Wie sich in Deutschland der Einsatz erneuerbarer Energien entwickelt

In den vergangenen 20 Jahren konnten in Deutschland zuvor nicht für möglich gehaltene Wachstumsquoten in den Branchen der erneuerbaren Energien im Stromsektor umgesetzt werden. Das Forschungsprojekt „Innovationsbiographie der erneuerbaren Energien“ untersuchte in einer Querschnittsstudie rückblickend die Innovationsverläufe der erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung:

Biogasverstromung, Photovoltaik, Windenergie, Tiefengeothermie und Wasserkraft. Die Studie, die unter Leitung von Prof. Dr. Johann Köppel und Dr. Susanne Schön von der TU Berlin durchgeführt und vom Bundesumweltministerium gefördert wurde, gibt Aufschluss darüber, welche zentralen Einflussfaktoren und Akteure auf den Innovationsprozess der erneuerbaren Energien fördernd – oder auch hemmend – einwirkten.

Betrachtet wurde der Zeitraum von 1970 bis zur Gegenwart mit einem Fokus auf die Zeit ab 1990. Die einzelnen Sparten der erneuerbaren Energien im Stromsektor weisen „individuelle“ Innovationsbedingungen, Verläufe und Dynamiken auf. Auch verlaufen Innovationsprozesse nicht stetig beziehungsweise linear, sondern weisen Brüche und Entwicklungsknicks auf. Auf Phasen hoher Innovationsdynamik können Phasen der Stagnation oder Krisen folgen, die eine Herausforderung für die Steuerung darstellen. Bei der Biogasnutzung zum Beispiel liegt die erste Aufbruchphase in den Jahren von 1991 bis 1999, zwischen 2004 und 2006 ist ein regelrechter Boom zu verzeichnen, auf den im Jahr 2007 ein Einbruch folgt. Seit 2008 verzeichnen die Forscher eine Wiederbelebung. Für die Photovoltaik registrieren die Wissenschaftler seit 1999 eine stetige Entwicklung nach oben, der in den Jahren 1986 bis 1991 ein Rückzug der industriellen Forschung und Entwicklung in diesem Sektor vorausgegangen war.

Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens beleuchten die Vielschichtigkeit und das Auf und Ab von Innovationsverläufen der erneuerbaren Energien. Die Erfolge sind Ergebnis einer Koordinationsleistung staatlicher, privater und gesellschaftlicher Akteure. Auch übergeordnete Rahmenbedingungen, technische Voraussetzungen oder gesellschaftliche Einflüsse spielten im Sektor der erneuerbaren Energien eine entscheidende Rolle. Auf Seiten der Politik ist daher systemisches Denken und Handeln gefragt. Nur dann können Wirkungszusammenhänge zwischen den unterschiedlicher Einflussfaktoren erkannt, interpretiert und durch adäquate Maßnahmen politisch gesteuert werden.

„Für die weitere Expansion der flukturierenden Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stellt sich auch die Frage, ob die Strategie der Integration erneuerbarer Energien in das bestehende System der richtige Weg ist oder ob nicht vielmehr eine grundlegende Transformation des Energieversorgungssystems Voraussetzung für eine hohen Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung ist“, sagt Johann Köppel. Sein Team (Dr. Elke Bruns, Dr. Dörte Ohlhorst und Dr. Bernd Wenzel) kommt zu dem Ergebnis, dass in Zukunft eine Transformation des gesamten Energiesystems erforderlich ist, um langfristig zu einer nachhaltigen Energieversorgung mit hohen Anteilen an erneuerbaren Energien zu kommen. Wenn langfristig in Deutschland ein Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien im Bereich von 80 bis 100 Prozent angestrebt werde, so Köppel weiter, erfordere dies völlig andere Netz- und Regelungsbedingungen. Die Politiker stünden vor der Aufgabe, den institutionellen Rahmen schrittweise an die Diffusion der erneuerbaren Energien anzupassen, um die Entwicklung des technischen Innovations- und Diffusionsgeschehen gegenüber den Widerständen etablierter Systeme mit starkem Beharrungsvermögen abzusichern.

Das Forschungsprojekt wurde von 2007 bis 2010 mit insgesamt 470.000 Euro gefördert.

Die Studie ist im Universitätsverlag der TU Berlin erschienen:
Elke Bruns, Dörte Ohlhorst, Bernd Wenzel, Johann Köppel: Erneuerbare Energien in Deutschland – Rückblick und Stand des Innovationsgeschehens, Universitätsverlag der TU Berlin 2010, ISBN: 978-3-7983-2201-1
Aufgrund des hohen internationalen Interesses ist 2011 eine überarbeitete und leicht aktualisierte englischsprachige Fassung im Wissenschafts-Verlag Springer erschienen:

Elke Bruns, Dörte Ohlhorst, Bernd Wenzel, Johann Köppel: Renewable Energies in Germany’s Electricity Market. A Biography of the Innovation Process

Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr. Johann Köppel, Fachgebiet Umweltprüfung und Umweltplanung, Fakultät VI Planen Bauen Umwelt der TU Berlin, Straße des 17. Juni 145, 10623 Berlin, Tel.: 030/314-22344, E-Mail: johann.koeppel@tu-berlin.de

Die Medieninformation zum Download:
www.pressestelle.tu-berlin.de/medieninformationen/
„EIN-Blick für Journalisten“ – Serviceangebot der TU Berlin für Medienvertreter:
Forschungsgeschichten, Expertendienst, Ideenpool, Fotogalerien unter:
http://www.pressestelle.tu-berlin.de/?id=4608

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