Die alternde Gesellschaft braucht Haushaltshilfen und Pflegekräfte – IAT-Studie

Mit professionellen und hochwertigen Angeboten contra Schwarzarbeit

In mehr als 45 Prozent aller Haushalte in Deutschland leben Menschen über 55 Jahre. Mit zunehmendem Alter – und oft dem Wunsch, möglichst noch lange in den eigenen vier Wänden zu wohnen – wächst der Bedarf an Hilfe im Haushalt und bei der Pflege. Allein aufgrund des Bedarfs der 50- bis 79-Jährigen könnten im Bereich der haushalts- und personenbezogenen Dienstleistungen rein rechnerisch rund 650 000 Arbeitsplätze entstehen. Allerdings haben es professionelle Dienstleister nach wie vor schwer, sich zu „Marktpreisen“ durchzusetzen: Die Zahlungsbereitschaft der potenziellen Kundschaft ist gering, viele Ältere scheuen es, sich im Haushalt helfen zu lassen oder ziehen es vor, von Angehörigen versorgt zu werden, statt Pflegedienste in Anspruch zu nehmen oder in einem Pflegeheim versorgt zu werden.

Die Betreuung pflege- und hilfsbedürftiger Personen wird bislang überwiegend von näheren Angehörigen geleistet: Von den 1,4 Millionen Pflegebedürftigen in Privathaushalten, die Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten, werden nur 435 000 auch oder ausschließlich von ambulanten Pflegediensten versorgt. Das Ausmaß von Schwarzarbeit in diesem Bereich ist kaum zu beziffern: es kann sich um die einheimische Nachbarin handeln, die gelegentlich „hilft“, aber auch um illegale ausländische Hilfskräfte, die offenbar vor allem gefragt sind, wenn Bedarf an einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung besteht Nach aktuellen Schätzungen liegt die Zahl illegaler polnischer Pflegekräfte in deutschen Pflegehaushalten derzeit bei 50 000 bis 60 000 Personen. Die Kosten für solche Kräfte liegen mit 500 bis 800 Euro pro Monat (plus Kost und Logis) weitaus niedriger als entsprechende legale Angebote, für die mindestens 3 000 bis 5 000 Euro aufgewendet werden müssen.

„Aber es sind keineswegs alleine die Kosten, die eine breitere Inanspruchnahme professioneller Dienstleistungen verhindern“, betont Dr. Claudia Weinkopf, Forschungsdirektorin am Institut Arbeit und Technik (IAT / Gelsenkirchen), die für den 5. Altenbericht der Bundesregierung eine Expertise zum Thema erstellt hat. „Vielmehr sind entsprechende Dienste oft gar nicht bekannt oder es mangelt sogar an geeigneten Anbietern und attraktiven Angeboten.“

Dabei verspricht die wachsende Zahl älterer Menschen grundsätzlich gute Chancen für Anbieter entsprechender Dienstleistungen. Der Markterfolg stellt sich jedoch nicht von alleine ein. Ältere Menschen sind keine homogene Gruppe, sondern haben je nach Lebenssituation, Gesundheitszustand und Lebensstil ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Erfolg versprechend erscheinen vor allem qualitativ hochwertige „Dienstleistungspakete“ aus einer Hand, die auf den jeweils individuellen Unterstützungsbedarf zugeschnitten sind. Das Spektrum kann etwa von der Hilfe im Haushalt, beim Einkauf, Begleitung bei Behördengängen, Pflege bis hin zu Freizeitangeboten reichen. Auch wenn z.B. bauliche Veränderungen in der Wohnung notwendig sind, um weiter selbständig leben zu können, sind Angebote aus einer Hand gefragt. Viele Senioren vergeben Arbeiten ungern an „anonyme“ Anbieter, weil ihnen Vertrauen besonders wichtig ist, und wünschen feste Ansprechpartner und Bezugspersonen.

Das Interesse vieler Kunden an Qualität und Verlässlichkeit von Dienstleistungen bietet professionellen Anbietern grundsätzlich gute Chancen, sich vom Schwarzmarkt abzugrenzen. Können sie selbst nicht das gesamte Spektrum der Bedürfnisse abdecken, so bieten sich Kooperationen mit anderen spezialisierten Dienstleistern an. „Es gibt bereits einige positive Beispiele hierfür in der Praxis, aber in der Breite ist das Angebot noch lückenhaft“, stellt Weinkopf fest. „Hier werden Chancen für die Entstehung neuer qualifizierter Arbeitsplätze verschenkt. Dies ist umso bedauerlicher, als hiervon auch ältere Beschäftigte, die auf dem Arbeitsmarkt besonders schlechte Karten haben, profitieren könnten. Denn diese bringen nach Erfahrungen verschiedener Dienstleister in diesem Feld oft gerade diejenigen Fähigkeiten und Kompetenzen mit, auf die Senioren besonderen Wert legen.“

Die Politik sollte die Entwicklung innovativer Dienste für Senioren modellhaft unterstützen, indem sie – insbesondere auf der problemnahen kommunalen Ebene – ein Forum bietet, in dessen Rahmen Ideen entwickelt und Kooperationen angestoßen werden können. Letztlich bleibt es aber Sache der Unternehmen, den Markt für professionelle Dienstleistungen für Senioren besser zu erschließen.
Weinkopf, Claudia, 2005: Haushaltsnahe Dienstleistungen für Ältere: Expertise für den 5. Altenbericht der Bundesregierung „Potentiale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft – der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen“, im Auftrag des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA)

Für weitere Fragen steht Ihnen zur Verfügung:
Dr. Claudia Weinkopf
Durchwahl: 0209/1707-142

Pressereferentin
Claudia Braczko
Munscheidstraße 14
45886 Gelsenkirchen
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