Risiken durch Fruchtwasseruntersuchung

Fruchtwasseruntersuchungen zur Früherkennung von Erkrankungen und Behinderungen eines ungeborenen Kindes bergen nach wie vor Risiken – bis hin zum Abgang des Fetus. Dies belegt eine aktuell veröffentlichte Studie mit Daten von mehr als 20.000 Schwangeren. Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) empfiehlt den verstärkten Einsatz eines risikoarmen Ersttrimester-Screenings: Einer Kombination von Ultraschalluntersuchung und Blutanalyse.

In der Regel erfolgt eine Fruchtwasseruntersuchung zwischen 14 und 16 Schwangerschaftswochen. Dabei sticht der Arzt – unter Ultraschallsicht – mit einer Hohlnadel durch Bauchwand und Muskelschicht der Gebärmutter der Schwangeren bis in die Fruchtblase, die den Fetus umgibt. Das entnommene Fruchtwasser enthält abgelöste Zellen des Ungeborenen. Im Labor untersucht, geben deren Chromosomen Aufschluss über mögliche Genfehler, wie zum Beispiel Trisomien.

Anhand der Daten von mehr als 20.000 Schwangeren recherchierte Privatdozent Dr. med. Peter Kozlowski vom Institut „Praenatal-Medizin und Genetik“, einem Düsseldorfer Pränatalzentrum, den Schwangerschaftsverlauf werdender Mütter nach einer Amniozentese. Diese verglich er mit fast 13.000 Schwangerschaften, bei denen eine Vorsorge mittels Ultraschall aber ohne Amniozentese durchgeführt wurde. Es zeigte sich, dass die Amniozentese die Fehlgeburtenrate von 0,82 Prozent auf 1,31 Prozent erhöhte. Die Differenz von fast einem halben Prozent bedeutet, dass auf etwa 200 Amniozentesen eine zusätzliche Fehlgeburt kommt.

Durch den Einsatz des nicht-invasiven Ersttrimester-Screenings, einer Kombination von Ultraschalluntersuchung und Blutanalyse im ersten Drittel der Schwangerschaft, ließe sich die Zahl der Fruchtwasseruntersuchungen senken und damit auch das Risiko eines Abortes, sagt DEGUM-Präsident Professor Dr. med. Eberhard Merz, Frankfurt. „Die Amniozentese sollte Schwangeren jedoch dann angeboten werden, wenn eine Ultraschalluntersuchung einen Verdacht auf eine angeborene Erkrankung ergeben hat“.

Ein besonderes Risiko stellt die Amniozentese dann dar, wenn sie sehr früh, nämlich bereits mit 13 Schwangerschaftswochen durchgeführt wird. Im Vergleich zu einem späteren Untersuchungstermin wurden diese Kinder der Studie zufolge fast dreifach häufiger mit einem Klumpfuß geboren. Absolut gesehen war diese Behinderung zwar selten (Rate 0,29 Prozent), dennoch müssen die Frauen nach Ansicht der DEGUM darauf hingewiesen werden.

Die Amniozentese ist zwar eine sichere Methode zur Früherkennung bestimmter Chromosomenfehler. „Ein Ersttrimesterscreening durch DEGUM-qualifizierte Ärzte ist jedoch in vielen Fällen eine risikoarme Alternative“, sagt Professor Merz. In Pränatal-Zentren arbeiten speziell ausgebildete Ärzte, die nach dem Qualifizierungskonzept der DEGUM den Stufen II und III angehören. Gegenwärtig gibt es in Deutschland ungefähr 600 solcher Experten.

Quelle:
P. Kozlowski, A. Knippel, R. Stressig:
Individual Risk of Fetal Loss Following Routine Second Trimester Amniocentesis: A Controlled Study of 20 460 Cases (Individuelles Risiko für Schwangerschaftsverlust nach Routineamniozentese im 2. Trimenon: Eine kontrollierte Studie von 20 460 Fällen)

Ultraschall Med 2007; DOI: 10.1055/s-2007-963217

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idw

Weitere Informationen:

http://www.degum.de

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