Die tödlichste Krise unserer Zeit: RUB-Studie über die Gesundheitsversorgung im Ost-Kongo

RUB-Forscher: Zwischen Nachhaltigkeit und Zugangsbeschränkung

Nicht die vor einem Jahr vom Tsunami verwüsteten Regionen Süd-Ost-Asiens und auch nicht das von Krieg und Erdbeben erschütterte Afghanistan sind die größten Krisenherde der Erde – es ist die Region Ost-Kongo: „Wir schätzen, dass in den vergangenen sieben Jahren mehr als vier Millionen Kongolesen gestorben sind“, sagt Juniorprofessor Dr. Dennis Dijkzeul, Bochumer Experte für Humanitäre Hilfe (Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht der RUB, IFHV). „Damit ist diese Krise die tödlichste unserer Zeit.“ Als Mitherausgeber hat Dijkzeul die Arbeit von vier Hilfsorganisationen vor Ort untersucht: Die Studie über die problematische Basisgesundheitsversorgung ist nun im weltweit renommierten Verlag „The National Academic Press“ (Washington, D.C.) erschienen.

Hilfe und Rat aus Bochum

Herausgeber der aktuellen Studie „Supporting Local Health Care in a chronic Crisis“ sind die National Academies – eine unabhängige Vereinigung, die der amerikanischen Regierung mit objektivem Rat zur Seite steht. Dieses Mal haben sich die National Academies an die Ruhr-Universität Bochum gewandt: Der Bochumer Forscher Dennis Dijkzeul und Caroline Lynch (London School of Hygiene and Tropical Medicine) untersuchten im Osten der Demokratischen Republik Kongo die Arbeit von vier Hilfsorganisationen – International Rescue Commitee (IRC), USA, Malteser International, Deutschland, Medical Emergency Relief International (Merlin), Großbritannien, sowie die lokale „Association Règionale d’Approvisionnement en Medicaments Essentiels“ (ASRAMES).

Ist-Situation im Kongo

Kennzeichen der seit Jahren anhaltenden Krise im Kongo sind unter anderem Gewalt, Massenvertreibungen, Plünderungen, Einmischung von Nachbarstaaten und nicht zuletzt die Ausbeutung von Rohstoffen. Das Fazit der Autoren: Die Bevölkerung im Kongo ist nach wie vor auf internationale Unterstützung angewiesen. Der Staat vernachlässigt seit den 80er-Jahren das nationale Gesundheitssystem. Die Menschen müssen alle Kosten der Gesundheitsversorgung selbst übernehmen – sie sind jedoch so arm, dass sie sich das nicht oder kaum leisten können.

Internationale Pionierstudie

Mit ihrer Studie erarbeiten Dijkzeul und Lynch nun erstmals Empfehlungen, wie sich Zugangsmöglichkeiten zur Gesundheitsversorgung in einer chronischen Krise wie im Kongo langfristig und nachhaltig verbessern lassen. Gleichzeitig zielen die Untersuchungsergebnisse darauf ab, das Leistungsvermögen und die Qualität der lokalen Gesundheitssysteme zu erhöhen. Dazu haben die Wissenschaftler quantitative und qualitative Daten über die Bevölkerung ausgewertet; sie haben die Strategien zur Kostendeckung der Hilfsorganisationen und ihre Zusammenarbeit untereinander untersucht. Für den Staat Kongo leiten sie daraus eine „Hilfe zur Selbsthilfe“ ab. „Es gibt bisher kein vergleichbares Datenmaterial und erst recht keine Standardlösungen für dieses Problem“, so Dr. Dennis Dijkzeul. Die Studie zeigt außerdem, in welchen Bereichen weitere internationale Forschungsarbeiten dringend benötigt werden.

Über die Autoren

Dr. Dennis Dijkzeul arbeitet seit Oktober 2002 als Juniorprofessor am Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Volkerrecht (IFHV) an der Ruhr-Universität Bochum. Zuvor war der niederländische Ökonom Direktor des „Program for Humanitarian Affairs“ an der Columbia Universität in New York. Dennis Dijkzeul hat in Rotterdam seine Doktorarbeit über UN-Management verfasst und als Berater internationaler Organisationen in Afrika, Mittelamerika, Europa und den USA gearbeitet. Er hat das aktuelle Buch zusammen mit Caroline Lynch, einer Doktorantin von der London School of Hygiene und Tropical Medicine geschrieben. Beide Autoren haben längere Zeit für humanitäre Organisationen im Ost-Kongo gearbeitet. Dennis Dijkzeul ist auch Autor der Bücher „Rethinking International Organizations: Pathologies and Promises“ (Berghan Books, New York and Oxford, 2003) und „Between Force and Mercy: Military Action and Humanitarian Aid“ (Berliner Wissenschaftsverlag, 2004).

Titelaufnahme

Dijkzeul, D. and Lynch, C. (2005): „Supporting Local Health Care in a Chronic Crisis: Management and Financing Approaches in Eastern Democratic Republic of the Congo.“ National Research Council of the National Academies, Roundtable on the Demography of Forced Migration, Committee on Population, Division of Behavioural and Social Science and Education, and Program on Forced Migration and Health at the Joseph L. Mailman School of Public Health at Columbia University, Washington DC: The National Academics Press, xii + 91 pp.

Weitere Informationen

Dr. Dennis Dijkzeul, Institut für Friedensicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht der RUB, Tel. 0234/32-27932, E-Mail: dennis.dijkzeul@rub.de

Media Contact

Dr. Josef König idw

Weitere Informationen:

http://www.ruhr-uni-bochum.de/

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