E-Government in den Kommunen: drei Schritte vor, einer zurück

Die wichtigsten Ziele des kommunalen E-Government haben sich in den letzten Jahren leicht verschoben: Die Ausschöpfung von Spar- und Rationalisierungspotenzialen ist wichtiger, wenn auch nicht dominant geworden. Weiterhin stehen Modernisierung von Politik und Verwaltung sowie verbesserte Erreichbarkeit für „Kunden“ im Vordergrund.

Bei den Online-Services sind die Kommunen speziell im Bereich der Informations- und Kommunikationsangebote oft schon weit fortgeschritten; Transaktionsangebote – zum Beispiel Online-Anmeldungen oder -Genehmigungen – liegen im Vergleich dazu jedoch noch weit zurück. Erfreulich ist die Entwicklung des Problembewusstseins: Die Kommunen haben mehrheitlich erkannt, dass Transaktionsangebote gerade für „Großkunden“ der Verwaltung, vor allem für Vielnutzer wie Dienstleister und Intermediäre, eine wichtige Rolle spielen. Neben der Fortentwicklung der Fachanwendungen – beispielsweise im Einwohnermeldewesen – und Online-Services ist ein wesentliches Ziel des kommunalen E-Government der weitere Ausbau der Basisinfrastruktur für E-Government.

Die aktuelle Bestandsaufnahme bestätigt, dass die Kommunen, die das Thema E-Government zur Chefsache gemacht haben, deutlich weiter vorangeschritten sind als andere Kommunen. Die dominierenden Technikthemen sind IT-Sicherheit, Datenschutz sowie die Standardisierung von Datenstrukturen (xÖV) und Prozessen.

Die Umfrage zeigt auch eine Reihe von kritischen Defiziten auf, die teilweise bekannt sind, teilweise aber auch als Rückschritt gesehen werden müssen. So spielt beispielsweise E-Democracy in den Überlegungen der Kommunen eine immer geringere Rolle. Von einem „Balanced E-Government“ (Bertelsmann Stiftung), also einer ausgewogenen Entwicklung von E-Adminstration und E-Participation ist man weiter entfernt denn je. Kommunales E-Government ist weiterhin zunehmend, aber immer noch zu selten strategisch angelegt, d.h. es fehlen oft Masterpläne oder andere mittel- bis langfristig angelegte Konzepte. Ein großes Defizit ist weiterhin die wirkliche Optimierung und Neugestaltung von Prozessen (GPO). Stattdessen wird IT vielfach eingesetzt, um die bestehenden, oft suboptimalen Prozesse 1:1 abzubilden. Seit 2001 sind hier kaum Fortschritte erkennbar. Ein weiteres Problem: Kosten-/Nutzenanalysen oder regelmäßige Wirtschaftlichkeitsberechnungen werden nur von einem kleinen Teil der deutschen Kreise, Städte und Gemeinden vorgenommen. Schließlich ist das Marketing für die E-Government-Anwendungen vor allem in kleineren Kommunen noch selten, ebenfalls werden noch zu selten Nutzungsanreize gewährt.

Die Umfrage zeigt insgesamt, dass es trotz der beschriebenen Defizite eine ganze Anzahl guter Beispiele gibt. Ausgewählte davon sind mit ihrem jeweils spezifischen E-Government-Profil in der aktuellen Studie benannt. Es wird offensichtlich, dass Großstädte zwar erheblich größere Potenziale besitzen, aber auch in kleinen Städten und Gemeinden sowie Kreisen teilweise deutliche Fortschritte erzielt worden sind.

Bei allen Fortschritten machen die Ergebnisse dennoch deutlich, dass entscheidende Weichenstellungen im kommunalen E-Government erst noch anstehen. So ist eine der wichtigsten Aussagen aus der Befragung für die Weiterentwicklung von E-Government im föderalen System, dass die Kommunen starke Befürworter einer Zentralisierung von Verfahren und Datenbeständen sind und damit auch die Grenzen und Rechte der kommunalen Selbstverwaltung sinnvoll interpretieren.

