Forscher der Universität Hannover: Männer erleben Weiblichkeit als Bedrohung

Sexuelle Belästigungen, Vergewaltigungen, Sexualmorde: Sexuelle Gewalt ist ganz überwiegend männlich. Den Gründen für dieses Phänomen versucht Privatdozent Dr. Rolf Pohl vom Institut für Soziologie und Sozialpsychologie der Universität Hannover in seinem Ende 2004 im hannoverschen Offizin-Verlag herausgekommenen Buch „Feindbild Frau. Männliche Sexualität, Gewalt und die Abwehr des Weiblichen“ auf die Spur zu kommen.

Gängige Erklärungsmuster, die sexuelle Gewalt gegen Frauen ausschließlich als Demonstration männlicher Macht interpretieren, greifen laut Pohl zu kurz, da sie die männliche Sexualität nicht berücksichtigen. Er kommt bei seinen Forschungen zu dem Ergebnis, das Weiblichkeit von Männern unbewusst als Bedrohung erlebt wird. Die Spannung des Verhältnisses begründet sich in männlich hegemonialen Kulturen auf dem Selbstbild der Männer. Teil ihrer Identitätsbildung ist immer die Abgrenzung zum so genannten schwachen Geschlecht. Aus dieser kulturellen Prägung heraus sehen sie sich als stark, autonom und überlegen. Doch gleichzeitig ist die Frau die Quelle ihrer sexuellen Lust und Befriedigung und gerade weil sie das ist, stellt sie die Stärke, Autonomie und Überlegenheit in Frage und wird so zum Objekt von Unlust, Angst und Abwehr. „Es ist das eigene sexuelle Begehren, das dem Mann die Kontrolle nimmt und für das die Frau verantwortlich gemacht und deshalb bestraft wird“, erläutert Pohl die immer wiederkehrenden Verhaltensmuster.

Wie entsteht eine Männlichkeit, die Frauen unbewusst als feindlich wahrnimmt? Die Entwicklung einer männlichen Identität ist unausweichlich, nicht aber die Überlagerung dieses Prozesses durch Überlegenheitsansprüche und Feindseligkeiten, wie sie unter dem Druck einer hierarchischen Geschlechterordnung entstehen. Pohl hat männliche Initiationsriten und vergleichbare Erscheinungen als entscheidenden Faktor für die kulturelle Erzeugung eines hegemonialen Männlichkeitsbildes ausgemacht. Durch Männlichkeitsbeweise von Einzelnen und in Gruppen wird der Überlegenheitsmythos genährt und Basis für Gewalt gegen Frauen gelegt.

Pohl wendet sein Modell von Männlichkeit beispielhaft auf drei Phänomene an, für die immer wieder – oft vergeblich – Erklärungen gesucht wurden: Massenvergewaltigungen nach Kriegshandlungen, männliche Sexualstraftaten und jugendliche Fremdenfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft.

Interesse an dem Thema zeigten schon vor der Veröffentlichung des Buches verschiedenste gesellschaftliche Gruppen. Neben psychoanalytischen Ausbildungsinstituten und Bewährungshelfern auch die Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. „Die Armee-Führungen wissen, wie schwierig die Integration von Frauen in die Armee ist. Mit reinem Gender Training, in dem Umgangsformen geübt werden, ist es nicht getan. Man muss das Verhältnis zur Weiblichkeit thematisieren, sonst kommt man an die männlichen Angstpotenziale nicht heran“, erklärt Pohl die Zusammenhänge und weist auf eine repräsentative Studie hin, nach der 88 Prozent der deutschen Männer unbewusst Angst vor Frauen und 84 Prozent Angst vor Potenzversagen haben

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Dr. Rolf Pohl Universität Hannover

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