Umwelteffizienz von Unternehmen in Euro gemessen

Bewertung wendet Logik des Kapitalmarktes auf den Ökologie-Einsatz an


65 europäische Industrieunternehmen sind erstmals in einer Studie auf ihre Ökoeffizienz hin untersucht worden. Das so genannte ADVANCE-Projekt wurde vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) in Berlin zusammen mit dem Sustainable Development Research Centre (SDRC) im schottischen Forres und vier europäischen Öko-Rating Agenturen durchgeführt. Die Forscher haben die Unternehmen unter dem Aspekt des Sustainable-Value-Ansatzes unter die Lupe genommen. Dieser Ansatz bewertet die Umweltleistung von Unternehmen monetär und folgt der Bewertungslogik der Finanzmärkte. So wird die Umweltleistung von Unternehmen in die Sprache von Investoren und Managern übersetzt.

„BMW setzt seine Umweltressourcen zum Beispiel siebenmal effizienter ein als FIAT“, so der Umweltwissenschaftler Tobias Hahn vom IZT im pressetext-Interview. „Generell steigen Öl-, Gas- und Energieunternehmen am schlechtesten aus“, führt Hahn weiter aus. Die Mineralölkonzerne BP und Shell erreichen nicht einmal ein Fünftel der Effizienz, mit der die Umweltressourcen in den 15 alten EU-Mitgliedstaaten durchschnittlich eingesetzt werden. „Anders ausgedrückt heißt das: Mit den Umweltressourcen von BP oder Shell würden selbst durchschnittlich öko-effiziente Unternehmen in der EU-15 jedes Jahr über 100 Mrd. Euro mehr Bruttoinlandsprodukt erzielen“, meint Hahn.

„Die grundlegende Logik des Sustainable-Value-Ansatzes ist einfach“, meint Hahn. „Ein Unternehmen schafft mit einer ökologischen Ressource, wie etwa Wasser, nur dann Wert, wenn es mit der eingesetzten Ressourcenmenge mehr Ertrag erzielt als andere Unternehmen.“ Untersucht wurden in der Studie die sieben verschiedene Ressourcen Wasser, CO2-Ausstoß, Abfallmenge, Methan, Flüchtige Organische Verbindungen (VOCs), Stick- und Schwefeloxide. Ein Rechenbeispiel von Hahn erläutert das System: Henkel hat 2003 rund 9,3 Mio. Kubikmeter Wasser eingesetzt und damit eine Bruttowertschöpfung von rund 2,9 Mrd. Euro erzielt. Hingegen hätte ein Unternehmen den EU-15 im Durchschnitt mit dieser Menge Wasser nur eine Bruttowertschöpfung von rund 380 Mio. Euro erzielt. „Im Vergleich zum EU-15-Durchschnitt schafft Henkel daher einen Mehrwert von rund 2,5 Mrd. Euro“, rechnet der Forscher vor.

BMW ist der öko-effizienteste Automobilhersteller in Europa und schaffte im Jahr 2003 einen Sustainable-Value von rund 9,5 Mrd. Euro. Das Unternehmen BMW setzt seine Umweltressourcen fast viermal effizienter ein als die EU-15 im Durchschnitt. Volkswagen dagegen wirtschaftet nur knapp öko-effizienter als der EU-15-Durchschnitt. Damit landet VW innerhalb des Automobilsektors auf dem vorletzten Platz. Einen negativen Sustainable-Value von 13,9 Mrd. Euro erreichte der Konzern BASF im Jahr 2003. „Dieses Unternehmen setzte seine Umweltressourcen nur etwa halb so effizient ein wie der EU-15-Durchschnitt“, so das Studienergebnis.

Das Unternehmen, das insgesamt seine Umweltressourcen im Jahr 2003 am effizientesten einsetzte, ist Airbus. „Der Flugzeughersteller ist viereinhalb mal effizienter als die EU-15 im Durchschnitt. Dies betrifft jedoch nur die Herstellung und nicht die Nutzung von Flugzeugen“, so Hahn.

„Die Ergebnisse der Studie sind nach einem transparenten Verfahren zustande gekommen und zeigen deutlich, welche Unternehmen unsere knappen Umweltressourcen so einsetzen, dass aus der Umweltbelastung möglichst viel Wirtschaftsleistung erzielt werden kann. Die beträchtlichen Unterschiede innerhalb der Branchen machen offenkundig, welche Unternehmen beim Umgang mit ökologischen Ressourcen großen Nachholbedarf haben“, so Studien-Co-Autor Frank Figge vom SDRC.

Ein weiteres Ergebnis der Studie machte die Forscher sehr stutzig. „Die Zahl der europäischen Industrieunternehmen, die überhaupt verlässliche Umweltzahlen veröffentlichen, ist immer noch erschreckend gering“, erklärt Hahn. Die von der EU mitfinanzierte Studie, die seit Dezember 2004 läuft, geht übrigens noch weiter. In der zweiten Jahreshälfte wollen die Forscher ein Handbuch veröffentlichen. „Das soll ein Buch für Nachahmer werden“, meint Hahn im pressetext-Gespräch abschließend.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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