Ost-West-Kluft in Deutschland viel größer als in Europa

Ost-West-Kluft in Deutschland viel größer als in Europa –

Internationale Studie untersucht Einstellungen von Deutschen und von Europäern

Im religiösen Verhalten ist die Kluft zwischen Ost und West in Deutschland deutlich größer als in Europa. Gehören 40 Prozent mehr von den Menschen in den alten Bundesländern einer Konfession an als in den neuen Ländern, sind es in den westeuropäischen Staaten lediglich sieben Prozent mehr als in den osteuropäischen. Zu diesen Ergebnissen kommt der Kölner Sozialwissenschaftler Professor Dr. Heiner Meulemann im Rahmen des internationalen Forchungsprojekts European Social Survey.

Ostdeutsche sind generell viel seltener Mitglied einer Kirche als Osteuropäer. Auch nach der eigenen, selbst zugeschriebenen Religiosität ist Deutschland gespalten: im Westen schätzen sich deutlich mehr Menschen als gläubig ein als im Osten. Dieser Unterschied ist deultich größer als der Unterschied zwischen den Nationen im Osten und Westen Europas. Befragt nach der Einschätzung ihrer eigenen Religiosität, bezeichnen sich die Menschen aus den neuen Bundesländern im europäischen Vergleich am seltensten als gläubig.

Ursachen für die geringe Religiosität der Ostdeutschen liegen wohl in der Eigenheit der neuen deutschen Geschichte. In der DDR wie in den Ländern des ehemaligen sowjetischen Einflussbereichs wurden Kirche und Glaube unterdrückt. In Deutschland gab jedoch die Einheit von Nation, Sprache und Kultur den religiösen Menschen die Option der Abwanderung in den Westen. So verlor die DDR in den 50er Jahren eine hochausgebildete, selbständig denkende Elite an die Bundesrepublik, erklärt der Kölner Sozialwissenschaftler. In allen Ländern habe der Staatsozialismus die Bevölkerung in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt. In Deutschland aber habe er zusätzlich noch die Bevölkerung in ihrer Zusammensetzung verändert.

Am Sonderfall Ostdeutschland zeigt sich: Religion muss nicht Kitt einer Gesellschaft sein, sagt Professor Meulemann. Die Einstellungen von Ost- und Westdeutschen zum Glauben unterscheiden sich sehr – und dennoch bilden sie eine einheitliche Gesellschaft. Die religiöse und kirchliche Homogenität gehört folglich nicht zu den Grundvoraussetzungen, die den Zusammenhalt einer modernen Nation sichern.

Die Einstellungen zur Gesellschaft und Demokratie von Bürgern aus über 20 europäischen Ländern sind Schwerpunkt der internationalen Studie European Social Survey. Sozialwissenschaftler der Universität zu Köln gemeinsam mit Kollegen aus Mainz, Mannheim und Stutgart bilden das deutsche Forscherteam. Gefördert wird die nationale Teilnahme an diesem größten europäischen sozialwissenschaftlichen Umfrageprojekt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Die repräsentativen Befragungen, die seit 2002/2003 stattfinden, sollen künftig in Zweijahresabständen durchgeführt werden. Langfristiges Ziel ist es, Überzeugungen, Denkweisen und Verhaltensmuster der Europäer zu erfassen und zu erklären.

Verantwortlich: Maria Wasinski

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