DGIM-Survey belegt: Deutschland fehlen Intensivmediziner

Teams auf Intensivstationen versorgen immer schwerere Fälle. Diesen hohen Anforderungen an Ärzte genügt die intensivmedizinische Ausbildung im Rahmen der Facharztausbildung zum Internisten nicht mehr.

Darauf weisen Experten der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) e. V. angesichts einer aktuellen Studie der DGIM hin. Demnach fehlen allein auf den internistischen Intensivstationen 400 Ärzte mit einer entsprechenden Zusatzqualifikation.

Medizinisch-technischer Fortschritt und zunehmendes Alter der Patienten haben in den letzten 20 Jahren dazu geführt, dass intensivmedizinische Verfahren immer komplexer und spezialisierter geworden sind: Intensivmedizin verlängert das Leben immer älterer und schwerer erkrankter Menschen mit zahlreichen Risikofaktoren und Komplikationen.
„Die intensivmedizinische Behandlung akuter Funktionsstörungen innerhalb der ersten Stunden und Tage des Patienten in der Klinik ist entscheidend für den weiteren Krankheitsverlauf und oft dessen Überleben“, betont Professor Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der DGIM aus Kiel. Diese Akutbehandlung erfordere, dass unter Leitung eines Arztes mit der Zusatzbezeichnung Internistische Intensivmedizin ausreichend Ärzte und entsprechend qualifizierte Pflegekräfte rund um die Uhr zur Verfügung stehen.

„Die Behandlung schwerkranker Patienten auf dem neuesten Stand der Medizin, Pharmakologie und Technik setzt umfassendes Wissen voraus“, sagt Professor Dr. Tobias Welte aus Hannover, der seit dem Jahr 2009 Vorsitzender der Task-Force internistische Intensivmedizin der DGIM ist.

Unter Leitung des Pneumologen und Intensivmediziners von der Medizinischen Hochschule Hannover hat die Task Force jetzt die Struktur der internistischen Intensivmedizin in Deutschland untersucht und die Ergebnisse im „Survey Internistische Intensivmedizin“ veröffentlicht. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Auf etwa einem Drittel der Intensivstationen für Innere Medizin ist kein ausreichend qualifizierter Arzt verfügbar.

„Nach unseren Berechnungen fehlen mehr als 400 qualifizierte Intensivmediziner allein in diesem Bereich“, erläutert Professor Welte. Und da es in über 40 Prozent der Kliniken keine zur Weiterbildung ermächtigten Ärzte gebe, könne der Mangel in absehbarer Zeit auch nicht behoben werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin fordert deshalb, dass mehr Weiterbildungsstellen geschaffen werden. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Gesetzgeber ab 2013 die kontinuierliche, 24-stündige Patientenüberwachung und Behandlungsbereitschaft von intensivpflichtigen Patientinnen und Patienten nach Operationen nur noch erstattet, wenn ein Facharzt mit der Zusatzbezeichnung Intensivmedizin die Station leitet. In der Übergangszeit ist Flexibilität angesagt: „Krankenhäuser werden nach intelligenten Kooperationsmöglichkeiten suchen müssen, sonst drohen massive finanzielle Einbußen“, so DGIM-Experte Welte.
Intensivstationen müssten sowohl innerhalb eines Hauses als auch innerhalb von Städten und Regionen zusammenarbeiten, um überall die geforderte Qualifikation vorzuhalten. Solange sollten die verschiedenen internistischen Fachgebiete ihre Kräfte bündeln und gemeinsam Konzepte für die Fort- und Weiterbildung sowie Qualitätssicherung der Zusatzbezeichnung Intensivmedizin erarbeiten, empfiehlt die DGIM.

Literatur:
Survey Internistische Intensivmedizin – Struktur der stationären Versorgung und Leistungsangebote der Internistischen Intensivmedizin in Deutschland; Tobias Welte#, Hendrik Lehnert*, Jürgen Schölmerich* und Michael Buerke# für die Task-Force Intensivmedizin der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)
# Deutsche Gesellschaft für internistische Intensiv- und Notfallmedizin; * Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin; Deutsche Medizinische Wochenschrift 2012; 137: DOI 10.1055/s-0032-1327243

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