Auswirkung der IFRS auf die Versicherungsbranche

Die Anwendung der International Financial Reporting Standards (IFRS) als verbindliches Regelwerk zur Rechnungslegung wirkt sich unterschiedlich auf die Bilanzierung von Versicherungsunternehmen aus. Die Deloitte-Studie zeigt, welche Auswirkungen die unterschiedliche Ausübung von Wahlrechten nach IFRS auf das Ergebnis und das Eigenkapital untersuchter Versicherer hat. Nicht zuletzt ist ein Vergleich von IFRS-Konzernabschlüssen aufgrund der sehr unterschiedlichen Ausübung von Wahlrechten nur begrenzt möglich.

„In unserer Studie 'IFRS-Konzernabschlüsse inländischer Versicherungen' haben wir ausgewählte Wahlrechte und Tendenzen innerhalb der Rechnungslegungspraktiken der Versicherungsunternehmen analysiert“, erläutert Marc Böhlhoff, Director der Service Line Versicherungen bei Deloitte. „Die Diskrepanz des Ergebnisses nach IFRS zur zuvor genutzten Rechnungslegungsmethode reichte bei den untersuchten Versicherern, die erstmalig IFRS angewendet haben, teilweise von minus neun Prozent bis zu plus 64 Prozent.“

Konzernabschlüsse nach IFRS sind seit dem 31. Dezember 2005 auch für börsennotierte Unternehmen innerhalb der Versicherungswirtschaft verpflichtend, und dies hat weitreichende Konsequenzen. Versicherungsunternehmen sind unter anderem dazu gezwungen, in ihren Konzernabschlüssen Prognosen abzugeben und entsprechende Prämissen festzulegen. Kapitalerhaltung und Gläubigerschutz treten mit den IFRS in den Hintergrund, und der Schwerpunkt liegt nun sichtbar primär auf der Informationsbereitstellung für die Kapitalmärkte. „Bemerkbar macht sich dies beispielsweise in dem Verbot der Passivierung von Aufwandsrückstellungen sowie bei der Bilanzierung von Kapitalanlagen zu Zeitwerten in der Ausweispflicht nicht realisierter Gewinne“, sagt Marc Böhlhoff.

Die Unterschiede: drei Beispiele aus der Praxis Wie gehen deutsche Versicherer mit den neuen Bilanzstandards zum Beispiel bei der Gliederung der Bilanz, der Bilanzierung von Kapitalanlagen und der Versicherungstechnik um? Da es nur begrenzte Vorgaben für die Gliederung der Bilanz gibt, sind der Umfang und der Detaillierungsgrad sehr unterschiedlich. Bei den Kapitalanlagen zeigt sich, dass sich nur wenige Versicherungen auf die Mindestkategorisierung nach IAS 32/39 beschränken.

Die Mehrzahl der Unternehmen weist überdies Grundstücke und Bauten, Anteile an assoziierten Unternehmen, Depotforderungen sowie sonstige Kapitalanlagen aus. Festzustellen ist, dass die Kategorie der Kapitalanlagen, die zur jederzeitigen Veräußerbarkeit gehalten werden, von den Versicherern überwiegend genutzt wird. Finanzinstrumente, die mit dem Zeitwert angesetzt werden und deren Wertänderungen erfolgswirksam erfasst werden, sind dagegen von eher untergeordneter Bedeutung. Im Rahmen der Bilanzierung von Versicherungsverträgen nach IFRS 4 wendet die überwiegende Anzahl der Versicherungen die amerikanischen Rechnungslegungsvorschriften (US-GAAP) an, während nur eine begrenzte Anzahl nach handelsrechtlichen Grundsätzen bilanziert.

Neue Standards, neues Ergebnis Besonders auffällig sind bei Versicherungen, die erstmalig IFRS anwenden, die Auswirkungen auf Ergebnis und Eigenkapital der Unternehmen. Hier sind zum Teil erhebliche Differenzen zwischen den einzelnen Versicherungen zu erkennen. So zeigt sich beim Eigenkapital zweier Rückversicherer eine leicht negative Veränderung, während ein anderer Versicherer ein Plus von 53,2 Prozent verzeichnet. Ausschlaggebend für die Eigenkapitalveränderungen ist dabei vor allem der Bilanzposten „Kapitalanlagen“, der überproportional zum Gesamtergebnis beiträgt.

Ähnlich bedeutsame Veränderungen durch IFRS können im Hinblick auf das Ergebnis konstatiert werden. Hier zeigt sich bei der Betrachtung der Jahresüberschüsse eines Rückversicherers sowie eines Erstversicherers eine umstellungsbedingte Abweichung in Höhe von minus 9,45 bzw. plus 64,45 Prozent. Bei einem weiteren Rückversicherer ist hingegen kaum eine Veränderung zu verzeichnen.

Hierbei ist zu beachten, dass Versicherer vor IFRS teilweise nach US-GAAP bilanziert haben, andere Versicherungen jedoch nach HGB. Die für die Ergebnisänderungen relevanten Faktoren sind hier unter anderem der Wegfall der Schwankungs- und Großrisikenrückstellung, die Konsolidierung von Zweckgesellschaften, Pensionsrückstellungen, ferner die geänderte Bewertung von Immobilien sowie die abweichende Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte.

„Diese Vielzahl von Unterschieden hat eine zusätzliche wesentliche Auswirkung: Die Bilanzen der einzelnen Unternehmen lassen sich schlecht miteinander vergleichen und in Relation setzen“, erklärt Marc Böhlhoff. „Dafür sind zum einen die unterschiedlichen Standards, die vorher zur Bilanzierung herangezogen wurden, und zum anderen die vielfältigen Wahlfreiheiten, die die IFRS zurzeit den Unternehmen lassen, verantwortlich. Eine verbesserte Vergleichbarkeit kann nach Abschluss der Phase II des Versicherungsprojektes des IASB erwartet werden.“

Die komplette Studie können Sie unter http://www.deloitte.com/dtt/article/0,1002,cid%253D141494,00.html herunterladen.

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