Deutsche Arteriosklerose-Studie: Dicke Kinder haben schlechte Karten

„Übergewicht und Fettleibigkeit führen bereits im frühen Kindesalter zu ausgeprägten Stoffwechsel-Veränderungen und generalisierten Gefäßschäden als Frühform einer Arteriosklerose“, berichtet Priv.-Doz. Dr. med. Sandra Erbs (Klinik für Innere Medizin/Kardiologie, Universität Leipzig – Herzzentrum GmbH) auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC; 28. August bis 1. September) in Stockholm.

Adipöse Kinder weisen häufig eine Fehlfunktion der Blutgefäß-Innenwand („Endotheldysfunktion“) auf, eine krankhafte Dicke der inneren und mittleren Schicht der Gefäßwand der Halsschlagader (Intima Media Dicke), sowie eine eingeschränkte Fähigkeit der so genannten zirkulierenden Endothel-Vorläuferzellen, Blutgefäße zu regenerieren.

Im Rahmen der Leipziger Studie wurden insgesamt 156 Kinder untersucht: 86 adipöse oder übergewichtige mit einem Durchschnittsalter von 12,2 Jahre und einem Durchschnitts-Body-Mass-Index 28.3) sowie 70 normalgewichtige Kontrollkinder. Die Studie ist Teil der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Klinischen Forschergruppe „Atherobesity“. Untersuchungsziel war herauszufinden, inwieweit bereits adipöse oder übergewichtige Kinder von Schädigung der Gefäße betroffen sind.

„Das erklärte Ziel muss sein, effiziente Strategien in Bereich der Primär- und Sekundärprävention bereits in früher Kindheit zu etablieren, um die Häufigkeit der Adipositas zu reduzieren“, folgert Dr. Erbs aus den Studienergebnissen. „Hier sollte neben einer engen Zusammenarbeit mit Kindergärten, Schulen und Eltern nicht nur das Ernährungsverhalten geschult, sondern insbesondere die körperliche Aktivität erhöht bzw. das Freizeitverhalten der Kinder beeinflusst werden.“

Einige Untersuchungsergebnisse im Detail:

* Adipöse oder übergewichtige Kinder sehen im Gegensatz zu Schlanken signifikant mehr Stunden pro Woche TV und sind signifikant seltener in Sport- und Freizeitvereinen engagiert. Dies spiegelt sich in einer eingeschränkten motorischen Funktion, Körperwahrnehmung und Koordination in nahezu allen Teilbereichen wieder. Es zeigte sich, dass die motorische Fähigkeit mit zunehmendem BMI weiter abnahm.

* Der mittlere systolische Blutdruck war unter Alltagsbedingungen bei adipösen Kindern im Mittel um 8 mmHg höher als bei Normalgewichtigen.

* Im oralen Glukosetoleranz-Test ergaben sich bei den adipösen Kindern Hinweise für einen gestörten Glukose-Stoffwechsel als Vorstufe eines Diabetes mellitus.

* Bereits im Alter von 12 Jahren zeigte sich bei adipösen oder übergewichtigen Kindern pathologische Veränderungen der Intima-Media-Dicke der Halsschlagader als prognostischer Marker für die Entwicklung einer Artherosklerose.

* Die Anzahl der endothelialer Progenitorzellen (EPC) war bei den adipösen Kindern im Vergleich zu Normalgewichtigen signifikant reduziert. Aus Studien mit Erwachsenen ist bekannt, dass Anzahl und Funktion der EPC einen engen Zusammenhang mit kardiovaskulären Risikofaktoren zeigen und die Reduktion der EPC zukünftigen kardiovaskulären Ereignissen vorausgeht.

„Weltweit leiden rund eine Milliarde Menschen an Übergewicht und 300 Millionen an Adipositas. Adipositas und Übergewicht stellen somit eine immense sozioökonomische Herausforderung für das Gesundheitswesen dar. Dieses Jahr sind allein in der EU geschätzt 26 Millionen Kinder und Jugendliche übergewichtig“, so Dr. Erbs. „In großen epidemiologischen Studien konnte nachgewiesen werden, dass bei bis zu 50 Prozent der adipösen Kinder bereits ein metabolisches Syndrom vorliegt.“

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Prof. Dr. Eckart Fleck (Pressesprecher der DGK)
Roland Bettschart, B&K – Medien- und Kommunikationsberatung GmbH
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