Die aktuelle Bestandsaufnahme des Difu in Zusammenarbeit mit der KGSt folgt einen mehrfachem Anspruch:

Hohe Repräsentativität (so haben sich z.B. mehr als zwei Drittel aller größeren Städte und Gemeinden beteiligt), Orientierung an einem bewährten Analyserahmen („Erfolgsfaktoren“ aus der Begleitforschung MEDIA@Komm), methodische Präzision, indem jeweils gesonderte Werte für Gemeindegrößenklassen ausgewiesen werden (in anderen Befragungen werden meist Durchschnittsangaben der antwortenden Städte und Gemeinden gemacht, was abhängig vom Verhältnis antwortender kleiner und großer Kommunen zu willkürlichen Ergebnisverzerrungen führt), thematische Breite und Tiefe (Themen sind u.a. Strategie/Ziele, Projektorganisation und -management, Umsetzungsstand E-Government-Angebote nach Zielgruppen und Komplexität, Signaturanwendungen, beispielhafte Lösungen, Wirtschaftlichkeitsrechungen, finanzielle und personelle Voraussetzungen, Formen der Zusammenarbeit, Verknüpfung mit Verwaltungsmodernisierung, Prozessoptimierungen, Informiertheit, Informationsbedarfe, Bekanntheit und Nutzen von Pilotvorhaben) und kommunaler Konsens über die relevanten Fragen (Erstellung des Fragenkatalogs mit Unterstützung der KGSt und in Abstimmung mit den drei kommunalen Spitzenverbänden). Insgesamt konnten Angaben von etwa 330 Kommunen ausgewertet werden (jeweils über 100 Städte und Gemeinden mit mehr und mit weniger als 50 000 Einwohnern sowie mehr als 100 Kreise).

Die Studie (Busso Grabow; Christine Siegfried – in Zusammenarbeit mit Marianne Wulff – Kommunales E-Government 2006 – eine empirische Bestandsaufnahme) wird parallel in den Reihen Difu-Materialien und KGSt-Berichte veröffentlicht.
Bestellung: Deutsches Institut für Urbanistik, Postfach 120321, 10593 Berlin,
Fax: 030/39001-275, E-Mail: verlag@difu.de, http://www.difu.de/publikationen/abfrage.php3?id=898
Weitere Informationen:
Dr. rer. pol. Busso Grabow
Telefon: 030/39001-248
E-Mail: grabow@difu.de
Kurzinfo: Deutsches Institut für Urbanistik (Difu)
Das Difu ist als größtes Stadtforschungsinstitut im deutschsprachigen Raum die Forschungs-, Fortbildungs- und Informationseinrichtung für Städte, Kommunalverbände und Planungsgemeinschaften. Ob Stadt- und Regionalentwicklung, Wirtschaftspolitik, Städtebau, Soziale Themen, Umwelt, Verkehr, Kultur, Recht, Verwaltungsthemen oder Kommunalfinanzen: Das 1973 gegründete unabhängige Institut bearbeitet ein umfangreiches Themenspektrum und beschäftigt sich auf wissenschaftlicher Ebene mit allen Aufgaben- und Problemstellungen, die die Kommunen heute und in Zukunft zu bewältigen haben. Rechtsträger ist der Verein für Kommunalwissenschaften e.V., der zur Sicherung und Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung 1951 vom DST und dem Land Berlin gegründet wurde.
Pressekontakte:
Sybille Wenke-Thiem
Ltg. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Institut für Urbanistik (Difu)
Ernst-Reuter-Haus
Straße des 17. Juni 112
10623 Berlin
S-Bahn: Tiergarten
E-Mail: wenke-thiem@difu.de
Telefon: 030/39001-209/-208
Telefax: 030/39001-130

Media Contact

Sybille Wenke-Thiem idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer