Immer mehr Finanzdienstleister lagern Arbeitsplätze in Niedriglohnländer aus

Weltweite PwC-Umfrage: Bis 2008 verlagert jeder zweite Finanzdienstleister zehn bis 20 Prozent der Arbeitsplätze in Niedriglohnländer / Auch komplexe Dienstleistungen zunehmend betroffen / In Deutschland schwächen hohe regulatorische Hürden den Trend ab

Die Finanzdienstleistungsbranche wird in den kommenden Jahren deutlich mehr Aufgaben und damit auch Arbeitsplätze in Niedriglohnländer („offshore“) verlagern als bisher. Wie aus einer heute veröffentlichten Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hervorgeht, sollen bis 2008 in jedem zweiten Unternehmen 10 bis 20 Prozent der Beschäftigten „offshore“ arbeiten. Derzeit erreicht erst jeder vierte Finanzdienstleister diese Quote. An der Umfrage „Offshoring in the financial services industry: Risks and rewards“ nahmen 156 Führungskräfte aus Banken, Versicherungen, dem Investment Management- und Immobiliensektor in Nord- und Südamerika, Europa und im asiatisch-pazifischen Raum teil.

Kurzfristiges Kostendenken reicht nicht aus

Fast 80 Prozent der Finanzdienstleister, die bereits ausgelagert haben, nannten Kostensenkungen als Hauptgrund für die Verlagerung von Arbeitsplätzen. In den meisten Fällen trat diese Erwartung auch ein, wenn auch häufig nicht so schnell und nicht so deutlich wie erwartet. Zwar gaben immerhin 74 Prozent der Führungskräfte an, dass die Kosten auf längere Sicht gesunken seien. Im ersten Jahr nach dem Offshoring konnte hingegen fast ein Drittel keine Kostensenkung ausmachen, bei 15 Prozent der Unternehmen änderte sich die Kostenbasis auch fünf Jahre nach der Funktionsverlagerung ins Ausland nicht. Entsprechend zeigten sich nur 60 Prozent Führungskräfte zufrieden mit den erzielten Einspareffekten. Unter Berücksichtigung von zusätzlichen Faktoren wie Kundenzufriedenheit oder Effizienzverbesserungen wertete sogar nur die Hälfte der Befragten den Schritt ins Ausland insgesamt als Erfolg. „Finanzdienstleister, die Offshoring als langfristigen Prozess der Unternehmensausrichtung betrachten, werden größere Erfolge erzielen als Unternehmen, die nur kurzfristige Kostensenkungspotenziale im Blick haben“, rät Holger Herbert, Partner bei PwC im Bereich Advisory. Vor allem steigende Lohnkosten als Folge des intensiven Wettbewerbs um qualifizierte Mitarbeiter würden häufig zu wenig berücksichtigt. Hinzu kommt eine teilweise extreme Personalfluktuation – in einigen indischen Zentren wechseln jährlich zwischen 40 und 60 Prozent der Belegschaft ihren Arbeitgeber. Um Mitarbeiter stärker zu binden, setzen vier von fünf befragten Führungskräften auf Weiterbildungsangebote und die Eröffnung von Aufstiegschancen.

Derzeit zählen Indien, China, Irland, Malaysia und Singapur zu den Top Five Offshore-Standorten. In den nächsten drei Jahren wollen die befragten Finanzdienstleister neben China und Indien verstärkt Brasilien, die Philippinen und Polen ins Visier nehmen.

Neben der Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter sehen die befragten Finanzdienstleister die größten Risiken in einer sich verschlechternden Qualität der Dienstleistungen und in den kulturellen Unterschieden zwischen Heimat- und Offshore-Markt.

Offshoring betrifft zunehmend komplexe Dienstleistungen

Ungeachtet dieser Probleme wollen die Finanzdienstleister in den kommenden Jahren nicht nur mehr, sondern auch komplexere Dienstleistungen in Niedriglohnländer verlagern. So sollen beispielsweise standardisierte Kundengespräche bis 2008 in 50 Prozent der befragten Unternehmen von Beschäftigten im Ausland geführt werden – derzeit sind es erst 30 Prozent. Einfache Personaldienstleistungen (z.B. Lohnbuchhaltung) lassen heute 18 Prozent der befragten Finanzdienstleister in Niedriglohnländern erledigen, künftig soll dies bei knapp der Hälfte der Unternehmen der Fall sein. Und selbst hochqualifizierte Tätigkeiten wie Finanzanalyse, Research und Modellberechnung werden vom Offshoring-Trend erfasst: Der Anteil der Unternehmen, die wissensbasierte Aufgaben auslagern, wird der Umfrage zufolge von derzeit rund 20 auf über 30 Prozent im Jahr 2008 steigen.

Hohe Hürden für deutsche Unternehmen

Allerdings setzen die Aufsichtsbehörden der Auslagerung von Kernaktivitäten Grenzen. „Für deutsche Finanzdienstleister, die nicht nur reine Servicefunktionen, sondern auch wesentliche Bereiche verlagern wollen, setzt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hohe Hürden“, betont Herbert Sahm, Partner bei PwC im Bereich Financial Services. Erhebliche Bedenken bestehen insbesondere bei Auslagerungen in Länder, in denen keine Beaufsichtigung nach Standards erfolgt, die mit denen innerhalb der EU vergleichbar sind. Kurzfristig seien daher in der deutschen Branche eher geringere Arbeitsplatzverlagerungen zu erwarten als in anderen Ländern.

Die Umfrage „Offshoring in the financial services industry: Risks and rewards“ finden Sie online unter: www.pwc.com/financialservices

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Weitere Informationen:

http://www.pwc.com

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