Kommunalkredite: Vorschriften zum Eigenkapital nach Basel II sind Herausforderung für Kommunen

Die „Neue Baseler Eigenkapitalverordnung“ (Basel II) wird sich auf die deutschen Kommunen weitaus stärker auswirken als allgemein angenommen. Vor allem die vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht vorgeschriebene, risikoorientierte Mindesteigenkapitalquote dürfte die Kreditkosten insgesamt steigen lassen und damit auch die zunächst nicht direkt von Basel II betroffenen Kommunen belasten: „Während insbesondere die kommunalen Spitzenverbände das Thema Basel II unter Berufung auf eine bislang geltende Ausnahmeregelung für Kommunen nicht thematisieren, haben sich bislang immerhin zwei von drei Kommunen mit den neuen Eigenkapitalregeln intensiver befasst“, sagt Jakob Wilbert, Partner im Bereich Public Services von PricewaterhouseCoopers.

Allerdings ist die Detailkenntnis in vielen Städten und Gemeinden noch schwach ausgeprägt – dies bestätigt die Analyse „Basel II und kommunales Rating – Wissen, Erwartungen und Vorbereitungen von Kommunen und Banken“, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Finanzen der Universität Leipzig erstellt wurde. Für die Analyse wurden die 200 größten deutschen Kommunen und 50 Banken zu ihrer Einschätzung und ihren Erwartungen im Zusammenhang mit dem Thema Basel II und Kommunen befragt. Die Rücklaufquote betrug bei den Kommunen 36,5 Prozent (73), bei den Banken 28 Prozent (14).

Die Studie zeigt auf, dass bislang fast jede dritte Kommune auf eine Fortschreibung der bisherigen Ausnahmeregelung („Partial Use“) von Basel II vertraut, der zufolge Forderungen gegenüber kommunalen Gebietskörperschaften ebenso wie Kreditforderungen an den Staat so gut wie keine Ausfallwahrscheinlichkeit haben. Auch die kommunalen Spitzenverbände sind vor diesem Hintergrund der Ansicht, dass Bonitätsbewertungen in Form von Rating-Verfahren für Kommunen nicht erforderlich sind. Doch diese Schlussfolgerung ist dem Ergebnis der PwC-Studie zufolge zu oberflächlich. „Man kann zwar davon auszugehen, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bei der nationalen Umsetzung von Basel II diese Ausnahmeregelung nutzen wird. Dennoch kann sich die BaFin auch für eine befristete Ausnahmeregelung aussprechen“, erläutert Prof. Dr. Thomas Lenk, Institut für Finanzen der Universität Leizpig. „Zudem sollten alle Kommunen berücksichtigen, dass es auch bei einer fest geschriebenen Risikoeinstufung von null Prozent wegen der von Stadt zu Stadt unterschiedlichen Finanzkraft erhebliche faktische Unterschiede bei der Kreditwürdigkeit gibt, die sich in den Kreditkonditionen niederschlagen dürften.“

Mehrheit der befragten Kommunen rechnet mit teureren Krediten

Über die Hälfte der befragten Kommunen rechnet als Folge von Basel II mit einer restriktiveren Kreditpolitik der Banken. Fast 60 Prozent sind der Ansicht, dass sich der Prozess der Kreditgewährung verlängern wird, gut 52 Prozent stellen sich auf höhere Zinsen ein und knapp 58 Prozent erwarten insgesamt steigende Kreditkosten. „Offenbar gehen die Städte und Gemeinden davon aus, dass die Banken die Mehrkosten durch die Einführung von Basel II insgesamt auch auf kommunale Kreditnehmer überwälzen“, erläutert Jakob Wilbert, PricewaterhouseCoopers.

Die Aussagen der Banken stützen diese Sichtweise. So rechnen elf der Kreditinstitute mit steigenden Zinskosten für Kommunen. Eine längere Bearbeitungsdauer vom Kreditantrag bis zur Bewilligung erwarten knapp zwei Drittel der Banken.

Vom Ausmaß der Mehrkosten haben die Kommunen kaum konkrete Vorstellungen: Gut 57 Prozent der Befragten können die zusätzliche Belastung durch Basel II nicht abschätzen. Jede zehnte Kommune sieht im Vertrauen auf die Fortgeltung des „Partial Use“ überhaupt keinen Mehraufwand auf sich zu kommen.

