Ökonomie und Image der Weihnachtsmärkte

Alle Jahre wieder … weihnachtet es sehr. Der Einzelhandel lockt seine Kunden bereits seit Wochen mit entsprechenden Offerten. Und in etwa 2.500 deutschen Städten öffnen in den nächsten Tagen Weihnachtsmärkte mit ganz unterschiedlichem Ambiente und verschiedener Größe ihre Pforten. Einige, etwa der Dresdener oder der Nürnberger, können auf eine Jahrhunderte alte Tradition verweisen. Die meisten jedoch erblickten erst in den vergangenen rund 30 Jahren das Licht der Welt. Dazu gehören auch jene in Erfurt und Jena.

Diese haben Wissenschaftler und Studenten des Instituts für Geographie der Friedrich-Schiller-Universität Jena genauer unter die Lupe genommen und ein ebenso überraschendes wie erfreuliches Fazit gezogen. „Der Erfurter Weihnachtsmarkt hat das Potenzial, bundesweit einer der bedeutendsten Märkte dieser Art zu werden“, bringt Prof. Dr. Peter Sedlacek die Ergebnisse einer an seinem Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie und Regionalentwicklung durchgeführten Studie auf den Punkt. Um überregional noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen, sollten jedoch die bundesweite Werbung mit der Kulisse der historischen Altstadt verstärkt und eine eigene „corporate identity“ entwickelt werden. „Außerdem empfehlen wir, neben dem bestehenden Markenzeichen einen einprägsamen Namen analog des Striezelmarktes in Dresden oder des Christkindlmarktes in Nürnberg zu erwägen“, zeigt er Möglichkeiten einer noch besseren touristischen Vermarktung auf.

Die Idee zu dieser Studie wurde am Lehrstuhl geboren. „Wir wollten herausfinden, ob und wie die Weihnachtsmärkte als jährliches 'Event' die Attraktivität der Innenstädte und die Lebensqualität der Menschen erhöhen, welche Bedeutung sie für die Ökonomie der Region haben und welche Rolle sie im Stadt- und Regionalmarketing spielen. Da es die erste Analyse zu Weihnachtsmärkten im Freistaat Thüringen überhaupt ist, wollten wir natürlich auch grundlegende Erkenntnisse und aussagekräftiges Datenmaterial zu Chancen und Risiken derartiger Märkte gewinnen, um – wie im Fall des Erfurter Marktes – konkrete Empfehlungen für ihre Zukunft geben zu können“, macht Sedlacek deutlich.

Rund 40 Studenten haben deshalb in zwei Jahren jeweils an je einem Werk- und einem Sonntag nach eigens entworfenen Fragebögen mehr als 1.800 Besucher und fast 340 Anbieter – wahllos herausgegriffen – interviewt. Das Ergebnis ihrer Analyse verblüfft, zeigt es doch, dass sich Weihnachtsmärkte längst nicht nur in Ausmaß und Ambiente unterscheiden. Während der Jenaer Weihnachtsmarkt nämlich zu 90 Prozent von in der Stadt und der Region lebenden Menschen besucht wird, lockt der Erfurter nur zu etwa je einem Drittel Einheimische und bis zu 50 Kilometer entfernt wohnende Gäste an. Der Rest kommt von weiter her – oftmals nur wegen des Marktes in der historischen Erfurter Altstadt. Die Erfurter Gäste sind zudem eher bereit, Geld auszugeben als die Jenaer. Dass die Jenaer Kunden sparsamer sind, liege nicht an zu hohen oder als ungerecht empfundenen Preisen, sondern sei der höheren Zahl von Studenten geschuldet, betont der Experte. Sie nämlich lassen sich öfter zu einem Bummel über den Weihnachtsmarkt verführen, müssen deshalb ihr Geld aber besser einteilen.

Von den Weihnachtsmärkten profitieren längst nicht nur jene, die dort ihre Waren feilbieten, sondern auch die Einzelhändler vor Ort. Immerhin fließt gut ein Drittel der etwas mehr als 31 Euro, die der Bundesbürger durchschnittlich bei einem Besuch des Weihnachtsmarktes ausgibt, in ihre und die Kassen der Fachgeschäfte, nur ein Fünftel in jene der „fliegenden“ Händler. Diese sollten – so die Empfehlung aus der Analyse – künftig verstärkt aus der Region kommen. Dann würden größere regionalökonomische Effekte entstehen, etwa eine stärkere saisonale Entlastung des Arbeitsmarktes.

Die Studie „Die Weihnachtsmärkte in Jena und Erfurt“ ist 2006 im Selbstverlag des Lehrstuhls für Wirtschaftsgeographie und Regionalentwicklung der Universität Jena erschienen und zu beziehen über:
Institut für Geographie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Löbdergraben 32, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 948831
E-Mail: human[at]uni-jena.de

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Weitere Informationen:

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