DIfE PM11: Körpermaße und Dickdarmkrebs-Risiko – Neue Ergebnisse der EPIC-Studie

„Unsere Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass besonders die Bauchfettmenge für die Dickdarmkrebs-Entstehung entscheidend ist. Hierzu passt unsere Beobachtung, dass sich der BMI als Vorhersageparameter bei Frauen eher nicht eignet, da letztlich der Zusammenhang zwischen BMI und Bauchumfang bei ihnen nicht so eng ist wie bei Männern. Dieses ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass sich Körperfett bei Männern generell eher in der Bauchgegend anlagert, während es sich bei Frauen naturgemäß auch an anderen Stellen ansammelt“, so Heiner Boeing, Leiter der Potsdamer EPIC-Studie. „Warum eine größere Bauchfettmenge das Dickdarmkrebs-Risiko erhöht, wissen wir derzeit noch nicht. Möglicherweise spielt eine mit dem Übergewicht verbundene Insulinresistenz und eine daraus folgende Insulinspiegelerhöhung eine Rolle. Weitere Mediatoren, die eventuell beteiligt sind, sind das Leptin und das Adiponectin. Derzeit untersuchen wir innerhalb der EPIC-Studie diese und andere Biomarker hinsichtlich eines möglichen Zusammenhangs mit der Darmkrebs-Entstehung.“

Neben dem DIfE ist das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg als zweites deutsches Studienzentrum an EPIC beteiligt.

Die EPIC-Wissenschaftler untersuchten die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Körpermaßen und dem Auftreten von Dickdarm- beziehungsweise Mastdarmkrebs an 368.277 EPIC-Studienteilnehmern/innen. Dabei basiert die Datenanalyse auf einer etwa 6jährigen Nachbeobachtungszeit, in der 984 Teilnehmer an Dickdarm (Kolon)- und 586 an Mastdarm (Rektum)-Krebs erkrankten.

Die Epidemiologen kamen zu folgenden Ergebnissen: Frauen mit einer WHR von über 0,85 hatten im Vergleich zu ihren Geschlechtsgenossinnen mit einer WHR unter 0,73 ein um 52 Prozent erhöhtes Risiko, an Dickdarmkrebs zu erkranken. Fast gleiche Werte waren bei Männern zu beobachten. Bei ihnen stieg das Risiko von der Gruppe (Quintil) mit der niedrigsten WHR (
Die Körperlänge war ebenfalls bei beiden Geschlechtern relativ stark mit dem Erkrankungsrisiko assoziiert. Frauen, die größer waren als 167,5 cm, hatten im Vergleich zu kleinen Frauen (

Geschlechtsspezifische Unterschiede waren dagegen beim BMI zu erkennen. Im Vergleich zu schlanken Männern mit einem BMI unter 23,6 hatten Männer mit einem BMI über 29,4 ein um 55 Prozent erhöhtes Dickdarmkrebs-Risiko. Bei Frauen ließ sich zwischen den entsprechenden Gruppen nur eine Risikoerhöhung um maximal 6 Prozent nachweisen.

*WHR = Waist Hip Ratio

Zusätzliche Hintergrundinformation:

Der Body Mass Index (BMI) berechnet sich aus dem Körpergewicht [kg] dividiert durch das Quadrat der Körpergröße [m2].

Eine große Körperlänge ist mit einem erhöhten Dickdarmkrebs-Risiko verbunden. Eine mögliche Ursache hierfür ist die größere Anzahl der Körperzellen an sich. Je mehr Zellen vorhanden sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine dieser Zellen mutiert. Außerdem sind große Menschen vermutlich einem relativ starken Einfluss von Wachstum-regulierenden Hormonen (Wachstumshormon, insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor und Insulin) ausgesetzt, die wiederum mit der Krebsentstehung in Zusammenhang stehen.

Leptin ist ein von Fettzellen abgegebenes Hormon, das eine Appetit-hemmende Wirkung hat. Es spielt eine wesentliche Rolle bei der Regulierung des Fettstoffwechsels und stimuliert das Wachstum von Dickdarmepithelzellen.

Adiponectin ist ein von Fettzellen abgegebenes Hormon. Niedrige Serumkonzentrationen sind ein Risikofaktor für die spätere Entstehung des Diabetes mellitus, zudem verfügt es über anti-angiogene und Tumor-hemmende Eigenschaften.

Zahlen:
Schätzungsweise erkranken weltweit pro Jahr etwa 1 Million Menschen neu an Dickdarm- oder Mastdarmkrebs, wobei die Anzahl der Erkrankungen in den letzten 30 Jahren deutlich zugenommen hat. In Westeuropa sind Dickdarm- und Mastdarmkrebs für etwa 13 Prozent aller Krebstodesfälle verantwortlich. In Deutschland sterben jährlich ca. 31.000 Menschen an Darmkrebs. Bezogen auf die Neuerkrankungsrate ist Dickdarmkrebs die zweithäufigste Krebsform innerhalb Deutschlands.

EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition)-Studie: eine prospektive, 1992 begonnene Studie, die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Krebs und anderen chronischen Erkrankungen aufdeckt. 23 administrative Zentren in zehn europäischen Ländern mit 519.000 Studienteilnehmern sind an der Studie beteiligt. Die EPIC-Studie wird von Dr. Elio Riboli (International Agency on Research of Cancer, Lyon, Frankreich) koordiniert. Die Potsdamer EPIC-Studie, an der 27.548 Frauen und Männer im Alter zwischen 35 und 65 Jahren teilnehmen, leitet Professor Dr. Heiner Boeing.

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