Vegetarierstudie: Ein bisschen Fleisch schadet nicht, wenn man sonst gesund lebt

Man muss nicht unbedingt Vegetarier sein, um das Alter eines Methusalems zu erreichen. Wer auf das Rauchen verzichtet, Alkohol nur in Maßen genießt, körperlich aktiv bleibt und Übergewicht vermeidet, kann sein Risiko, vorzeitig zu sterben, drastisch reduzieren. Ein mäßiger Fleischkonsum ist bei gesunder Lebensweise offenbar nicht von Nachteil, wie die deutsche Vegetarier-Studie zeigt.


21 Jahre lang, von 1978 bis 1999, haben Epidemiologen des Deutschen Krebsforschungszentrums unter Federführung von Professor Jenny Chang-Claude Vegetarier und gesundheitsbewusste Nichtvegetarier beobachtet. Ziel der Studie war es, die Auswirkungen der vegetarischen Ernährung und des damit verbundenen Lebensstils auf das Sterberisiko zu verstehen. Zu diesem Zweck wurden Sterbefälle bei den Studienteilnehmern regelmäßig erfasst und mit den für die Allgemeinbevölkerung im entsprechenden Alter zu erwartenden Werten verglichen. Die Wissenschaftler haben die insgesamt 1904 Studienteilnehmer in drei verschiedenen Ernährungstypen unterschieden: Veganer (60 Teilnehmer), die weder Fleisch noch andere tierische Lebensmittel wie Eier oder Milch zu sich nahmen, Ovo-Lakto-Vegetarier (1165 Studienteilnehmer), die Fleisch mieden, aber Eier und Milchprodukte aßen, und Nichtvegetarier* (679 Teilnehmer), die angaben, gelegentlich kleine Mengen an Fleisch oder Fisch zu essen.

Bis Ende 1999 waren 535 (28 Prozent) der Studienteilnehmer verstorben. Damit lag die Gesamtmortalität der Probanden deutlich unter der Sterblichkeit der Allgemeinbevölkerung. Bei den Männern war die Sterblichkeit um fast die Hälfte reduziert, bei den Frauen um rund ein Drittel. Verringert war vor allem das Risiko, an Herzkreislauferkrankungen zu sterben. Aber auch das Sterberisiko an Krebs, Atemwegserkrankungen und Magen-Darm-Erkrankungen war unter den Studienteilnehmern deutlich erniedrigt.

Innerhalb der Studienpopulation zeigte sich keine Abhängigkeit des Sterberisikos vom Fleischkonsum. Vegetarier hatten jedoch ein tendenziell geringeres Risiko als Nicht-Vegetarier, an einer koronaren Herzerkrankung zu sterben. Dieser Befund erreichte zwar keine statistische Signifikanz, lässt sich aber durchaus mit der Fleischabstinenz erklären und steht in Einklang mit der Hypothese, dass tierische Fette und cholesterinreiche Kost die koronare Herzkrankheit begünstigen, kommentiert Chang-Claude.

Trotz der geringen Zahl an Rauchern unter den Probanden erwies sich auch in dieser Studie das Rauchen als stärkste Einflussgröße der Mortalität. Regelmäßiger Konsum von Alkohol steigerte vor allem das Risiko an Krebserkrankungen zu sterben, während starkes Übergewicht eher die herzkreislaufbedingte Mortalität in die Höhe trieb. Schützend vor nahezu allen Todesursachen, von Herzkreislauferkrankungen bis zu Krebs, wirkte sich eine mäßige bis hohe körperliche Aktivität aus.

Ein Unterschied der Mortalität bei Vegetariern und Nicht-Vegetariern ließ sich nicht nachweisen. „Beide Gruppen unterschieden sich jedoch aufgrund ihres insgesamt sehr gesundheitsbewussten Lebensstils deutlich von der Allgemeinbevölkerung“, betont Chang-Claude. Als Rezept für ein langes Leben empfiehlt die Epidemiologin sowohl Vegetariern als auch Nicht-Vegetariern: Verzicht auf das Rauchen, regelmäßige Bewegung, eine Ernährung reich an Obst und Gemüse, nur moderaten Alkoholgenuss und Vermeidung von Übergewicht.

* in früheren Publikationen auch als „moderate Vegetarier“ bezeichnet

Quelle: Jenny Chang-Claude, Silke Hermann, Ursula Eilber, and Karen Steindorf: Lifestyle Determinants and Mortality in German Vegetarians and Health-Conscious Persons: Results of a 21-Year Follow-up. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev, April 2005; 14(4), 963-968.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum hat die Aufgabe, die Mechanismen der Krebsentstehung systematisch zu untersuchen und Krebsrisikofaktoren zu erfassen. Die Ergebnisse dieser Grundlagenforschung sollen zu neuen Ansätzen in Vorbeugung, Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen führen. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V.

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Dr. Julia Rautenstrauch idw

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