Unternehmensbesteuerung: Weniger bringt mehr

Unternehmen tragen in beinahe jedem Land der Welt eine deutlich höhere Steuerlast als sich aus den nominalen Gewinnsteuersätzen ablesen lässt. Neben der effektiven Steuerlast entscheidet oft auch der bürokratische Aufwand darüber, ob ein Steuersystem als transparent und effektiv eingeschätzt werden kann.

Gerade beim Umfang der rechtlichen Regelungen und dem damit verbundenen Aufwand gibt es weltweit erhebliche Unterschiede, wie aus der Gemeinschaftsstudie „Paying Taxes – The Global Picture“ der Weltbank und der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hervorgeht.

Komplexe und zeitintensive Steuersysteme sind nicht nur in Deutschland ein Problem. Weltweit entfällt nur gut ein Drittel der von Unternehmen gezahlten Steuern und Abgaben auf Gewinnsteuern. Den überwiegenden Teil der Steuerlast machen Abgaben wie beispielsweise Umsatzsteuern, Sozial- und Umweltabgaben oder Grundstückssteuern aus. Hinzu kommen erhebliche administrative Kosten für die Erstellung der Steuererklärung, die Begleichung der Steuerschuld und auch die Einziehung von Steuern, die letztlich gar nicht vom Unternehmen zu zahlen sind, wie beispielsweise die Mehrwertsteuer.

„In neun von zehn der untersuchten Länder zählen Unternehmen das jeweilige Steuersystem zu den fünf größten Geschäftshindernissen. Eine Vereinfachung des Steuersystems und weniger Bürokratie bei der Steuererhebung ist daher dringend geboten“, kommentiert PwC-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Dieter Endres.

Für die Studie wurden die Steuersysteme von 175 Ländern analysiert. Zur Berechnung der „Total Tax Rate“ wurden sämtliche Steuern erfasst, die von einem Unternehmen tatsächlich zu zahlen sind. Zudem wurde weltweit für ein standardisiertes Unternehmen berechnet, wie viel Zeit es für die Steuererklärung benötigt und wie viele Einzelsteuern es jährlich zu entrichten habe.

105 Stunden für die Steuererklärung

Unternehmen in Deutschland beschäftigen sich jährlich rund 105 Stunden mit Steuerangelegenheiten. Davon fallen 40 Stunden für die Bearbeitung der Umsatzsteuer an, die im Endeffekt gar nicht vom Unternehmen getragen wird. Dennoch hält sich der Zeitaufwand hier zu Lande in Grenzen: Schneller lässt sich die Steuererklärung nur in 25 Ländern erledigen. In Brasilien müssen sich Unternehmen jährlich 2.600 Stunden mit Steuern befassen, in der Schweiz sind es bloß 68 Stunden. Schlechter sieht es aus, wenn man die Zahl der von Unternehmen zu beachtenden Steuertermine betrachtet. Mit 32 Steuerüberweisungen pro Jahr landet Deutschland im weltweiten Vergleich nur auf Rang 77.

Zeitlicher Aufwand für Steuerangelegenheiten (Stunden Pro Jahr)

Am wenigsten / Am meisten
Malediven 0 / Aserbaidschan 1000
Arabische Emirate 12 / Vietnam 1050
Singapur 30 / Bolivien 1080
St. Lucia 41 / Taiwan, China 1104
Oman 52 / Armenien 1120
Dominica 65 / Nigeria 1120
Schweiz 68 / Weißrussland 1188
Neuseeland / 70 Kamerun 1300
Saudi Arabien 75 / Ukraine 2185
Irland 76 / Brasilien 2600
Quelle: PwC-World Bank-Studie: „Paying Taxes – the global picture“, Seite 9
Die für Unternehmen in Deutschland relevante Steuergesetzgebung auf Bundesebene ist mit einem Umfang von 1.700 Seiten relativ übersichtlich. In den USA beispielsweise müssen Unternehmen Steuervorschriften auf 5.100 Seiten beachten, in Japan sind es 7.200 Seiten und im Vereinigten Königreich sogar 8.300. Eine schlanke Steuergesetzgebung gibt es demgegenüber in der Schweiz (300 Seiten) und in Spanien (530 Seiten).

Seitenanzahl der für Unternehmen relevanten Steuergesetzgebung auf nationaler Ebene (20 Staaten mit dem größten BIP)

Indien 9000
Vereinigtes Königreich 8300
Australien 7750
Japan 7200
USA 5100
Korea 4760
Italien 3500
Kanada 2440
China und Hongkong 2000
Deutschland 1700
Niederlande 1640
Mexiko 1600
Frankreich 1300
Belgien 830
Russland 700
Schweden 700
Spanien 530
Brasilien 500
Türkei 350
Schweiz 300
Quelle: PwC-World Bank-Studie: „Paying Taxes – the global picture“, Seite 16.
Steuerlast in Deutschland ist überdurchschnittlich hoch
Auf den vorderen Plätzen im internationalen Steuertarifranking landen kaum überraschend als Steueroasen bekannte Länder wie die Malediven oder die ölreichen Länder des mittleren Ostens. Bemerkenswert ist allerdings die gute Platzierung von Industriestaaten wie Irland oder der Schweiz unter den weltweiten „Top-Ten“.

Die effektive Steuer- und Abgabenbelastung eines Unternehmens in Deutschland beläuft sich zurzeit auf 57,1 Prozent des Bruttogewinns. „Insgesamt schneidet Deutschland im Vergleich mit anderen Industrienationen schlecht ab. Umso wichtiger ist die schnelle Umsetzung der kürzlich von der Bundesregierung beschlossenen Unternehmensteuerreform“, mahnt Endres. Ähnlich hoch wie in Deutschland ist das Steuerniveau derzeit in Schweden (57,0 Prozent) und Japan (52,8 Prozent), während die USA (46 Prozent), das Vereinigte Königreich (35,4 Prozent) und Dänemark (31,5 Prozent) Unternehmen deutlich niedriger besteuern. Höher ist der effektive Steuersatz in Frankreich (68,2 Prozent) und Italien (76 Prozent).

Transparente Steuersysteme bringen höhere Einnahmen

Hohe nominale Steuersätze, komplizierte Steuergesetze und ineffektive Steuerverwaltungen treiben vor allem in Entwicklungsländern viele Unternehmen in die Schattenwirtschaft. In Burundi oder Gambia beispielsweise liegt der nominelle Unternehmensteuersatz jeweils deutlich unter 40 Prozent, die effektive Belastung bei Beachtung sämtlicher Steuern und Abgaben jedoch bei annähernd 300 Prozent. Die Unternehmen müssten also mehr Steuern zahlen, als sie überhaupt verdienen. Weniger drastisch, aber doch auffallend groß sind die Unterschiede zwischen nomineller und effektiver Steuerbelastung in Industrieländern wie Frankreich (Differenz knapp 60 Prozent) oder Italien (knapp 50 Prozent).

Ein transparentes Steuersystem, in dem die Körperschaftsteuersätze weitgehend der tatsächlichen Steuerbelastung entsprechen, würde Entscheidungsprozesse und Verwaltungsabläufe nicht nur in den Unternehmen, sondern auch in den Steuerbehörden beschleunigen. In Dänemark beispielsweise bringt jede dänische Krone, die der Staat in die Steuerverwaltung steckt, Steuereinnahmen von 113 Kronen. In Ungarn liegt das Verhältnis von Ausgaben zu Einnahmen bei 1 zu 77, in Mexiko sogar nur bei 1 zu 33.

„Insgesamt zeigt die Studie für viele Länder einen dringenden Handlungsbedarf bei der Steuervereinfachung auf. Transparente Systeme, weniger Bürokratie und niedrigere Steuersätze können mehr Einnahmen für den Staat und weniger Ausgaben für die Unternehmen bringen. Regierungen und Unternehmen sollten gemeinsam Konzepte erarbeiten, um den beiderseitigen Vorteil zu realisieren“, betont Endres.

Die Studie „Paying Taxes – The Global Picture“ finden Sie als kostenlosen Download unter http://www.pwc.com/Extweb/pwcpublications.nsf/docid/6FE224AC0BA720BB8 5257214004DA2E9

Die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist in Deutschland mit 8.000 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von rund 1,1 Milliarden Euro eine der führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für nationale und internationale Mandanten jeder Größe. PwC bietet Dienstleistungen an in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Dienstleistungen (Assurance), Steuerberatung (Tax) sowie in den Bereichen Transaktions-, Prozess- und Krisenberatung (Advisory).

Weitere Informationen erhalten Sie bei: Prof. Dr. Dieter Endres PricewaterhouseCoopers AG WPG Mitglied des Vorstands, Leiter des Bereichs Tax Tel.: 069 – 9585 6459 dieter.endres@de.pwc.com

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Claudia Mende presseportal

Weitere Informationen:

http://www.pwc.com

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