Deutsche Computerspieler: viele Gelegenheitszocker, wenige Extremgamer

Computer- und Konsolen-Spiele sind inzwischen in allen Teilen der Gesellschaft zur Normalität geworden: Mehr als ein Viertel der deutschen Bevölkerung greift ab und an zum Controller oder zu Tastatur und Maus. Im Vergleich zur klassischen Mediennutzung nimmt das „virtuelle Daddeln“ jedoch oft nur einen kleinen Teil der Freizeit ein. Vielspieler gibt es zwar auch – diese sind aber in der deutlichen Minderheit. Dies zeigt die repräsentative Hohenheimer Studie GameStat 2011, für die im April und Mai 2011 mehr als 4.500 Spieler telefonisch befragt wurden.

Die aktuellen Ergebnisse der jährlichen Repräsentativbefragung belegen, dass der Anteil an Spielern in der Bevölkerung immer noch zunimmt: Das Forscherteam der Universität Hohenheim ermittelte einen Anteil von 25,2 % Spieler in der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren. Das bedeutet eine nochmalige Steigerung von rund einem Prozent gegenüber den Ergebnissen des Vorjahres.

Viele spielen wenig, wenige spielen viel

„Die durchschnittlichen Nutzungszeiten sind jedoch gering“, so Studienleiter Prof. Dr. Thorsten Quandt. Im Schnitt verbringen Computerspieler knapp 50 Minuten am Tag mit Computer- oder Konsolenspielen. Projektmitarbeiterin Ruth Festl ergänzt: „Die Hälfte der Befragten spielt bis zu 3 Stunden pro Woche, das sind im Schnitt weniger als 30 Minuten am Tag.“ Zum Vergleich: Im Jahr 2010 verbrachten die Bürger in Deutschland täglich 240 Minuten vor dem Fernseher, also mehr als das Sechsfache. Ruth Festl erläutert: „In dieser Hinsicht ist das Computerspielen nicht mit klassischer Medienunterhaltung zu vergleichen. Es nimmt einen anderen Platz im Alltag ein.“

Eine kleine Gruppe der Befragten fällt allerdings aus dem Rahmen des moderaten Spielens: Rund fünf Prozent der Befragten sind Extremspieler. „Diese spielen im Schnitt mehr als 3 Stunden täglich – einzelne auch rund um die Uhr, mit kleinen Essens- und Schlafpausen “, erklärt Studienleiter Quandt.

Was die Häufigkeit und Dauer des Spielens angeht, gibt es klare Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen. Erwartungsgemäß gehören Schüler zu den Vielspielern – knapp zwei Drittel spielen mindestens einmal pro Woche. Doch auch bei den erwachsenen Spielern gibt es eine Gruppe, die ebenso häufig spielt: die Arbeitslosen. Unter diesen finden sich auch besonders viele Dauerspieler: Im Schnitt spielen Arbeitslose mit fast zwei Stunden täglich mehr als doppelt so viel wie der Rest der Bevölkerung. Zudem greifen deutlich mehr als 40 % der arbeitslosen Spieler jeden Tag zu Maus oder Gamepad.

Hohe Nutzungszeiten bei jungen Männern

Obwohl die Unterschiede geringer werden, spielen Frauen und Männer unterschiedlich intensiv. Im Mittel spielen die männlichen Befragten 58 Minuten am Tag, rund 20 Minuten länger als die Spielerinnen. Auch ist der Anteil an Gelegenheitsspielern bei den Frauen höher – fast 30 % spielen seltener als einmal im Monat.

Beim Vergleich der Altersgruppen zeigen sich ebenfalls bekannte Muster. Jugendliche und junge Erwachsene spielen deutlich mehr mit dem Computer als ältere Befragte. Ruth Festl erklärt hierzu: „Für uns ist vor allem die Tatsache interessant, dass die Nutzungsintensität mit dem Alter wieder zuzunehmen scheint. Dieser Trend ist zwar nur andeutungsweise zu erkennen, doch langfristig erwarten wir eine Zunahme der Spielergeneration 65+.“ Dies wäre nicht überraschend: Nutzungsstudien bei traditionellen Medien belegen immer wieder, dass insbesondere die Rentner zu den Vielnutzern gehören.

Computerspieler sind keine ungeselligen Nachteulen

Das Klischee des Computerspielers, der sich die Nächte mit Pizza und Cola um die Ohren schlägt, konnte die Hohenheimer Studie unterdessen nicht bestätigen. Nur ein Zehntel der Befragten gab an, auch nachts zu spielen. Die Hauptspielzeiten finden ganz klassisch nach der Schule oder nach Feierabend statt. Gerade in den Abendstunden wird viel gespielt, entweder als Ersatz für den Fernsehabend oder nebenbei. „Viele Spieler nutzen begleitend andere Medien, so dass sich Spielen, Fernsehen oder Radio hören nicht gegenseitig ausschließen“, so Ruth Festl.

Untersucht wurden auch die Auswirkungen auf den sozialen Alltag der Befragten. Hierzu wurden die 4.500 Spieler mit einer ebenfalls repräsentativen Vergleichsgruppe von 500 Nichtspielern verglichen. Dabei ergaben sich zunächst keine offenkundigen Unterschiede. „Wir fanden weder beim Ausgehen, noch beim Treffen von Freunden, oder beim Besuch kultureller Veranstaltungen auffällige Abweichungen zwischen den beiden Gruppen“, erläutert Studienleiter Quandt. Detailanalysen sollen jedoch folgen – hier erwartet Quandt noch die eine oder andere Überraschung: „Möglicherweise müssen wir uns dann von dem einen oder anderen lieb gewonnen Klischee verabschieden.“

Hintergrund Studie GameStat

Die repräsentative Studie GameStat der Universität Hohenheim wird jedes Jahr durchgeführt und liefert unabhängige Basisdaten zur Nutzung digitaler Spiele. Dieses Jahr wurden 4.500 Spieler telefonisch befragt. Zudem wurden Vergleichsdaten von 500 Nichtspielern erhoben. Weitere Ergebnisse werden auf der Fachkonferenz multi.player (21.-23. Juli 2011) in Hohenheim vorgestellt.

Eine ausführlichere Publikation ist für den Herbst 2011 geplant.

Kontakt für Medien:
Ruth Festl, M.A., Universität Hohenheim, Fachgebiet Interaktive Medien/Onlinekommunikation, Tel.: 0711/459-24477, E-Mail: ruth.festl@uni-hohenheim.de

Prof. Dr. Thorsten Quandt, Universität Hohenheim, Fachgebiet Interaktive Medien/Onlinekommunikation, Tel.: 0711/459-24471; E-Mail: thorsten.quandt@uni-hohenheim.de

Text: Klebs

Media Contact

Florian Klebs idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-hohenheim.de

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