Besteuerung von Expatriates: Deutschland in Europa im Mittelfeld

PwC/ZEW-Studie vergleicht mit neuem Simulationsmodell international die Kosten des Auslandseinsatzes von Mitarbeitern
Im internationalen Wettstreit zwischen den Staaten um die Ansiedlung von Unternehmen standen bis vor nicht allzu langer Zeit attraktive Unternehmenssteuern im Vordergrund: Nicht die Mitarbeiter waren mobil, sondern internationale Konzerne. In dem Maße, in dem die Mobilität der Arbeitskräfte zunimmt, rückt auch die individuelle Besteuerung von Personen zunehmend in den Blickpunkt. Denn es wird immer deutlicher, dass internationale Unternehmen neue Standorte auch nach der Höhe der Steuerlast für besonders qualifizierte Mitarbeiter auswählen. Gerade bei Auslandseinsätzen von Expatriates trägt das entsendende Unternehmen die Bruttolohnkosten inklusive der persönlichen Einkommensteuer und ähnlicher Belastungen. Der Vergleich der für Expatriates gültigen Steuerbelastungen wird deshalb für die Politik, aber auch für multinationale Konzerne immer wichtiger.

Die Studie International Taxation of Expatriates, die Pricewaterhouse Coopers (PwC) und das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) nun vorgelegt haben, widmet sich auf 100 Seiten vornehmlich der Frage, wie attraktiv Deutschland im Vergleich mit europäischen, amerikanischen und asiatischen Staaten für Expatriates ist. Bei der Beantwortung dieser Frage setzten die Verfasser der Studie auf ein vom ZEW entwickeltes Simulationsmodell, den Human Resource Tax Analyzer, das sämtliche relevanten Steuern und Sozialabgaben der betreffenden Länder berücksichtigt.

Untersucht wurden auf dieser Basis die Steuerkosten, die bei der Entsendung deutscher Mitarbeiter ins Ausland (Outbound-Einsätze) und bei der Entsendung von Mitarbeitern aus dem Ausland nach Deutschland sowie in 17 weitere europäische Länder (Inbound-Einsätze) entstehen. PwC hat über seine lokalen Niederlassungen die notwendigen Informationen über steuerrechtliche Aspekte und die Sozialversicherungssysteme in Deutschland, Belgien, China, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Polen, Russland, Schweden, der Schweiz (Kanton Zürich), der Slowakei, in Slowenien, der Tschechischen Republik, in Ungarn und den USA (Bundesstaat Kalifornien) beigesteuert.

Amerikanische Manager in Europa: Deutschland im Ländervergleich nur im Mittelfeld

Mit Hilfe des Human Resource Tax Analyzers wurde in der Studie vor allem die Stellung Deutschlands als Arbeitsort eines Expatriates im Ländervergleich beurteilt. Die PwC/ZEW-Studie gelangt beim Blick auf die 18 europäischen Länder zu einer durchschnittlichen Beurteilung für das deutsche Steuerniveau.

Vergleicht etwa ein US-Unternehmen die Belastung bei Entsendungen von Mitarbeitern in die 18 europäischen Länder, so landet Deutschland bei einem ledigen Arbeitnehmer auf Rang 14. Bei einem verheirateten Arbeitnehmer kommt Deutschland auf Grund des günstigen deutschen Splittingtarifs für Ehepaare immerhin auf Rang 9 und landet somit im Mittelfeld des Ländervergleichs. Deutschland hat dabei von den Einkommensteuersenkungen zu Beginn des Jahres 2005 profitiert: Ein Jahr zuvor lag Deutschland noch auf Rang 16 beziehungsweise Platz 10.

Im internationalen Vergleich ist Deutschland insbesondere für Unternehmen ein Hochsteuerland. Im Hinblick auf die einkommensteuerliche Situation bei Expatriates schneidet Deutschland hingegen besser ab. Gleichwohl zeigen die Ergebnisse der Studie, dass Deutschland auch bei der Besteuerung hochqualifizierter und mobiler Arbeitnehmer allenfalls eine Position im Mittelfeld einnimmt. Zur Schaffung attraktiver Standortbedingungen muss deshalb nach Ansicht von Professor Dieter Endres, Vorstand bei PwC und Leiter des Geschäftsbereichs Tax, neben den Unternehmenssteuern auch die einkommensteuerliche Spitzenbelastung stärker ins Visier genommen werden. „Da der Vergütung von Expatriates typischerweise Nettolohnvereinbarungen zu Grunde liegen, ist die Steuerbelastung von den Unternehmen zu tragen und darf deshalb bei der Standortdiskussion nicht vernachlässigt werden“, fordert Professor Endres ein Umdenken in der deutschen Wirtschafts- und Steuerpolitik.

Deutsche Manager im Ausland: Russland besonders günstig, Slowenien besonders teuer

Ebenfalls in der Studie untersucht wurde die Kostenbelastung von deutschen Unternehmen, die Mitarbeiter ins Ausland senden. Der Einsatz eines (ledigen) deutschen Expatriates ist beispielsweise in Russland für das entsendende deutsche Unternehmen um 6,7 Prozent (Vergleichsgröße: Kosten für Einsatz in Deutschland = 0 Prozent) günstiger als in Deutschland, in der Schweiz um 5 Prozent und in der Slowakei noch um 2,3 Prozent. Dabei sind spezielle Entsendekosten wie für Heimatreisen und Wohnung im Ausland bereits eingerechnet. „Die Entsendung eines Mitarbeiters ins Ausland ist unter Umständen billiger als die Beschäftigung des betreffenden Mitarbeiters in Deutschland“, erläutert Professor Endres.

Teurer als in Deutschland sind dagegen insbesondere Outbound-Einsätze in Belgien und Slowenien, die das entsendende Unternehmen um 31,8 Prozent beziehungsweise 46,3 Prozent teurer kommen. Im Durchschnitt liegen die Steuerkosten für den Auslandseinsatz deutscher Mitarbeiter um 13,8 Prozent über den Steuerkosten bei einer Beschäftigung in Deutschland. Im Vergleich zur Anstellung eines lokalen Mitarbeiters in den 19 untersuchten Gastländern sind Entsendungen deutscher Mitarbeiter durchschnittlich sogar um 28,9 Prozent teurer. Insgesamt ist die Steuerplanung für Expatriates ein komplexer und schwer überschaubarer Bereich, da die Steuer- und Sozialversicherungssysteme mehrerer Staaten kombiniert werden müssen. Dabei kann es auch zu Doppelbesteuerungen kommen. „Insbesondere im Bereich der betrieblichen Altersversorgung treten mitunter gravierende Probleme auf, die zudem EU-rechtlich bedenklich und nicht länger hinnehmbar sind“, betont Professor Christoph Spengel vom ZEW. Erforderlich wäre deshalb eine EU-weite Koordination der nationalen Regelungen.

International Taxation of Expatriates setzt auf drei Schwerpunkte

PwC und ZEW sammelten für die Studie einerseits Informationen über die Steuerbelastung in den 20 Staaten und untersuchten auf dieser Basis die Kosten für den grenzüberschreitenden Arbeitseinsatz. Zweiter Schwerpunkt der Studie ist eine Schätzung, wie sich die unterschiedlichen Zählgrößen auf die Kosten eines Auslandsaufenthalts auswirken. Von besonderem Interesse sind hier die Einflüsse der unterschiedlichen Steuer- und Sozialversicherungssysteme, die Steuersätze, die Steuerbemessungsgrundlage sowie die von der Sozialversicherung induzierten Lohnnebenkosten auf diese Kennzahl. Speziell berücksichtigt wurden dabei die steuerrechtlichen Regelungen für internationale Expatriates in einigen der untersuchten Staaten, zum Beispiel in Finnland, den Niederlanden und Schweden. Der dritte Schwerpunkt ist ein Ranking der einzelnen Staaten nach den Gesamtkosten für einen Auslandsaufenthalt.

Familiensituation beeinflusst Kostensituation deutlich

Im internationalen Vergleich der Besteuerung von Expatriates hat sich die persönliche Einkommensteuer auf das Arbeitseinkommen als wichtigste Steuerstellgröße herausgestellt. Lohnsteuer und andere vom Arbeitgeber getragene ähnliche Belastungen sind in Österreich, Belgien, Frankreich und Slowenien von geringerer Bedeutung. Für die Studie wurde ein verfügbares Einkommen von 75.000 Euro zu Grunde gelegt. Für verheiratete wie auch für ledige Expatriates sind – ausgehend von dieser Annahme – Auslandseinsätze in Frankreich, Russland, der Slowakei und der Schweiz besonders interessant, während ein Einsatz in Slowenien die höchsten Belastungen verursacht. Für verheiratete Expatriates mit zwei Kindern schwanken die Kosten für einen Auslandseinsatz laut Studie zwischen 165.148 Euro und 280.445 Euro, der Durchschnitt liegt bei 209.320 Euro. Für unverheiratete Expatriates variieren die Kosten für den Einsatz im Ausland zwischen 137.183 Euro und 215.247 Euro, der Durchschnitt aller 19 Staaten erreicht in dieser Gruppe 167.330 Euro.

Neben dem Vergleich der Besteuerung von Arbeitseinkünften in 20 Ländern enthält die neue PwC/ZEW-Studie auch Informationen über Sozialversicherungs- und Einkommensteuersysteme sowie Erläuterungen zu der jeweiligen Besteuerung von PKW-Überlassung, Aktienoptionsplänen, Altersversorgungsbeiträgen und anderen Sachzuwendungen. Dabei werden auch die wichtigsten Einflussfaktoren aufgezeigt, die für die Höhe der Besteuerung der Arbeitseinkünfte bedeutsam sind.

Verfügbare Tabellen finden Sie unter: www.pwc.com/de/ger/about/press-rm/entsendungskosten_auslandsei nsatz.pdf

Tabelle 1: Kosten bei der Entsendung US-amerikanischer Mitarbeiter nach Europa

Tabelle 2: Entsendungskosten beim Auslandseinsatz deutscher Mitarbeiter

Eine Zusammenfassung der Studie können Sie im Internet unter www.pwc.com/de/ger/about/press-rm/Executive_Summary.pdf herunterladen.

Journalisten können die Studie International Taxation of Expatriates bei Daniela Mongiat, Olof-Palme-Straße 35, 60439 Frankfurt (Telefon: 069 / 9585 – 1045, E-Mail: daniela.mongiat@de.pwc.com) anfordern.

PricewaterhouseCoopers (PwC) ist in Deutschland mit rund 8.200 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von rund einer Milliarde Euro eine der führenden Prüfungs- und Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für nationale und internationale Mandanten jeder Größe in den Bereichen Assurance (Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Dienstleistungen), Tax (Steuerberatung) und Advisory (Transaktions-, Prozess- und Krisenberatung). Durch eine hohe Branchenkompetenz und starke regionale Präsenz deckt PwC die Bedürfnisse der Mandanten aus Industrie, Dienstleistung und öffentlicher Hand optimal ab.

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Weitere Informationen:

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