Städte sind als Lebensraum wieder in

Deutschlands Metropolen: Kinder bekommen Minderheiten-Status

Nach einer jüngsten Studie des British American Tobacco-(BAT) Forschungsinstituts sind die Städte als Lebensraum wieder in. Der wissenschaftliche Leiter des Instituts Horst Opaschowski, stellt dabei fest, dass wirtschaftliche Gründe, Menschen dazu veranlassen, wieder in die Städte zu ziehen. „Menschen ziehen zum Wohlstand“, so der Forscher im pressetext-Interview. Steigende Energiekosten tragen dazu noch bei. Der Abschied vom urbanen Pessimismus werde offensichtlich.

„In den Wunschvorstellungen der Bevölkerung gleicht die Stadt der Zukunft deinem modernen Sesam-öffne-dich. Wichtig und attraktiv ist fast alles, was das Leben in der Stadt gut, schön und lebenswert macht“, erklärt Opaschowski. Kultur rangiere hier ebenso weit oben wie ein abwechslungsreiches Leben auf Straßen und Plätzen und eine hohe Erlebnisqualität im Wohnumfeld. Sauberkeit und Sicherheit gehöre zu diesem urbanen Wohlfühlen dazu. „Das ist die Lebensqualitätssuche, die auf dem Land nicht mehr garantiert werden kann“, so der Forscher. Zu den größten Problemen am Land gehören mangelhafte öffentliche Verkehrsanbindungen, das geringe Freizeit- und Kulturangebot sowie immer häufigere fehlende Dienstleistungseinrichtung. „In vielen Ortschaften gibt es nicht ein Mal mehr Kneipen“, so der Experte.

„Das Lebenskonzept der Menschen hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend geändert“, so Opaschowski. Das Schlagwort laute „Die Immobilie wird mobil“. Das Motto lautet „Alle unter einem Dach, aber jeder für sich“, beschreibt der Experte die Situation. Damit werde die Kommunikation und die Individualität ermöglicht und zugleich eine Vereinsamung verhindert. Ganz offensichtlich wünschen sich die modernen Städter neue Wohnformen zur Miete oder zum Eigentum. Diese sollen Baugemeinschaften, Generationshäuser und auch Senioren-WGs verwirklichbar machen. Die Wohnung gilt – nach der Kleidung – als die dritte Haut des Menschen: Status, Selbstbild, Lebensstil – alles spiegelt sich hier wider. Der prognostizierte Bevölkerungsrückgang lasse in Zukunft mehr frei-Raum zur Inszenierung der eigenen Person im jeweilig gewünschtem sozialen Milieu.

Flexibles Wohnen sei angesagt – wie Opaschowski feststellt: „Im Idealfall müsste in jeder neuen Lebensphase das Haus umgebaut oder neu eingerichtet werden. Wer seine Arbeit oder seinen Partner wechselt, zieht woanders hin. Wer Gleichgesinnte sucht, wählt eine Interessen-WG auf Zeit“, so Opaschowski. Standardwohnungen hätten daher bald ausgedient. In Zukunft werden Kinder in den deutschen Großstädten einen Minderheiten-Status erlangen. Seit 1900 hat sich der Anteil von Zwei-Personen-Haushalten in Deutschland von 22 Prozent auf heute 70 Prozent erhöht. Die Kinderlosigkeit sei allerdings keine Privatangelegenheit, meint der Wissenschaftler.

Als sehr problematisch beurteilt der Wissenschaftler auch die wachsenden sozialen Probleme, die zu eskalieren drohen. Allen voran die Sorge vor unbezahlbaren Mieten. Übereinstimmend vertreten West- wie Ostdeutsche die Auffassung, dass das Stadtbild der Zukunft durch Stress und Unruhe sowie durch Armut und Elend geprägt sein werde. Dabei gehe es allerdings um grundlegend existentielle Fragen von Wohnen, Essen und Kleiden. „Die neue soziale Komponente erfordert eine veränderte Stadtplanung“, erklärt Opaschowski. In Hamburg werde dies auf politischer Ebene schon praktiziert. Dort entstehen neue vier-sechs und acht-Familienhäuser, die man als echte Generationshäuser bezeichnen kann“, sagt der Experte. Der Trend laute: Mehr Innenstadtförderung anstatt Bauen auf der grünen Wiese. Dies sei auch ökologisch sinnvoll. Wie komplex die Situation ist, wird an der Betrachtung einzelner Stadtbeispiele offensichtlich. „Die bipolare Stadt wird an den Rändern abgerissen und wächst in der Innenstadt neu“, so Opaschowski abschließend.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.deutschland

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