Arbeitnehmer in Deutschland wollen auch in fortgeschrittenem Alter beruflich aktiv bleiben

Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der Bertelsmann Stiftung

Gütersloh, 24. Juli 2006. Die Arbeitnehmer in Deutschland wollen nicht frühzeitig zum alten Eisen gehören. Eine große Mehrheit der heute Erwerbstätigen zwischen 35 und 55 Jahren möchte auch in fortgeschrittenem Alter beruflich aktiv bleiben. Das zeigt eine repräsentative Befragung von TNS Emnid im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Allerdings wünschen sich die Befragten eine flexible Gestaltung des Renteneintrittsalters. 61 Prozent möchten ihren persönlichen Renteneintritt im Alter zwischen 60 und 67 Jahren selbst bestimmen können. Dabei wären sie auch bereit, entsprechende Rentenabschläge bei vorzeitigem Ruhestand in Kauf zu nehmen.

Für eine Beibehaltung des bisherigen Renteneintrittsalters von 65 Jahren sprechen sich da­gegen nur 34 Prozent der Erwerbstätigen aus. Lediglich fünf Prozent der Befragten sind mit einer Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre einverstanden, um auf diese Weise die Rentenzahlungen auch zukünftig finanzieren zu können.

70 Prozent der Erwerbstätigen wünschen sich eine stärkere Anerkennung der eigenen Ar­beitsleistung durch den Vorgesetzten, um ihrer derzeitigen Berufstätigkeit bis zum 65. Le­bensjahr mit Engagement und Motivation nachgehen zu können. Nur 11 Prozent der Be­fragten geben an, gegen Ende der eigenen Erwerbsbiografie gar nicht mehr arbeiten zu wollen. Die überwiegende Mehrzahl der deutschen Arbeitnehmer möchte in dieser Lebens­phase beruflich aktiv bleiben: 21 Prozent wollen weiter ganztags arbeiten, 47 Prozent wün­schen sich eine Teilzeit-Beschäftigung und 19 Prozent plädieren für ein Wechselspiel zwischen Arbeit und Freizeit.

Nach dem Eintritt in den Ruhestand wollen sich die heutigen Arbeitnehmer vor allem um Familie und Freunde kümmern (98 Prozent) oder ihren Hobbies widmen (95 Prozent). Mehr als zwei Drittel der Befragten möchten sich gesellschaftlich engagieren. Auch der Wunsch nach einer Nebenbeschäftigung im Rentenalter ist mit 44 Prozent recht ausgeprägt. Immer­hin 42 Prozent der Befragten wollen sich über VHS-Kurse oder Uni-Vorlesungen weiterbil­den.

Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass 71 Prozent der Befragten schon heute eine ökonomische Notwendigkeit sehen, auch in der nachberuflichen Phase dazu verdienen zu müssen. Je jünger die Arbeitnehmer sind, desto höher schätzen sie den wirtschaftlichen Zwang zur Arbeit im Rentenalter ein: 82 Prozent der 35 bis 39-Jährigen halten dies für ein realistisches Szenario, während finanzielle Gründe für die Befragten zwischen 50 und 55 Jahren von geringerer Bedeutung sind (64 Prozent).

Die Hauptverantwortung für den Erhalt und die Sicherung der Beschäftigungs- und Lernfä­higkeit bis zum Eintritt ins Rentenalter sehen die befragten Arbeitnehmer bei sich selbst (94 Prozent). Rund zwei Drittel der Befragten sprechen dem direkten Vorgesetzten (67 Prozent) sowie der Unternehmensleitung (62 Prozent) eine Mitverantwortung zu. Die Personalabtei­lungen und Gewerkschaften spielen in diesem Zusammenhang in den Augen der Erwerbstä­tigen nur eine untergeordnete Rolle.

„Angesichts der demographischen Entwicklung ist ein gesellschaftlicher Paradigmenwechsel hin zu längeren Tätigkeitsbiographien zwingend notwendig“, sagte Vorstandmitglied Dr. Jo­hannes Meier bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse. Das kalendarische Alter des Men­schen dürfe nicht länger über seine Beschäftigungschancen und die Teilnahme am sozialen Leben entscheiden. „Die hohe Bereitschaft der Erwerbstätigen, sich bis ins Alter beruflich und gesellschaftlich zu engagieren, sehen wir als Hinweis für die Entwicklung einer neuen Kultur der Altersbeschäftigung“, sagte Meier. Politik und Verbände seien nun aufgerufen, gesetzliche und tarifliche Fehlanreize zur vorzeitigen Ausgliederung von älteren Beschäftig­ten abzubauen und neue Formen des fließenden Übergangs zwischen Arbeit und nachberuf­lichem Engagement zu entwickeln.

Die Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmer ist in diesem Jahr ein inhaltlicher Schwer­punkt der Bertelsmann Stiftung. Mitte September verleiht sie ihren mit 150.000 Euro dotier­ten Carl Bertelsmann-Preis zum Thema „Älter werden – aktiv bleiben. Beschäftigung in Wirt­schaft und Gesellschaft“.

Rückfragen an:

Dr. Jens Prager; Telefon: 0 52 41 / 81-81-544; E-Mail: jens.prager@bertelsmann.de

André Schleiter: Telefon: 0 52 41 / 81-81 262; E-Mail: andre.schleiter@bertelsmann.de

Media Contact

Julia Schormann idw

Weitere Informationen:

http://www.bertelsmann-stiftung.de

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