Familie 2008 – Viel beachtet, wenig geschätzt?

60% der Väter würden gerne mehr Zeit mit ihren Kindern statt bei der Arbeit verbringen/ 35% finden, dass Deutschland kein gutes Land für Familien ist/ 65% monieren ein verzerrtes Familienbild in der Öffentlichkeit

Mangelnde Betreuungsplätze, Bildungsmisere, Erziehungsnotstand, Verwahrlosung: Öffentlichkeit und Politik, so scheint es, sorgen sich zunehmend um Deutschlands Kinder. Doch wie geht es eigentlich denen, die die Entwicklung der Kinder am meisten prägen – den Müttern und Vätern? „Viele Eltern haben den Eindruck, vor allem als überforderte Problemgruppe wahrgenommen zu werden“, sagt ELTERN-Chefredakteurin Marie-Luise Lewicki. „Sie fühlen sich enorm unter Druck und zu wenig geschätzt mit dem, was sie tagtäglich leisten.“

Im Auftrag der Zeitschrift ELTERN hat forsa jetzt 1.014 Mütter und Väter von Kindern unter 11 Jahren repräsentativ nach ihrem Lebensgefühl befragt: Fühlen sie sich vom Staat unterstützt? Sind sie mit der Arbeitsverteilung in ihrer Familie zufrieden? Kommen sie mit der Kindererziehung klar? Haben sie ausreichend Geld? Und genug Zeit? Was macht sie glücklich?

Erfreulich: Eltern haben keine Angst vor dem Erziehen TV-Nannys mögen etwas anderes vermitteln, die Studie jedoch zeigt: Die meisten Mütter und Väter in Deutschland (47%) haben eine klare Vorstellung von der Erziehung ihrer Kinder und setzen diese auch oft problemlos um. 41% haben zwar ab und zu Zweifel, finden dann aber Rat bei Freunden oder in Erziehungszeitschriften. Nur 5% geben an, schon einmal professionelle Hilfe bei Erziehungsexperten gesucht zu haben.
Besonders junge Eltern mit kleinen Kindern zeigen sich selbstbewusst:
54% der 18- bis 29-Jährigen sagen: Erziehungsfragen sind bei uns kein Problem.
Unbefriedigend: Fast die Hälfte der Mütter würde gerne mehr arbeiten Mütter fühlen sich immer noch mehr für die Kinder und deren Betreuung zuständig als Väter. Sie versuchen auch häufiger, den Spagat zwischen Beruf und Familie zu meistern – daran hat sich trotz Elterngeld und bezahlter Vätermonate bislang noch nicht viel geändert. So finden 44% der Frauen (Männer: 30%), dass es oft schwierig ist, Beruf und Kinder zu vereinbaren. Ebenso viele Frauen (44%) würden gern mehr in ihrem Beruf arbeiten, haben aber keine befriedigende Betreuungslösung.

Immerhin 60% der von forsa befragten Männer würden sich mehr gemeinsame Zeit mit ihren Kindern wünschen, bemängeln aber, dass die Arbeitswelt dafür kein Verständnis hat.

Überraschend: Mit ihrer Rollenverteilung sind die meisten Paare zufrieden Ein Viertel der Befragten (24%) findet das klassische Rollenmodell am besten, bei der der Vater berufstätig ist und die Kinder von der Mutter versorgt werden. Die meisten Eltern (62%) bevorzugen jedoch prinzipiell ein Modell, bei dem beide berufstätig sind und sich beide gleichermaßen um die Kinder kümmern.

Überraschend ist dabei, dass diese Aufgabenverteilung nur bei knapp einem Drittel (29%) der Realität entspricht. Im Westen sind es mit 27% sogar noch weniger, im Osten deutlich mehr (40%). Aus Mangel an realisierbaren Möglichkeiten sehen Eltern diese Diskrepanz aber offenbar pragmatisch: 62% der Männer und 43% der Frauen geben an, sehr zufrieden mit ihrer jetzigen Aufteilung zu sein.

Traurig: Eltern finden, sie sind in Deutschland arm dran Elterngeld, Kinderzuschlag, Splitting – insgesamt gibt es für Familien mehr als 150 familienbezogene Leistungen. Diese scheinen jedoch bei den Familien nicht anzukommen, zumindest nicht im Bewusstsein. Denn mehr als drei Viertel der Befragten haben ganz oder überwiegend das Gefühl, dass man als Eltern in Deutschland draufzahlt. 44% meinen außerdem, sie müssten wegen der Kinder auf vieles verzichten – davon sogar noch mehr im Westen (47%). Im Osten empfinden dies nur 33% so, obwohl dort die Einkommen niedriger sind und die Arbeitslosigkeit höher.

Mehr als ein Drittel (35%) findet, dass man in Deutschland mit Kindern nicht gut leben kann. Die Ursachen liegen vor allem in der finanziellen Belastung:

90% von ihnen finden die Lebenshaltungskosten zu hoch, 82% bemängeln, dass der Staat Familien in Deutschland finanziell zu wenig entlastet. Zu wenige oder nicht ausreichend flexible Kinderbetreuungsmöglichkeiten sind für 75% von ihnen eine Ursache.

57% finden, dass Kinder in Deutschland ein Armutsrisiko darstellen.
60% aller 1.014 befragen Eltern haben sogar die Befürchtung, dass es ihren Kindern später finanziell schlechter gehen wird als ihnen selbst heute. Besonders die jungen Eltern zwischen 18 und 29 Jahren sind in diesem Punkt pessimistisch (65%).

Ärgerlich: 65% monieren ein verzerrtes Familienbild in der Öffentlichkeit Der größte Teil der Befragten (72%) räumt ein, dass die schwierige Lage von Familien mittlerweile ins Bewusstsein der Öffentlichkeit vorgedrungen ist. Viele Eltern (65%) fühlen sich jedoch von der öffentlichen Meinung in Sippenhaft genommen und kritisieren, dass in der öffentlichen Darstellung zu schnell Rückschlüsse von negativen Einzelfällen auf alle Eltern gezogen werden. Eltern haben zwar das Gefühl, dass das Thema Familie in den Medien zwar häufiger als noch vor ein paar Jahren auftaucht, fast zwei Drittel (63%) finden jedoch, dass über Familien überwiegend in negativen Zusammenhängen berichtet wird, zum Beispiel über misshandelte Kinder und überforderte Eltern.

Schön: Kinder bedeuten für ihre Eltern Fortschritt und Entwicklung Trotz der Schwierigkeiten sehen die meisten Mütter und Väter aber auch, dass für ein Leben mit Kindern viele gute Gründe sprechen. Für mehr als die Hälfte der Befragten (60%) ist das Schönste am Leben mit Kindern, dass sie sehen können, wie sich ihr Nachwuchs entwickelt. 36% finden, dass sie durch die eigenen Kinder viel über sich selbst lernen und sich mit ihnen weiterentwickeln. Für knapp ein Drittel (30%) ist das Gefühl geliebt und gebraucht zu werden das Schönste am Elternsein.

Die komplette Studie mit allen Ergebnissen ab sofort auf www.eltern.de/umfrage.

Zur Studie: Repräsentative Befragung von 1.014 erziehungsberechtigten Eltern (45% Männer, 55% Frauen) zwischen 18 und 60 Jahren mit Kindern unter 11 Jahren in Deutschland. Befragungszeitraum: 24. Juni bis 3. Juli 2008, Institut: forsa.

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Eva Kersting presseportal

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