Globalisierung ist Familiensache

Haben Familienunternehmen eine andere Globalisierungsstrategie als andere Unternehmen? Im Auftrag von Deloitte und der DZ BANK AG befragte die European Business School (EBS) dazu über 400 Unternehmen, davon 246 Familienbetriebe. Tatsächlich sind bestimmte Unterschiede zu erkennen. Wie andere Unternehmen auch investieren Familienbetriebe in Länder mit attraktiven Lohn- und Besteuerungsstrukturen. Sie sind jedoch bereits einen Schritt weiter:

Bei allen Teilen der Wertschöpfungskette, so auch bei der Auslagerung wissensintensiver Schritte, führen die Familienunternehmen. Die Unternehmen geben an, dass durch das Wachstum im Rahmen internationaler Aktivitäten letztendlich sogar die Beschäftigung im Inland profitiert. Aber sie nehmen seltener Kapital aus dem Ausland auf und finanzieren sich meist über kurzfristige Mittel – überdies fehlt ihnen ein adäquates Risikomanagement. Allerdings vertrauen Familienbetriebe häufiger und intensiver auf die Unterstützung externer Partner.

Die Untersuchung zeigt, dass der Trend zur Auslagerung von Unternehmensbereichen nach wie vor anhält: Etwa 30 Prozent aller Befragten gaben an, sich immer stärker im Ausland zu engagieren bzw.

dies zu planen. Gründe sind nicht nur niedrige Lohnkosten und Unternehmenssteuern, sondern auch die Erschließung neuer Absatzmärkte. Auffällig ist, dass deutlich mehr Familienunternehmen als andere Unternehmensformen die Absicht äußerten, ihre Auslandsinvestitionen auszubauen. Hatten sie bislang in erster Linie arbeitsintensive Segmente verlagert, so wollen sie sich in den nächsten Jahren stärker mit der Auslagerung anspruchsvollerer Bereiche befassen. „Familienunternehmen nehmen hier eine klare Vorreiterrolle ein: Während andere Firmen erst die Schritte nachholen, die Familienunternehmen schon vor Jahren getätigt haben, konzentrieren sie sich bei der Verlagerung bereits zunehmend auf wissensintensive Sektoren der Wertschöpfungskette“, erklärt Herbert Reiß, geschäftsführender Partner von Deloitte.

Pioniere bei der Auslagerung

Familienbetriebe setzen vermehrt auch auf die Verlagerung der
Forschungs- und Entwicklungsabteilungen sowie der Administration – die Scheu, das Know-how aus der Hand zu geben, scheint dabei weniger ausgeprägt. Sie sind insbesondere in Westeuropa und immer stärker auch in Osteuropa und Asien tätig, während in Nordamerika die Nicht-Familienbetriebe führend sind. Vor allem China gehört zu den bevorzugten Ländern – etwa 14 Prozent der Befragten wollen hier über logistische und administrative Managementaufgaben hinaus ihre F&E-Aktivitäten ausweiten. Bei Management und Wissenstransfer fokussieren Familienbetriebe auf die Entsendung eigener Mitarbeiter an die neuen Standorte, gleichzeitig fallen hier die signifikant kürzeren Entsendungsdauern auf.

Wenig Kapital aus dem Ausland

Bei einer Kapitalaufnahme aus dem Ausland zeigen sich Familienunternehmen eher zögerlich: In erster Linie entscheiden die politische und die finanzielle Stabilität des betreffenden Landes über die Nutzung dieser Möglichkeit. Erstaunlicherweise gehören aber die Länder, in denen sie hauptsächlich aktiv sind, meist nicht zu den risikoärmsten Regionen der Welt. Auch abseits des geografischen und politischen Faktors zeigen sich Familienunternehmen kritisch bei der Auswahl der Finanzierungsinstrumente. Unter anderem spielen die Mitspracherechte der möglichen Investoren eine entscheidende Rolle.

Im Ergebnis nehmen Familienbetriebe weniger langfristiges Fremdkapital auf, können dies aber nur zum Teil durch Eigenkapital auffangen – was bleibt, ist die Inanspruchnahme von kurzfristigem Fremdkapital.

In Widerspruch zum globalen Engagement der Familienunternehmen steht das unzureichende Risikomanagement. Mögliche Instrumente werden von Familienunternehmern nur selten eingesetzt. Ganze 16 Prozent betreiben sogar überhaupt kein Risikomanagement.

Erfolgreich durch externe Beratung

Zwar hatten Auslagerungen in Einzelfällen immer wieder Stellenabbau bzw. einen Einstellungsstopp im Inland zur Folge, insbesondere in der Produktion sowie den technischen Bereichen – mehr als 60 Prozent der befragten Unternehmen gaben jedoch an, dass bei ihnen die Beschäftigung im Inland gestiegen sei.

„Den Schritt über die Grenze haben insbesondere die Familienunternehmen gut gemeistert. Sie verlassen sich im Unterschied zu anderen Unternehmensformen auffällig stark auf die Unterstützung von Banken, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Handelskammern – erstaunlich für Familienbetriebe, denen sonst eher Unwillen nachgesagt wird, Externen tiefere Einblicke ins Unternehmen zu gewähren. Gerade sie stützen sich hier auf Expertenrat von außen – mit offensichtlichem Erfolg“, so das Fazit von Prof. Ulrich Hommel von der European Business School.

Die vollständige Studie finden Sie unter http://www.deloitte.com/d tt/research/0%2C1015%2Ccid%25253D157087%2C00.html zum Download.

Autoren:

Dipl.-Kfm. Malte Brockmann ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Stiftungslehrstuhl für Unternehmensfinanzierung und Kapitalmärkte an der European Business School, International University, Oestrich-Winkel. Prof. Ulrich Hommel, Ph.D., ist Inhaber des Stiftungslehrstuhls für Unternehmensfinanzierung und Kapitalmärkte und Akademischer Direktor des Zentrums für Gründungs- und Mittelstandsfinanzierung an der European Business School, International University, Oestrich-Winkel.

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