Chinas Markenpiraterie: Westliche Unternehmen nachlässig

Obwohl Produkt- und Markenpiraterie für Unternehmen westlicher Länder wie Deutschland eines der größten Probleme darstellt, mangelt es nicht nur am Bewusstsein.

Auch wird nach wie vor das vorhandene Instrumentarium zum Schutz vor Verletzung des geistigen Eigentums bei weitem nicht völlig ausgeschöpft. Zu diesem Ergebnis gelangt eine aktuelle Untersuchung der Hochschule Darmstadt. Eines der Versäumnisse ist, dass 65 Prozent aller deutschen Unternehmen, die in China Produkte vertreiben, aus Kostengründen auf die Anmeldung von Schutzrechten verzichten.

So bleibt vielen Unternehmen im Schadensfall praktisch keine Handlungsmöglichkeit. Zur Vorbeugung und späteren Identifizierung von Originalware durch den Zoll können aber auch technische Sicherungsmaßnahmen beitragen.

„Dass das Thema Produkt- und Markenpiraterie aktuell bleibt, ist nicht vorschnell auf die Gesetzgebung in China zurückzuführen. Schließlich hat die Volksrepublik mit ihrem Beitritt zur WTO 2001 die internationalen Regeln des Urheber-, Marken- und Patentrechts übernommen. Vielmehr hapert es an der Umsetzung“, verdeutlicht Rainer Erd, Jurist und Datenschutzbeauftragter der Hochschule Darmstadt, im Gespräch mit pressetext.

Laut dem Experten sei vor allem die mangelhafte Qualifikation der Richter und Staatsanwälte problematisch. So stammt etwa 80 Prozent des Personals noch aus Zeiten der chinesischen Kulturrevolution. Hinzu kommt, dass die Justiz nicht unabhängig, sondern politisch gesteuert arbeitet. Bei der effizienten Ahndung von Markenpiraterie ist hingegen auch die regionale Strukturausprägung des Landes entscheidend.

„Im Osten Chinas, dort wo der Wohlstand in Metropolen wie Peking oder Schanghai zunimmt, arbeitet die Justiz besser als im Westen, den ländlich geprägten Regionen“, erklärt Erd auf Nachfrage von pressetext. Dabei sollte dem Wissenschafter zufolge jedoch nicht vergessen werden, dass die chinesische Raubkopiererindustrie rund eine Mio. Arbeitsplätze geschaffen hat. „Vor allem in ländlichen Gebieten, in denen die Armut sehr hoch ist, wird am meisten gefälschte Ware hergestellt. Da die Justiz hier noch stärker von der Partei abhängig ist und ein hartes Durchgreifen zu Jobverlusten führen würde, schleift die Verfolgung“, sagt Erd. Zudem kommt belastend hinzu, dass wegen der tausendjährigen Tradition Fälschungen gesellschaftlich nicht als verwerflich, sondern als anerkennenswert betrachtet werden.

Einer Erhebung des Verbands deutscher Maschinen- und Anlagenbau nach kommen 71 Prozent aller Fälschungen aus der Volksrepublik. Das Bundesministerium der Justiz schätzt den durch Produktpiraterie verursachten Schaden auf 25 Mrd. Euro pro Jahr. Dieser würde sich mit Blick auf den deutschen Arbeitsmarkt mit jährlich rund 70.000 verloren gehenden Arbeitsplätzen bemerkbar machen. „Die Hersteller, die Originalware produzieren, könnten unter anderem mit moderner Nano-Technologie ihre Produkte gegen Fälschungen mit entsprechenden Kennzeichnungen abgrenzen“, meint Erd. Dies würde es den Zollbehörden ermöglichen, Plagiate an Grenzübergängen oder bei Messen zu identifizieren und aus dem Verkehr zu ziehen. Auch würde der Direktvertrieb über Factory Outlets Sicherheitslücken verhindern. Eine heimische „Ein-Haus-Produkt-Strategie“ würde zudem einen Know-how-Abfluss ins Ausland vermeiden.

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Florian Fügemann pressetext.deutschland

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