Musik liegt in den Genen

Eine Studie von 39 verschiedenen afrikanischen Kulturen hat ergeben, dass die Gene eng mit den Liedern verbunden sind, die die Völker singen. Musik hat, subsumieren die Forscher um Floyd Reed von der University of Maryland, tiefere biologische Verbindungen zwischen Menschen als andere Charakteristiken wie etwa Sprache. Sprachen ändern sich schnell, wenn eine Kultur auf eine andere trifft, berichtet das Wissenschaftsmagazin Nature in seiner Online-Ausgabe.

„Auch andere Aspekte der Kultur dieser Völker haben sich in den vergangenen Jahren massiv und rapide verändert“, erklärt der Populations-Genetiker Reed. Die Musik hingegen scheine Bestand zu haben. „Musik ist sehr beständig gegenüber kulturellen Veränderungen.“ Die Arbeit von Reed wurde anlässlich des jährlichen Treffens der American Anthropological Association in Washington vorgestellt und verbindet moderne genetische Daten mit einer Sammlung von Musikaufnahmen. Die Sammlung wurde vom Ethnologen Alan Lomax in den 1950er und 1960er Jahren gemacht und umfasst rund 5.500 Lieder von 857 verschiedenen Kulturen. Lomax, der 2002 verstorben ist, hat gemeinsam mit dem Ethno-Musikforscher Victor Grauer ein System namens Kantometrik entwickelt. Dabei werden Gesänge nach strukturellen Prinzipien klassifiziert.

Victor Grauer, der inzwischen pensioniert ist, hatte die Idee geboren, die kantometrische Datenbank mit den Erkenntnissen der modernen Genetik zu vergleichen. Daraufhin befassten sich die beiden Genetiker Sarah Tishkoff und Reed mit dem Projekt. Bereits in den 1970er Jahren argumentierte der Genetiker Luigi Luca Cavalli-Sforza von der kalifornischen Stanford University, dass eine Kombination von Genetik mit Forschungsgebieten wie etwa der Linguistik und Demographie, helfen könnte, die Fragen der menschlichen Abstammung und der Besiedlung der Erde zu lösen. „Allerdings hat Cavalli-Sforza nicht beurteilt, wie Gene und Lieder gemeinsam durch die Kulturen gereist sind“, so Floyd.

Für die Beurteilung wurde die kantometrische Datenbank in ein zweidimensionales Streudiagramm konvertiert. Jeder Punkt repräsentiert eine Kultur. Je näher die Punkte im Diagramm aneinanderlagen, desto ähnlicher war die Musik. Zum Beispiel lag die Musik der afrikanischen Juhoansi-Buschmänner auf dem Diagramm nahe der des Pygmäenstamms der Aka. Anders klang im Vergleich dazu die Musik der Hutu in Zentralafrika. Als Floyd die Ähnlichkeiten der Musik mit jener der Genotypen verglich, fand er eine Korrelation zwischen den Genen und der Musik. „In anderen Worten heißt das, dass Kulturen, die starke Ähnlichkeit in ihrer Musik hatten, auch genetische Marker miteinander zu teilen scheinen.“ Dabei war diese Verbindung stärker als die Korrelation zwischen Liedern und der Geographie: denn Kulturen, die Tür an Tür lebten, wiesen weniger Ähnlichkeiten auf als Kulturen mit ähnlichen Genotypen.

Die von Reed entwickelten Theorien stoßen jedoch nicht überall auf Zustimmung. Der Musikwissenschaftler Max-Peter Baumann von der Universität Bamberg hält davon nichts. Man könne nicht von Formkriterien auf die Genetik schließen. „Musik und Gene haben nichts miteinander zu tun“, meint der Experte gegenüber pressetext. Selbst in verschiedenen Regionen hätten sich aus Zufälligkeit ähnliche musikalische Formen und Stile gebildet. Musik sei angelernt und habe daher mit der DNA nichts zu tun.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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