Zwei von drei Kommunen haben Basel-II-Experten

Rund zwei Drittel der befragten Städte und Gemeinden haben konkrete Ansprechpartner für das Thema Basel II. Diese sollen in erster Linie einschätzen, in wie weit sich die neuen Kreditvergabemodalitäten auf die Kommunen auswirken könnten. Drei von zehn Kommunen verlassen sich offenbar auf die Informationen der kommunalen Spitzenverbände, da sie keine direkten Auswirkungen von Basel II erwarten. Die Hauptaufgaben der kommunalen Basel-II-Verantwortlichen liegen nach Ansicht der Kommunen in der Sammlung, Aufbereitung und Weitergabe von Informationen. Weniger wichtig werden Tätigkeiten eingeschätzt, die eng mit kommunalen Rating-Verfahren verknüpft sind. 33 der befragten Kommunen halten die Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen bezüglich der Erfüllung der Bewertungskriterien für eine wichtige Aufgabe. Mit der Vertretung kommunaler Interessen bei den jeweiligen Kreditinstituten sind Experten von 31 Kommunen betraut.

Externe Bonitätsbewertungen von Kommunen bleiben die Ausnahme

Obwohl eine beachtliche Zahl der Kommunen dank ihrer Basel-II-Beauftragten mit Rating-Prozessen vertraut ist und der Bonitätsbewertung offensichtlich eine große Bedeutung beimisst, plant gerade einmal jede zehnte Kommune die Durchführung eines externen Ratings. „Angesichts des vorhandenen Wissens ist diese Zurückhaltung zunächst schwer verständlich, da ein externes Rating den Weg zur Finanzierung über die internationalen Kapitalmärkten frei machen würde. Insbesondere für Schuldner mit einem hohen Refinanzierungsbedarf wäre dies eine attraktive Alternative zur Kreditfinanzierung über Banken“, betont Jakob Wilbert, PricewaterhouseCoopers.

Jedoch sei zu berücksichtigen, dass externe Ratings von den Städten und Gemeinden eingekauft werden müssten und den Haushalt mit zusätzlichen Kosten belasteten, so Jakob Wilbert. Die kommunalen Rating-Experten dienten daher in erster Linie als Ansprechpartner für bankinterne Bonitätsbewertungen, auf deren Durchführung die Kommunen keinen direkten Einfluss ausüben könnten.

Basel II als Chance: Mehr Transparenz für Investoren und Bürger

Aus der Zurückhaltung der Kommunen gegenüber einer systematischen Bonitätsbewertung kann allerdings nicht gefolgert werden, dass die Städte und Gemeinden die Einbeziehung in den Basel-II-Prozess grundsätzlich ablehnen. Die Mehrheit der befragten Kommunen sieht durchaus positive Wirkungen kommunaler Rating-Verfahren. So verbinden 74 Prozent der Befragten mit Bonitätsbewertungen eine bessere Einschätzbarkeit von Chancen und Risiken, 63 Prozent rechnen mit mehr Transparenz für Investoren und Bürger. Demgegenüber sehen nur knapp 44 Prozent der Kommunen eine verbesserte Verhandlungsposition gegenüber Kreditinstituten, gut 41 Prozent eine Verschlechterung. „Insgesamt steht die Einschätzung der Relevanz kommunaler Ratingverfahren infolge Basel II durch Städte im Gegensatz zur restriktiven Sicht der kommunalen Spitzenverbände. Entsprechend sollten die Kommunen die neue Richtlinie mehr als Chance denn als Risiko begreifen“, so Jakob Wilbert, PricewaterhouseCoopers.

Die Studie „Basel II und kommunales Rating – Wissen, Erwartungen und Vorbereitungen von Kommunen und Banken erhalten Sie als kostenfreien Download unter: www.pwc.com/de

Weitere Informationen erhalten Sie bei:

Jakob Wilbert
Pricewaterhousecoopers AG WPG
Public Services
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E-Mail: jakob.wilbert@de.pwc.com
Univ.-Prof. Dr. Thomas Lenk
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Institut für Finanzen
Tel.: (0341) 97 33 – 580
E-Mail: mazny@wifa.uni-leipzig.de
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