Elektrische Hirnstimulation reduziert Appetit und Nahrungsaufnahme ohne Diät

Prof. Dr. Kerstin M. Oltmanns Uni Lübeck

Eine wiederholende elektrische Stimulation des Gehirns kann sowohl die Kalorienaufnahme um 14 Prozent als auch das Appetitempfinden verringern.

Zu diesem Ergebnis kommt eine wissenschaftliche Studie, die eine Lübecker Forschergruppe um Prof. Dr. Kerstin M. Oltmanns durchgeführt hat. Die Studie wurde jetzt im renommierten „The American Journal of Clinical Nutrition“ veröffentlicht. Erstautorin ist Priv.-Doz. Dr. Kamila Jauch-Chara.

Die elektrische Stimulation des Gehirns durch den Schädel (transkraniell) ist eine nicht-invasive Methode, die bereits zur Behandlung von psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen begleitend klinisch eingesetzt wird. Es gab aber auch bereits Hinweise, dass diese Art der Hirnstimulation ebenfalls das subjektive Verlangen nach Essen reduzieren kann.

Insbesondere das Areal 46 der Großhirnrinde, der dorsolaterale präfrontale Kortex (DLPFC), spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle in der Regulation von Appetit und Nahrungsaufnahme. Die Forscherinnen und Forscher der Sektion Psychoneurobiologie an der Universität zu Lübeck (Leitung: Prof. Dr. Kerstin Oltmanns) vermuteten daher, dass die wiederholte elektrische Stimulation des rechten DLPFC zu einer Abnahme der Nahrungsaufnahme beim Menschen führt.

In einer einfachblinden, Placebo-kontrollierten, randomisierten und balancierten Crossover-Studie wurden 14 junge Männer mit einem Body-Mass-Index (BMI) zwischen 20 und 25 über einen Zeitraum von acht Tagen mit einer täglichen Gleichstromanwendung (transcranial direct current stimulation, tDCS) oder einer Placebo-Bedingung stimuliert. Am ersten und letzten Tag der Untersuchung durften die Probanden von einem standardisierten Test-Buffet ohne Limitierung essen.

Die Studie ergab, dass die tägliche elektrische Stimulation des Hirns über den Zeitraum von einer Woche zu einer deutlich verringerten Kalorienaufnahme um 14 Prozent im Vergleich zur Kontrollbedingung führte. In einem Selbsteinschätzungs-Appetit-Test führte sie außerdem zu einem verringerten Punktwert.

Prof. Dr. Kerstin Oltmanns schätzt die Bedeutung dieser Untersuchung wie folgt ein: „Unsere Studie zeigt eine vielversprechende Möglichkeit, mittels Gleichstromstimulation des rechten DLPFC sowohl die Kalorienaufnahme als auch den Appetit zu reduzieren.

Dies wäre im Kontext von Übergewicht und Adipositas ein völlig neuer Therapieansatz, der gänzlich ohne Diät und Sportprogramm auskommt. Eine sehr verlockende Perspektive. Allerdings müssen wir zunächst einmal in einer Folgestudie nachweisen, dass es bei übergewichtigen Menschen auch tatsächlich zu einer Gewichtsabnahme kommt.“

Die Studie wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert.

Publikation:
Jauch-Chara K, Kistenmacher A, Herzog N, Schwarz M, Schweiger U, Oltmanns KM: Repetitive electric brain stimulation reduces food intake in humans. Am J Clin Nutr. 2014 Aug 6;100:1-7. pii: ajcn.075481.

Media Contact

Rüdiger Labahn idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer