Deutsche Klimabilanz ist nur Mittelmaß

Die EU sieht sich beim Klimaschutz gegenüber China, den USA und anderen Industriestaaten in Führung. Doch sind auch die europäischen Staaten und insbesondere Deutschland noch weit von einer klimaneutralen Emissionsbilanz entfernt, wie aus einer anlässlich des UN-Klimagipfels in Kopenhagen vorgestellten Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hervor geht.

Zwei von PwC entwickelte Indizes zeigen auf, welche Fortschritte die G20-Staaten seit 2000 bei der Absenkung ihrer Treibhausgasemissionen gemacht haben („Low Carbon Achievement Index“) und wie weit die Wegstrecke bis zu einem nachhaltigen Emissionsniveau noch ist („Low Carbon Challenge Index“). Während Deutschland im Achievement-Index besser abschneidet als die meisten anderen Staaten, liegt es im Challenge-Index zurück.

So müsste Deutschland vor dem Hintergrund seiner hohen und auch langfristig wachsenden Wirtschaftsleistung die CO2-Emissionen, die je erwirtschaftetem Bruttoinlandsprodukt anfallen („Carbon Intensity“), bis 2050 um annähernd 90 Prozent senken. Damit steht die deutsche Wirtschaft vor größeren Herausforderungen als die meisten anderen Volkswirtschaften der G20. Im Durchschnitt müssen die 20 größten Industriestaaten ihren CO2-Ausstoß in Relation zur Wirtschaftsleistung um 85 Prozent drosseln.

Im „Low Carbon Challenge Index“ (LCC), der die G20 nach den erforderlichen Verbesserungen der „Carbon Intensity“ gruppiert, rangiert Deutschland unter anderem zwar vor den USA, Russland und dem Vereinigten Königreich, schneidet aber schlechter ab als die EU, Frankreich und sogar China. Dabei spielt das unterschiedliche Ausgangsniveau eine wesentliche Rolle: Im hoch industrialisierten Deutschland entstanden 2008 gut zehn Tonnen CO2 je Einwohner, in China waren es lediglich 4,9 Tonnen.

„Um die Kohlenstoffkonzentration in der Atmosphäre bis Ende des Jahrhunderts auf einem klimaverträglichen Wert zu stabilisieren, sind erheblich größere Anstrengungen notwendig als im vergangenen Jahrzehnt. Allein zwischen 2000 und 2008 hat die Weltbevölkerung bereits ein Fünftel vom bis 2050 zur Verfügung stehenden Emissionsbudget verbraucht. Die Staatengemeinschaft muss sich daher schnell auf eine deutliche Senkung der Emissionen verständigen“, betont Alfred Höhn, Partner im Bereich Public Services bei PwC.

Verlorenes Jahrzehnt

Zwar konnte die Mehrzahl der G20-Staaten seit dem Jahr 2000 ihre CO2-Emissionen relativ zur Wirtschaftsleistung senken. Absolut betrachtet hat sich die Welt in den vergangenen zehn Jahren jedoch weiter von einem nachhaltigen Emissionsniveau entfernt.

Nach anerkannten Klimamodellen ist eine globale Erwärmung über den Schwellenwert von 2 Grad Celsius hinaus nur zu vermeiden, wenn eine Stabilisierung der steigenden Kohlenstoffkonzentration auf einem Niveau von 450 ppm erreicht wird. „Um dieses Ziel zu erreichen, müssten die jährlichen Treibhausgasemissionen bis 2050 halbiert werden – bei einer um voraussichtlich 50 Prozent größeren Weltbevölkerung und um 150 Prozent höheren Wirtschaftsleistung. Pro Kopf entspräche dies einem Rückgang der CO2-Emissionen zwischen 2000 und 2050 von vier Tonnen auf weniger als zwei Tonnen. Tatsächlich stiegen jedoch die Emissionen bis 2008 auf 4,5 Tonnen pro Kopf“, erläutert Dr. Moritz Nill, Emissionsexperte bei PwC.

Um auf dem klimaneutralen Wachstumspfad zu bleiben, hätte die „Carbon Intensity“ zwischen 2000 und 2008 um jährlich zwei Prozent sinken müssen. Erreicht wurde jedoch nur eine Reduzierung um 0,8 Prozent. Kumuliert liegt die „Carbon Intensity“ in der G20 derzeit um zehn Prozent über dem Zielwert. Diese Abweichung entspricht in etwa der Summe der CO2-Emissionen, die in den USA innerhalb von sechs Monaten anfallen.

Russland und Indien erreichen Zielvorgaben

Russland hat im Jahr 2008 in Relation zur Wirtschaftsleistung weniger CO2-Emissionen freigesetzt als erwartet. Damit führt Russland den „Low Carbon Achievement Index“ (LCA) an, gefolgt von Indien. Deutschland erreicht im LCA den sechsten Platz. Hierzulande sank die „Carbon Intensity“ zwischen 2000 und 2008 von 0,32 Kilogramm CO2 je erwirtschaftetem US-Dollar auf 0,28 Kilogramm. Der Zielwert wurde damit um gut sechs Prozent verfehlt.

Am unteren Ende der Rangliste liegen Saudi-Arabien und China. In diesen Ländern ist die „Carbon Intensity“ um annähernd 30 Prozent bzw. gut 15 Prozent zu hoch. So sind in China derzeit 0,83 Kilogramm CO2 erforderlich, um einen US-Dollar zu erwirtschaften – im Jahr 2000 waren es 0,88 Kilogramm. In Saudi-Arabien hat sich die Energieeffizienz sogar verschlechtert. Hier stieg die „Carbon Intensity“ von 0,68 auf 0,77 Kilogramm.

Um die Erderwärmung langfristig zu begrenzen, muss die „Carbon Intensity“ bis 2020 global um 35 Prozent sinken. Diese Marke ist jedoch nur zu erreichen, wenn sich die führenden Industrienationen – USA, China, Indien und die EU – schnell auf verbindliche Emissionsziele einigen. „Je länger die Regierungen zögern, desto schwieriger und schmerzhafter wird es, den Rückstand aufzuholen. Der Gipfel von Kopenhagen muss daher zumindest eine Einigung auf mittelfristige Emissionsbudgets bringen“, so Höhn.

Redaktionshinweis:

Die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist in Deutschland mit 9.000 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von rund 1,37 Milliarden Euro eine der führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für nationale und internationale Mandanten jeder Größe. PwC bietet Dienstleistungen an in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Dienstleistungen (Assurance), Steuerberatung (Tax) sowie in den Bereichen Deals und Consulting (Advisory).

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