Neue Heimat, neue Werte? Jacobs University startet Studie über jugendliche Migranten

Das vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft mit rund 300.000 Euro geförderte Projekt unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Boehnke, Jacobs Professor of Social Science Methodology, wird in Kooperation mit Prof. Dr. Ariel Knafo von der Hebrew University of Jerusalem im Rahmen des deutsch-israelischen Forschungsverbundes „Migration und gesellschaftliche Integration“ (http://www2.uni-jena.de/svw/devpsy/projects/migration)

durchgeführt und hat eine Laufzeit von zwei Jahren.

Migration bedeutet für Betroffene stets eine Konfrontation kulturell unterschiedlich geprägter Wertesysteme aus dem Herkunfts- und dem Einwanderungsland, die häufig zu Konflikten nicht nur zwischen Personen, sondern auch innerhalb der eigenen Persönlichkeit führt: Die eigene Identität sowie eigene Wertestrukturen werden fundamental in Frage gestellt und müssen entsprechend der aktuellen Lebenssituation neu definiert werden. Für jugendliche Migranten ist dieser Prozess eine besondere Herausforderung, da sie sich in einer Lebensphase befinden, die ohnehin von tiefgreifenden Persönlichkeitsumwälzungen im Übergang von der Kinder- zur Erwachsenidentität geprägt ist: Sie müssen zwischen einer Vielzahl von Normen, Werten und Lebensweisen – verkörpert und eingefordert von Eltern, Freunden oder Lehrern – wählen, um schließlich die eigene Identität aufzubauen.

Ziel des Forschungsprojektes ist es, Mechanismen und Strukturen der Entwicklung von Werten als zentralen Aspekt von Identität zu analysieren und hierbei klar zwischen speziellen migrationsbedingten Effekten und Effekten, wie sie ohnehin in der jugendlichen Persönlichkeitsentwicklung auftreten, zu unterscheiden. „Ein tieferes Verständnis der Erfahrung von Jugendlichen als Mitglied einer Minderheit in einer dominierenden, fremden Kultur speziell auf ihre Werteentwicklung und psychische Gesundheit ist ein wichtiger Beitrag zu der Debatte um die erfolgreiche gesellschaftliche Integration von Menschen mit Migrationshintergrund“, sagt Klaus Boehnke über die Bedeutung der Studie.

Die Studie, die per Fragebogen an Bremer Schulen durchgeführt wird, erfasst insgesamt 1800 Schüler, die sechs unterschiedliche kulturelle Gruppen repräsentieren: Migranten aus der ehemaligen Sowjetunion, die jetzt in Deutschland oder Israel leben, türkische Einwanderer in Deutschland, Palästinenser in Israel sowie israelische und deutsche Familien ohne Migrationshintergrund. In jeder der kulturellen Gruppe werden zwei Altersgruppen jeweils vor und nach einem wichtigen schulischen Entwicklungsschritt befragt: im Übergang zwischen Grundschule und der nächsten weiterführenden Schule sowie vor und nach dem Eintritt in die gymnasiale Ausbildung. Zusätzlich zu den Schülern werden die Eltern und, wenn möglich, die Großeltern in die Untersuchung mit einbezogen. Besonderes Augenmerk bei der Befragung gilt der Bewertung von Leistung, Tradition oder Selbstbestimmung, die im Spannungsfeld von Migration, Persönlichkeits- und schulischer Entwicklung von besonderer Bedeutung sind. Ein wichtiger Aspekt ist hierbei die so genannte Wertetransmission, d.h. die Weitergabe von Wertesystemen von Eltern an ihre Kinder.

Fragen zum BMBF-Projekt „Identitätsbildung und Wertetransmission bei Jugendlichen mit- und ohne Migrationshintergrund und ihren Familien“ beantwortet:

Prof. Dr. Klaus Boehnke
Professor of Social Science Methodology
(http://www.jacobs-university.de/directory/kboehnke/index.php)
Tel.: 0421 200 3401 | E-Mail: k.boehnke@jacobs-university.de

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