Die schweigende Mehrheit – DFG fördert Studie am Institut für Politikwissenschaft

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat ein Forschungsprojekt am Institut für Politikwissenschaft bewilligt, das Informationen über diejenigen Bevölkerungsgruppen sammelt, die sich normalerweise nicht an Meinungsumfragen beteiligen. Das Vorhaben wird von der DFG mit 295.000 Euro gefördert.

Hintergrund der Untersuchungen ist, dass sich immer weniger Menschen an Meinungsumfragen beteiligen. „Dies kann verzerrte Erkenntnisse zur Folge haben, sodass Ergebnisse von Meinungsumfragen nicht unbedingt die Einstellungen und das Verhalten der Gesellschaft widerspiegeln“, sagte Hanna Kaspar vom Institut für Politikwissenschaft, die in der Abteilung Innenpolitik unter Univ.-Prof. Dr. Jürgen W. Falter die Studie durchführt.

Das Forschungsprojekt „Nonresponse in der politikwissenschaftlichen Wahl- und Einstellungsforschung“ erfolgt in Zusammenarbeit mit einem Projektteam des Mannheimer GESIS-ZUMA, dem Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen der GESIS-Gesellschaft Sozialwissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen e.V., das alle zwei Jahre Daten über die Einstellungen, Verhaltensweisen und die Sozialstruktur der Bevölkerung in Deutschland erhebt. Zu dieser Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) werden die Mainzer und Mannheimer Forscher im kommenden Jahr eine Begleitstudie erstellen, für die Informationen über diejenigen Bevölkerungsgruppen gesammelt werden, die normalerweise nicht an Meinungsumfragen teilnehmen würden.

Dadurch sollen Unterschiede zwischen Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern (Verweigerer, Nicht-Erreichte, Nicht-Befragbare) aufgedeckt werden. „Der Fokus liegt dabei weniger auf den soziodemographischen Merkmalen wie Geschlecht, Alter oder Bildungsgrad, sondern vor allem auf inhaltlichen Aspekten, das heißt wir wollen etwas über die politischen Einstellungen und das politische Verhalten der Nonrespondenten des ALLBUS erfahren“, so Kaspar. Anlass der Studie ist der Rückgang der sogenannten Ausschöpfungsquoten bei Umfragen der empirischen Sozialforschung. Beim ALLBUS konnten bei den letzten Erhebungen weniger als die Hälfte der zuvor ausgewählten Personen einer Stichprobe zu einem Interview bewegt werden. „Wir müssen also mittlerweile von einer schweigenden Mehrheit sprechen.“

Wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen systematisch ausfallen und aus bestimmten Gründen nicht an Meinungsumfragen teilnehmen, kann dies zu verzerrten Erkenntnissen über die Verteilung und Zusammenhänge politischer Einstellungen und Verhaltensweisen führen. Die Verzerrung ist umso größer, je niedriger die Ausschöpfung und je größer der Unterschied zwischen Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern. Gerade darüber weiß man jedoch zu wenig.

Die Studie hat neben dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn auch eine politische Relevanz: Die Daten ermöglichen präzisere Aussagen über das politische Interesse der Bevölkerung, die Verteilung (un-)demokratischer Einstellungen oder die Wähler extremer Parteien.

Kontakt und Informationen:
Hanna Kaspar, M.A.
Institut für Politikwissenschaft, Abt. Innenpolitik, Prof. Dr. Jürgen W. Falter
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Tel. 06131 39-22995
E-Mail: kaspar@politik.uni-mainz.de

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Petra Giegerich idw

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