4039
E-Mail: kai.mueller@unimedizin-mainz.de
http://www.unimedizin-mainz.de/psychosomatik/patienten/behandlungsangebote/ambul…

https://www.medienkonvergenz.uni-mainz.de/forschung/schuelerbefragung-always-on/ – Schülerbefragung „always on“ – Längsschnittstudie zur Mediennutzung

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Petra Giegerich idw - Informationsdienst Wissenschaft

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