IAQ-Studie zur aktuellen Debatte – ALG I: Länger für alle, aber degressiv

Das schlägt das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen vor. PD Dr. Matthias Knuth hat in einer soeben erschienen Studie die Spannungsverhältnisse und mögliche Entwicklungen der „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ untersucht, darunter auch die seit Februar 2006 wirksame Verkürzung der maximalen Bezugsdauer für Ältere von 32 auf 18 Monate.

„Wer die ‚Agenda 2010’ sozial adäquat korrigieren will, sollte keine Erweiterung der Leistungen allein für Ältere einführen. Das passt nicht in eine beschäftigungspolitische Landschaft, in der die ‚Rente mit 67’ beschlossene Sache ist und nicht grundsätzlich zurückgenommen werden wird“, meint der Arbeitsmarktexperte. Gleichwohl verlange die weit verbreitete Angst vor dem baldigen Statusverlust bei Arbeitslosigkeit und das damit verbundene Gefühl der sozialen Ungerechtigkeit eine politische Antwort. „Diese kann nur darin bestehen, die Arbeitslosenversicherung für alle so auszugestalten, dass sie ihren Namen wieder verdient und ein Gefühl von Sicherheit vermittelt“.

Dabei sollte am Prinzip der Risikoversicherung festgehalten werden, d.h. Bezugsdauern sollten wie bisher nach Beitragszeiten in einer dem Risikofall vorausgehenden Rahmenfrist gestaffelt werden, aber nicht nach ‚Lebensleistung’. „Es geht nicht darum, ‚mehr herauszuholen’, wenn man ‚mehr eingezahlt’ hat, sondern das Ziel muss sein, soziale Abstiegsängste zu dämpfen, ohne Beschäftigungsanreize zu nehmen“, so Knuth.

Wenn die maximal erreichbare Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für alle auf 18 oder 24 Monate angehoben würde, so könnte man die Leistung nach einem Jahr degressiv ausgestalten und dadurch schrittweise an die Grundsicherung heranführen. Im Gegenzug würde der ‚befristete Zuschlag’ bei Bezug von Arbeitslosengeld II entfallen. Die langzeitig arbeitslosen Versicherten würden damit anders als derzeit die finanzielle Anpassung an das AlG-II-Niveau erleben, bevor der Versicherungsanspruch erschöpft ist und die Bedürftigkeitsprüfung einsetzt. Dadurch würde einerseits die Ungerechtigkeit beseitigt, dass man trotz Beitragsleistung nach nur einem Jahr erst ‚arm’ sein oder werden muss, um überhaupt noch etwas zu bekommen. Andererseits blieben die stärkeren Arbeitsanreize, die von der Reform offensichtlich ausgegangen sind, erhalten.

Knuth, Matthias, 2007: Zwischen Arbeitsmarktpolitik und Armenfürsorge. Spannungsverhältnisse und mögliche Entwicklungen der „Grundsicherung für Arbeitsuchende“. In: Rudolph, Clarissa/ Niekant, Renate (Hg.), Hartz IV ‑ Zwischenbilanz und Perspektiven. Erfahrungsberichte, Analysen und Bewertung der bisherigen Umsetzung. Münster: Westfälisches Dampfboot, 66-92.

Weitere Infos: PD Dr. Matthias Knuth, matthias.knuth@uni-due.de, Durchwahl: 0209/1707-186

Media Contact

Ulrike Bohnsack Universitaet Duisburg-Essen

Weitere Informationen:

http://www.uni-due.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer