Automobilmarkt China 2010: Marke, Vertrieb und Service entscheiden den automobilen Wettbewerb in China

Überkapazitäten und sinkende Preise trotz guten Wachstums – Niedrigpreissegment überschätzt, Boom in der Mittelklasse – Größter Zuwachs bei Privatkunden und in mittelgroßen Städten – Kundenbindung und Markentreue sind sehr niedrig – Einmalige Marktsituation erfordert innovative Markenstrategien – Große Anstrengungen beim Ausbau der Händlernetze nötig – Profitables After-Sales-Geschäft ist Schlüssel zum Erfolg

Markenmanagement und Kundenbindung, nicht Produktionsstrategien, werden den Kampf um den chinesischen Automarkt entscheiden. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie „Automobilmarkt China 2010“ von Mercer Management Consulting. Danach werden nur Hersteller mit starken und differenzierten Marken die anstehende Konsolidierung der Branche überleben – schließlich wird der Wettbewerb auch in China in den Köpfen der Verbraucher entschieden. Im Mittelpunkt der China-Strategien der Automobilhersteller sollte deshalb der Aufbau prägnanter Automarken stehen. Die Basis dafür bildet eine pointierte Modellpolitik, ergänzt durch eine Verbesserung und Erweiterung der Vertriebs- und Servicenetze. Sie stützen den Markenauftritt vor Ort und lösen das Markenversprechen am „Point of Sale“ ein – durch die Inszenierung des Händlerauftritts und die Sicherung der Service-Qualität. Kundenzufriedenheit, Kundenbindung und Markentreue werden auch in China zur Messlatte für den Markterfolg.

Der chinesische Markt ist einmalig auf der Welt, und das nicht nur in seinem Wachstum. Mehr als 50 Marken kämpfen um die Gunst der Käufer: Einheimische, japanische, koreanische, amerikanische und europäische Automobilkonzerne haben in den letzten Jahren erhebliche Überkapazitäten aufgebaut. Fast sechs Millionen Autos könnten pro Jahr produziert werden, aber verkauft werden 2004 voraussichtlich 2,3 Millionen. Erst 2009 wird das chinesische Marktwachstum die Sechs-Millionen-Marke erreicht oder bereits überschritten haben. Dann allerdings werden die Hersteller ihre Kapazitäten voraussichtlich auf knapp acht Millionen Autos erweitert haben. Import-Autos sind dabei noch gar nicht eingerechnet. Im letzten Jahr fielen die Preise um neun Prozent, trotz des enormen Absatzwachstums von 50 Prozent – und die unverkauften Bestände wuchsen um 200.000 Autos.

Aufgrund politischer Maßnahmen zur Abkühlung des Markts und einer Zurückhaltung der Käufer, die vom starken Preisverfall verunsichert sind, wird das Wachstum in diesem Jahr voraussichtlich „nur“ 15 Prozent betragen – weniger als von den Herstellern erwartet. Mit der umfangreichen Studie „Automobilmarkt China 2010“ zeichnet Mercer ein realistisches Bild der weiteren Entwicklung des chinesischen Automobilmarkts. Experteninterviews, eine Verbraucherumfrage und Sekundärrecherchen lieferten die notwendigen Daten für umfangreiche Branchenszenarien. „Unsere Studie räumt mit einigen Mythen über den chinesischen Automarkt auf, die sich seit Jahren hartnäckig halten“, sagt der verantwortliche Mercer-Partner Dr. August Joas. „Dazu gehören nicht nur die potenziellen 1,3 Milliarden Autokunden in China, sondern auch der Glaube, die chinesischen Autokäufer suchten vor allem nach einem billigem Transportmittel.“

Die Mittelklasse ist der Wachstumsmarkt Nummer 1

Die Mercer-Studie zeigt, dass vor allem der Bedarf an Niedrigpreis-Automobilen dramatisch überschätzt wurde. Mit durchschnittlich 14 Prozent wird dieses Segment zwar in den nächsten Jahren kräftig wachsen, aber die heute bereits aufgebaute Kapazität von knapp 3,5 Millionen Autos wird auch im Jahr 2010 noch weit über dem Bedarf liegen. Diese Fehleinschätzung trifft vor allem heimische Billigmarken: Die drei führenden lokalen Hersteller Changan, Changhe und Hafei sind preislich sehr tief positioniert und werden zudem Schwierigkeiten haben, die kommenden Umweltauflagen der Regierung zu erfüllen. Andere, wie Juanhuai, Red Flag oder Zonghua, verfügen über zu wenig Produktionsvolumen, um dauerhaft mithalten zu können. Diese Marken werden entweder aufgeben oder Kooperationen eingehen müssen.

Am besten positioniert sind die Mittelklasse-Volumenhersteller. Noch liegt die derzeitige Produktionskapazität in der Mittelklasse mit zwei Millionen Autos um das Doppelte über dem Bedarf. Aber laut Mercer-Prognose wird schon 2009 die dann auf drei Millionen Autos gewachsene Kapazität den Bedarf nicht mehr decken können. Denn die Mittelklasse ist das am stärksten wachsende Marktsegment im chinesischen Automarkt: Von heute 53 Prozent Marktanteil wird es bis 2010 auf 63 Prozent steigen – das ist eine Zuwachsrate von 21 Prozent im Jahr. Allerdings wird nach Ansicht der Mercer-Experten die Mittelklasse auch das Segment mit dem härtesten Wettbewerb. Acht ausländische und vier inländische Hersteller haben derzeit eine gute Ausgangsposition, um in der Mittelklasse vorne mitzumischen: Buick, Citroën, Honda, Hyundai, Mazda, Nissan, Toyota und Volkswagen sowie Chery, Suzuki, Wuling und Xiali. Darüber hinaus werden zahlreiche andere Marken versuchen, ein Stück des Wachstums in der Mittelklasse für sich zu gewinnen.

In der Oberklasse ist der mit 13 Prozent wachsende Markt derzeit weitgehend aufgeteilt. Bei den Premium-Volumenherstellern hat laut Mercer-Studie vor allem Audi bei der lokalen Produktion die Nase vorn. Danach folgen die noch höher positionierten Importautos von BMW und Mercedes-Benz. Lexus und Volvo bleiben bisher deutlich hinter diesen drei „Markenchampions“ zurück.

Produktivitätssteigerung ist eine notwendige Hausaufgabe China ist derzeit weltweit der profitabelste Markt für Automobilhersteller. Dies ist hauptsächlich auf das hohe Preisniveau zurückzuführen. Trotz des aktuellen Preisverfalls liegen die chinesischen Neuwagenpreise noch immer um zehn bis 15 Prozent über dem internationalen Niveau. Aber wegen der aktuellen Marktanteilskämpfe brechen die Preise weiter ein und könnten schon 2005 auf deutsches Niveau fallen.

Das ist eine schlechte Nachricht für die Automobilhersteller, denn in China sind nicht nur die Verkaufspreise hoch. Auch die Produktion ist um zehn bis 20 Prozent teurer als an anderen Automobilstandorten, bei Kleinserien beträgt der Kostenunterschied sogar bis zu 40 Prozent. Verantwortlich für die hohen Produktionskosten sind insbesondere unterkritische Fertigungsstandorte, hohe Kosten für Rohmaterialien und Zukaufteile sowie eine niedrige Arbeitsproduktivität. Zusätzliche Probleme entstehen durch schwer zu steuernde Joint-Ventures, durch Qualitätsmängel an lokal zugelieferten Teilen und Komponenten sowie durch die noch nicht voll vorhandene Infrastruktur an spezialisierten Ausrüstern und Dienstleistern für diese anspruchsvolle Hightech-Branche.

Weitere Probleme der Automobilindustrie in China sind der mangelnde Schutz geistigen Eigentums und häufige Industriespionage. Chinesische Behörden erkennen internationale Patente und Markenrechte nicht an. Ihre Nachahmung gilt nicht als geistiger Diebstahl. Die Folgen sind schwerwiegend: So musste Toyota mit einer Klage gegen den chinesischen Hersteller Geely, der das Toyota-Markenlogo kopierte, eine Niederlage einstecken. Ähnliche Auseinandersetzungen wegen Markenrechtsverletzungen und Produktimitaten führen Honda und GM mit einheimischen Herstellern wie Chery. Auch mehr als die Hälfte des gesamten Ersatzteilmarkts gehört den Nachahmern. Im Teilemarkt gibt es neben den Nachahmern noch eine große Zahl generischer Produzenten. Die Autohersteller kommen allenfalls auf einen Marktanteil von 20 Prozent – eine Tatsache, die das aktuelle Absinken der Neuwagenpreise auf Weltmarktniveau besonders schmerzhaft macht.

„Alle Hersteller arbeiten derzeit mit Hochdruck daran, diese China-spezifischen Probleme in den Griff zu bekommen“, sagt Joas. „Unsere Studie zeigt aber, dass das nur die notwendigen Hausaufgaben sind. Die Marktanteile der Zukunft werden in den Köpfen der Verbraucher gewonnen. Und das bedeutet: Nur die Strahlkraft von präzise positionierten Marken ermöglicht eine ausreichende Markenprägung und damit eine nachhaltige Kundenbindung.“

Noch gibt es wenig Markenbewusstsein

Die Mercer-Studie zeigt, dass ausländische Marken aufgrund ihres Images im Wettbewerb um die Gunst des Käufers die Nase vorn haben, obwohl die Regierung die einheimischen Marken unterstützt. Ausländische Marken dominieren auch klar bei der Kundenzufriedenheit. Aber im rapide gewachsenen und unübersichtlichen Angebot des jungen chinesischen Automarkts sind Markenbewusstsein und Markentreue naturgemäß noch gering: Lediglich 25 Prozent der Kunden kaufen ihr nächstes Auto von der gleichen Marke – im Vergleich zu nahezu 80 Prozent in westlichen Industrieländern. Eine dauerhafte Markenprägung und Markenpositionierung wird erst über die nächsten Jahre entstehen.

„Hier müssen die Hersteller ansetzen“, sagt Mercer-Automobilexperte Joas. „Die Marke ist der einzige Weg, um aus dem direkten Vergleichswettbewerb herauszukommen. Image ist auch in China das wichtigste Kaufargument.“ In der Mercer-Studie gaben immerhin 46 Prozent der Mittelklasse-Käufer an, wieder ein Auto derselben Marke erwerben zu wollen. Bei Premium-Autos waren es 34 Prozent. Im Niedrigpreissegment schlagen sich Image-Schwäche und fehlende Differenzierung besonders deutlich nieder: Nur sieben Prozent der derzeitigen Besitzer gaben an, wieder ein Auto derselben Marke kaufen zu wollen.

Der chinesische Kunde: auf dem Weg zum König

Die Studie „Automobilmarkt China 2010“ zeigt, wie stark sich das Bewusstsein der Verbraucher in China wandelt: 80 Prozent der derzeitigen Autobesitzer geben an, ihr letztes Auto vor allem aus geschäftlichen Gründen angeschafft zu haben. Ihr nächstes Auto kaufen aber 70 Prozent wegen der höheren Lebensqualität und Bequemlichkeit. Die früher so wichtigen geschäftlichen Kaufgründe liegen dort, wo vorher die Bequemlichkeit zu finden war: bei zehn Prozent.

Der Prototyp des chinesischen Autokunden ist jedoch der Erstkäufer – und der Autokauf ist zumeist die größte Investition seines Lebens. Entsprechend hoch ist der Informations- und Beratungsbedarf. Bei über 50 Automarken, von denen viele erst ein oder zwei Jahre auf dem Markt sind, haben die Kunden ein sehr begrenztes Markenbewusstsein. Die Mercer-Studie zeigt, dass die chinesischen Autokäufer vor allem auf den Erhalt ihrer großen Investition Wert legen. Der derzeitige Preisverfall schürt jedoch eine starke Verunsicherung der Käufer hinsichtlich der Wertbeständigkeit beim Autokauf – und führte deshalb zu einer Kaufzurückhaltung statt zu einer Absatzsteigerung.

Sicherheit, Zuverlässigkeit und geringe laufende Kosten stehen ganz oben auf der Wunschliste der Autokäufer und sind den Kunden auch deutlich wichtiger als Listenpreise oder Preisnachlässe. Die Mercer-Studie zeigt, dass chinesische Autokäufer das so genannte „Einstiegsmodell“ gerne überspringen und gleich zur Mittelklasse tendieren. 29 Prozent der derzeitigen Autobesitzer geben an, in Zukunft ein Oberklassefahrzeug kaufen zu wollen, und 55 Prozent tendieren zur Mittelklasse, die damit zum Wachstumssegment Nummer 1 im chinesischen Automobilmarkt wird. „China tickt in vielen Bereichen wie ein reifer Markt“, sagt Mercer-Experte Joas. „Wer sich ein Auto leisten kann, möchte meist von Anfang an mehr als nur ein Transportmittel. Status, Komfort und Sicherheit sind bereits heute wichtige Kundenpräferenzen.“

Marken im Joint-Venture-Dickicht

Die komplexe Struktur der chinesischen Automobilindustrie mit ihren zahlreichen Joint-Ventures erschwert erheblich die Sichtbarkeit von Marken und auch die Durchsetzbarkeit von Markenstrategien. VW arbeitet mit zwei Partnern zusammen: FAW und SAIC. So gibt es auf dem Markt einen FAW-VW und einen SAIC-VW – und nicht zu vergessen: einen Import-VW. Zusätzliche Komplexität entsteht dadurch, dass beide VW-Partner noch eigene Marken besitzen und zudem auch mit anderen ausländischen Autoherstellern Joint-Ventures betreiben – FAW mit Mazda und über eine Tochtergesellschaft auch mit Toyota, und SAIC betreibt zwei Joint-Ventures mit General Motors.

„Entscheidend für das Durchsetzen einer klaren Markenstrategie ist zunächst eine stringente Produktpolitik, die den Markenkern betont“, sagt Automobil-Experte Joas. „Die derzeitige Marken- und Modellvielfalt ist kontraproduktiv: In wenigen Jahren wuchs die Zahl der Marken auf über 50, und die der lokal produzierten Modelle von unter zehn auf über 60. In den nächsten Jahren wird es eine Konsolidierung geben müssen – weniger Verflechtungen und klarer positionierte Marken geben dem Verbraucher mehr Orientierung und Sicherheit.“

Besonders gute Chancen sieht die Mercer-Studie für die Produzenten, die im Mittelklassesegment gut aufgestellt sind, das sowohl prozentual als auch in absoluten Stückzahlen am stärksten wachsen wird. Reine Importe werden aus regulatorischen Gründen signifikant zurückgehen, wovon insbesondere das bisher fast ausschließlich auf Importe angewiesene Premiumsegment betroffen sein wird. Die lokalen chinesischen Anbieter haben vor allem im Niedrigpreissegment Chancen, da sich in den höheren Markensegmenten die internationale Strahlkraft und das Entwicklungs-Know-how der Automobil-Weltmarken durchsetzen können.

Der Autoabsatz findet in den Wachstumsregionen statt

Nur 1,2 Autos pro 100 Einwohner gibt es bisher in China. In den westlichen Industrienationen sind es mehr als 50. Das von allen erwartete Wachstum in der Automobilindustrie entsteht aus dem stark steigenden Pro-Kopf-Einkommen der boomenden chinesischen Volkswirtschaft: Verdienten 2002 gerade einmal 3,7 Prozent der Chinesen genug Geld, um sich ein Auto leisten zu können, werden es im Jahr 2010 bereits 13 Prozent sein. In absoluten Zahlen bedeutet das ein Wachstum von heute 50 Millionen potenziellen Käufern auf mehr als 170 Millionen. Diese Schicht der Aufsteiger wird voraussichtlich für eine Zunahme des Neuwagenabsatzes in China auf sieben Millionen Fahrzeuge im Jahr 2010 sorgen. Damit wäre China der zweitgrößte Automarkt der Welt, halb so groß wie der US-Markt.

Die neuen Kunden werden jedoch nicht überall in China gewonnen, denn nicht überall in China wächst die Wirtschaft so rasant: Vor allem die Küstenregionen mit ihren schon jetzt weit überdurchschnittlichen Einkommen sind für den Autoabsatz interessant. „Die Provinzen Guangzhou, Peking und Shanghai erwirtschaften 63 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts“, sagt der Mercer-Automobilexperte Joas. „In diesen Entwicklungsregionen wird auch in den nächsten Jahren der Großteil des automobilen Wachstums stattfinden, deshalb ist es entscheidend für die Hersteller, hier ein flächendeckendes Vertriebs- und Servicenetz einzurichten.“

Bisher konzentrierte sich der Autobesitz stark in den Metropolen wie Peking, Shanghai und Guangzhou. In Zukunft werden auch in den zahlreichen anderen Großstädten Chinas mehr Autos gekauft werden – und das Wachstum anführen. Die Mercer-Studie rechnet für die nächsten Jahre mit einer Zunahme der Autoverkäufe von durchschnittlich 13 Prozent in den Metropolen, aber von 17 und 25 Prozent in den Großstädten zweiter und dritter Ordnung.

Vertrieb und Service sind unterentwickelt

Äußerst unbefriedigend für die Automobilhersteller ist die derzeitige Situation in Vertrieb und Service: Es gibt zu wenig Händler und Werkstätten, und diese sind zumeist nicht ausreichend qualifiziert. Im Durchschnitt verkaufen die chinesischen Autohändler nur 70 Fahrzeuge pro Jahr, und die Reparaturstandards sind äußerst gering. In dieser Situation ist es kein Wunder, dass mangelnde Beratung und Betreuung durch den Händler und schlechter Werkstattservice die wichtigsten Kritikpunkte chinesischer Autokunden sind. Auch die Länge des Wegs zur Werkstatt ist ein häufiger Grund zur Klage – für etwa 40 Prozent aller Kunden beträgt er mehr als eine halbe Stunde.

Laut Mercer-Studie werden Vertragshändler, meist Großbetriebe mit Ein- oder Mehrmarken-Konzepten, bis 2010 etwa die Hälfte des Werkstattgeschäfts und 70 Prozent des Neuwagengeschäfts an Endkunden an sich ziehen. Daneben wird es, vor allem in ländlichen Gebieten, noch traditionelle Kleinbetriebe geben, die etwa 15 Prozent der Neuwagenverkäufe und 20 Prozent der Reparaturarbeiten abwickeln. Die den Autohäusern fehlenden Werkstattumsätze werden vor allem von Fast-Fit-Ketten gemacht, die bis 2010 etwa ein Viertel des Servicegeschäfts erobern. Besonders aktiv sind hier bereits internationale und insbesondere japanische Ketten, wie Yello Hat und AUTOBACS, aber auch europäische Anbieter wie Bosch, die bereits intensiv an einer Ausweitung ihrer Netze in China arbeiten.

Alle Automarken versuchen derzeit verstärkt, qualifizierte Vertriebs- und Servicepartner zu gewinnen. Wer in den letzten Jahren in die Ausbildung seiner Händler und Mechaniker investierte, musste allerdings oft feststellen, dass sie ihm schnell von anderen Automarken abgeworben wurden. Viele Autohersteller sind bereit, guten Händlern hohe Margen einzuräumen, auch auf Kosten des eigenen Gewinns.

Das Wachstum des derzeit noch unterentwickelten Gebrauchtwagengeschäfts wird in den nächsten Jahren auf 21 Prozent jährlich geschätzt. Es ist derzeit stark reguliert und wird voraussichtlich zunächst von spezialisierten Gebrauchtwagenhändlern dominiert werden. Für die kommende Deregulierung des Gebrauchtfahrzeugmarkts haben Markenhändler und Werkstätten aufgrund ihrer Kundennähe und Markenaffinität beste Chancen, höhere Marktanteile zu erobern. Im Jahr 2010 sollen in China bereits vier Millionen Gebrauchte gehandelt werden.

Konsequenzen für Automobilhersteller

Wettbewerb und Marke: Die Marktmodellierung der Mercer-Studie erwartet ein deutliches Auseinanderdriften der einzelnen Segmente des Automobilmarkts. Im obersten Segment sieht die Studie ein solides Geschäft für Premium-Nischenmarken wie etwa Jaguar oder Porsche. Noch besser wird es den Premium-Volumenmarken wie Audi, BMW und Mercedes gehen. Sie können ein attraktives Wachstum von durchschnittlich 13 Prozent erreichen. Ihre China-Strategie sollte auf kompromisslose Qualität und Image-Kommunikation setzen, wie sie dies erfolgreich auch in den klassischen Industrienationen tun.

Das Mittelklassesegment ist der eigentliche „Sweetspot“ des chinesischen Automarkts. Wegen der vielen Player sind jedoch harte Marktanteilskämpfe zu erwarten. Wer sich durchsetzen wird, ist weitgehend offen. Eine entscheidende Frage für die Zukunft wird sein, ob chinesische Kunden offen für ausländische Marken bleiben, oder sich tendenziell für die nationalen chinesischen Marken und Hersteller entscheiden, wie dies etwa in Korea und Japan der Fall ist.

Um einer solchen Entwicklung vorzubeugen, müssen ausländische Mittelklasse-Hersteller ihre derzeit starke Position weiter ausbauen. Der hohe Anteil an Erstkäufern verleiht der Marketingstrategie und dem Gestalten des „ersten Eindrucks“ eine hohe Bedeutung. Insbesondere komplexe und verwirrende Markenauftritte müssen bereinigt werden, damit Produkte und Markenaussage übereinstimmen. Denn im Gegensatz zu den Premiummarken, die es sich leisten können, ihre Positionierung mit aufwändigen Image-Kampagnen und exklusiven Händlernetzen zu unterstützen, muss sich das Image in den mittleren und unteren Marktsegmenten vor allem durch den Produktauftritt bilden.

Vertrieb und Service: Mitentscheidend für die Durchsetzung von Automarken wird ein funktionierendes und imageförderndes Händler- und Werkstättennetz sein. Bisher war die Händlerpräsenz der meisten Hersteller vor allem auf Großstädte beschränkt. Jetzt müssen die kleineren Städte innerhalb der Wachstumsregionen Chinas erschlossen werden. Aber auch in den Metropolen gibt es weiterhin viel zu tun: Hier etablieren sich große Auto-Malls, die Kunden ein integriertes Mehrmarken-Angebot bieten. Die Hersteller müssen bemüht sein, in allen ihren Vertriebskanälen die kritische Schnittstelle zum Kunden zu kontrollieren und positiv zu gestalten. Markenexklusive Handelsorganisationen bieten sich vor allem für die Premium-Volumenmarken und hochwertige Mittelklassewagen an.

Noch ist im chinesischen After-Sales-Geschäft kein Geld zu verdienen. Der Teilemarkt wird von grauen und illegalen Produzenten dominiert. Der Gebrauchtwagenmarkt ist noch unterentwickelt, und die Autofinanzierung unterliegt einer strikten Regulierung. 2004 wurden allerdings bereits erste Autofinanz-Lizenzen an Anbieter wie Volkswagen und BMW vergeben. Wie in den europäischen und amerikanischen Märkten werden Autofinanzierungen für die weitere Entwicklung des chinesischen Markts von zentraler Bedeutung sein.

Mercer-Experte Joas resümiert: „Die hohe Marktdynamik in China eröffnet große Chancen, aber bereits jetzt gibt es erhebliche Überkapazitäten und einen signifikanten Preisverfall. Neben klaren Gewinnern wird es auch einige Hersteller geben, die in China viel Geld verlieren. Der Aufbau einer effizienten Produktion ist wichtig, aber es werden vor allem Markenprägung und Kundenbindung sein, die in Zukunft den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen.“ Die fünf großen Herausforderungen für die Marktbearbeitung der Automobilhersteller in China

Markenprofil schärfen – der Grundstein für die Zukunft

Derzeit entstehen in China die langfristigen Markenprägungen. Viele Automarken, die in ihren Heimatmärkten stark gedehnt sind, müssen sich auf ihren Kern besinnen, um ein klar differenziertes Profil im chinesischen Markt zu gewinnen.

Modellpolitik überdenken – weniger ist oft mehr

Die Markenbotschaft muss über die Fahrzeugmodelle wirken. Derzeit ist das Fahrzeugangebot in China unübersichtlich und weitgehend undifferenziert. Eine zu breite Marken- und Modellpalette schadet.

Händlerpräsenz ausbauen – mehr Abdeckung, mehr Qualität

Die Händlernetze müssen ausgedehnt und qualitativ verbessert werden, um das Markenversprechen am „Point of Sale“ einzulösen. Die Erfahrungen mit dem Händler und dessen Service sind entscheidende „Moments of Truth“ für die Marke und den Kunden.

Downstream Services entwickeln – Umsatz und Ertragspotenzial sichern

Markendifferenzierung funktioniert zunehmend auch durch Services. Wie auch in den entwickelten Märkten entwickelt sich die profitable Erschließung der After-Sales-Potenziale zu einem zentralen Erfolgsfaktor.

Loyalität entscheidet – Kundenzufriedenheit und Kundenbindung als Königsdisziplin

Nur wer es schafft, Kunden an die Marke zu binden, hat Chancen auf ein nachhaltig profitables Geschäft in China. Kundenzufriedenheit über den gesamten Lebenszyklus und zielgruppenspezifische Maßnahmen zur Kundenbindung sind der Schlüssel zum Erfolg.

Diese China-Mythen haben ausgedient

Die Mercer Studie „Automobilmarkt China 2010“ räumt auf mit verbreiteten Stereotypen über das Wachstum der chinesischen Automobilindustrie.

Mythos Nr. 1: In China gibt es 1,3 Milliarden potenzielle Autokunden

Falsch: Bisher verdienen nur etwa 50 Millionen Chinesen genug Geld, um sich ein Auto leisten zu können. Bis 2010 werden es voraussichtlich mehr als 170 Millionen sein.

Mythos Nr. 2: In China müssen Autos vor allem funktionieren

Falsch: In China ist das Auto ein mindestens ebenso wichtiger Imageträger wie in Deutschland. Deshalb gilt hier wie überall: Erst die Kraft der Marke schafft nachhaltigen Absatz.

Mythos Nr. 3: Die Chinesen wollen einfache Kleinwagen

Falsch: Nicht Transport steht im Zentrum der Autowünsche, sondern Komfort und Sicherheit. Deshalb strebt die überwiegende Mehrheit der Chinesen nach einem Mittelklassewagen. Hintergrund der Studie

Die Mercer-Studie „Automobilmarkt China 2010“ wurde Ende 2004 zusammen mit dem Pekinger Mercer-Büro und einem chinesischen Marktforschungsinstitut durchgeführt. Sie stützt sich auf mehr als 40 Leitfadeninterviews mit Führungskräften in der chinesischen Automobilindustrie sowie auf eine Umfrage bei mehr als 2.200 derzeitigen und potenziellen Autokunden aus sieben ausgewählten Regionen Chinas. Befragt wurden alle Arten von Autokunden: neben Verbrauchern auch Kleinunternehmer, Einkäufer großer Firmen sowie Taxiunternehmen.

In einer parallel durchgeführten Sekundärrecherche wurden zudem zehn Branchendatenbanken, 30 Marktberichte, zahlreiche Branchenstudien und veröffentlichte Meinungen zur zukünftigen Entwicklung des chinesischen Automobilmarkts analysiert und ausgewertet. So entstand eine umfangreiche Sammlung von Marktdaten und Trends, in der Expertenmeinungen ebenso berücksichtigt wurden wie die momentane Kundensicht.

„Automobilmarkt China 2010“ identifiziert Markttrends und modelliert in einer Reihe von Szenarien wahrscheinliche Entwicklungen der Branche. In einem nächsten Schritt erlaubt diese Datenbasis die Entwicklung strategischer Optionen für das China-Engagement von Automobilherstellern und -zulieferern.

Mercer Management Consulting

Mercer Management Consulting ist Teil von Mercer Inc., New York, einer der führenden internationalen Unternehmensberatungen mit 160 Büros in 40 Ländern. Weltweit erwirtschaften 16.000 Mitarbeiter einen Umsatz von 2,7 Milliarden US-Dollar. Die Büros in München, Stuttgart, Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg und Hannover tragen mit 470 Mitarbeitern zu diesem Erfolg bei.

Die Beratungsleistungen von Mercer Management Consulting fokussieren auf Strategien zur Wertsteigerung. Dabei bildet Value Growth – die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes – den Schwerpunkt. Mercer steht dafür, Wachstumspotenziale aufzuzeigen und konsequent zu nutzen, Wachstumsbarrieren zu erkennen und zu überwinden sowie Strategie, Führung, Organisation, Geschäfts- und Managementprozesse gemeinsam mit den Kunden nachhaltig auf Wertwachstum auszurichten.

Unseren Kunden steht mit den Bereichen – Automotive – Communications, Information & Entertainment – Industries – Travel & Transportation – Retail & Value Engineering – Energy & Life Sciences – eine breite Palette von Beratungsdienstleistungen zur Verfügung. Zudem bietet Mercer seinen Kunden ein breites Produktangebot im Bereich Private Equity und M&A an. Der gesamte Bereich Financial Services wird von der weltweit führenden Strategie- und Risikomanagementberatung Mercer Oliver Wyman verantwortet.

Durch die Einbindung in das weltweite Netz der Muttergesellschaft Marsh & McLennan Companies (Umsatz über 11 Milliarden US-Dollar; 60.000 Mitarbeiter) steht den Kunden von Mercer die gesamte Palette professioneller Dienstleistungen für Risiko- und Versicherungsmanagement, Vermögensverwaltung und Unternehmensberatung zur Verfügung. Zusammen mit den Schwesterunternehmen Marsh und Putnam Investments verfügt Mercer somit über ein umfassendes Analyse-, Beratungs- und Produktangebot.

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Pierre Deraëd Mercer Management Consulting

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