Studie am Wissenschaftszentrum Berlin – Mitbestimmte Aufsichtsräte: Kooperatives Klima, offene Diskussion

Entscheidungen fallen überwiegend im Konsens, doch auch Mehrheitsentscheidungen und der Einsatz der Doppelstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden kommen vor. Das zeigen aktuelle Zwischenergebnisse einer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Untersuchung am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB).

Ein Forscherteam um Prof. Dr. Ulrich Jürgens befragt in dem Projekt Arbeitnehmervertreter aus Aufsichtsräten von Unternehmen, die dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 unterliegen. Bisher werteten die Wissenschaftler mehr als 1100 Fragebögen aus.

Knapp die Hälfte der Befragten beschreiben die Diskussionskultur in ihrem Aufsichtsrat so, dass regelmäßig auch kontroverse Diskussionen geführt werden. Weitere 50 Prozent gaben an, dass solche Diskussionen grundsätzlich möglich seien, aber eher selten vorkämen. Bei der Konfliktlösung werden überwiegend Konsenslösungen gefunden. Trotzdem geben gut 20 Prozent der befragten Aufsichtsratsmitglieder an, der Vorsitzende mache zumindest manchmal von seiner Doppelstimme Gebrauch.

Die These, die Anteilseignerseite in zahlenmäßig paritätisch besetzten Aufsichtsräten könne sich faktisch nicht behaupten, obwohl sie den Vorsitz des Gremiums stellt, wird demzufolge nicht bestätigt. „Erfreulich ist aber, dass dennoch kooperative Wege der Konfliktlösung gesucht werden“, sagt dazu Dr. Roland Köstler, Experte für Wirtschaftsrecht in der Hans-Böckler-Stiftung. Mitbestimmung führe zu konstruktiver Zusammenarbeit und stärke den sozialen Zusammenhalt in Unternehmen.

Die WZB-Untersuchung liefert auch Befunde zur Arbeitsorganisation in den Kontrollgremien. Sie widersprechen der generalisierten Annahme, deutsche Aufsichtsräte seien zu groß und deshalb arbeitsunfähig. Nur gut ein Viertel der Befragten berichtet, dass Aufgaben zunehmend aus dem Plenum in Ausschüsse verlagert würden. In der Praxis ist das Bedürfnis zur Auslagerung offensichtlich nicht so drängend, wie Kritiker es darstellen.

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