Bremspartikel gefährden die Lungenzellen

Partikel, die bei der Bremsung eines Autos freigesetzt werden, könnten Lungenzellen schädigen und möglicherweise beim Menschen langzeiteffekte auslösen. Zu diesem Schluss kommen Forscher aus Bern und Lausanne im Online-Journal „Particle and Fibre Toxicology“. Sie zeigten in einem Laborexperiment, dass der direkte Kontakt mit ultrafeinen Teilchen, die bei einer Autobremsung freigesetzt werden, in Lungenzellen unter anderem oxidativen Stress auslöst.

Wenn es um das Thema Feinstaub im Straßenverkehr geht, ist die Rede meist von Dieselruß-Partikeln, die in zahlreichen Forschungen bereits als ernstes Gesundheitsproblem dargestellt wurden. „Kaum beachtet wurden bisher Bremspartikel, obwohl diese bis zu 20 Prozent des Feinstaubs ausmachen. Welche Gefährdung diese Teilchen bedeuten, ist bisher direkt in Lungenzellen noch nicht untersucht worden“, so die Studienleiterin Barbara Rothen-Rutishausen vom Institut für Anatomie der Universität Bern http://www.ana.unibe.ch im pressetext-Interview. Der Grund für dieses Versäumnis sei vor allem, dass Feinstaub als ein komplexes Gemisch verschiedenster Partikelspezies sehr schwer direkt beim Menschen zu studieren sei.

Zellkulturen am Auto studiert

Um diesen Nachweis zu erbringen, entwarfen die Forscher ein spezielles Testsystem. In einer Autowerkstatt borgte man einen gängigen Mittelklasse-Wagen, montierte ein Rad ab und befestigte rund um die Bremsscheiben eine komplett isolierte Box. Diese wurde befeuchtet, auf 37 Grad Celsius erwärmt und erhielt kultivierte Lungenzellen. Nach jeweils einer halben Stunde mit verschiedenen Bremsvariationen – von leichter Bremse bis zur Vollbremsung – analysierte man im Labor, was mit den Zellen passiert war.

Bei allen Bremsformen wurden die Zellen in einen Zustand von oxidativem Stress versetzt, was im menschlichen Körper eine Entzündungsreaktion auslösen kann. „Es ist anzunehmen, dass das Einatmen der Partikel über viele Jahre hinweg beim Menschen zu gefährlichen Mutationen der Zellen führen kann“, verdeutlicht Rothen-Rutishauser die Gefahr. Die stärksten Effekte traten bei Vollbremsungen auf, jedoch selbst ohne Bremsbetätigung zeigte sich eine bestimmte Aussetzung. Das führen die Forscher auf bereits zuvor gebildete Bremspartikel zurück, die sich erst mit der Zeit vom Material lösten.

Versuch entspricht der Realität

Die Bedingungen im Test beschreibt die Forscherin als „realitätsnah“ und als den Verhältnissen entsprechend, denen ein Fußgänger am Rand einer viel befahrenen Straße ausgesetzt sei. „Auch die Zellen der Lunge kommen direkt in Kontakt mit den Partikeln in der Atemluft“, so Rothen-Rutishauser. Relevant für die Bildung dieses oxidativen Stresses seien vor allem Partikel aus Eisen, Kupfer und organischen Kohlenstoffen, die laut einer Materialanalyse der Forscher zu den Hauptbestandteilen der Bremsscheiben zählen.

Die Forscher hoffen, dass weitere Studien näheren Aufschluss über den Grad der Gefährdung geben werden sowie langfristig auch auf ein Umdenken in der Automobilindustrie. „Es gibt bisher Versuche, für die Bremsscheibe statt den bisherigen Komponenten Keramik zu verwenden. Diese Systeme sind jedoch einerseits teuer, andererseits noch nicht flächendeckend und über längere Zeit erprobt. In ersten Einsätzen zerbrachen sie zudem bei scharfen Vollbremsungen“, ergänzt Studienautor Michael Riediker vom Lausanner Institut universitaire romand de Santé au Travail (IST) http://www.i-s-t.ch .

Abstract und Download der Studie unter http://www.particleandfibretoxicology.com/content/6/1/30/abstract

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Johannes Pernsteiner pressetext.schweiz

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